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Mannheimer Abendzeitung — 1846

DOI Kapitel:
No. 89 - No. 116 (1. April - 30. April)
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©



In ſeraie die gespaltene Zelle in



; ++ Ein Wort über das neue Verhältniß der badiſchen
| ; Regierung zu den Deutſch-Katholiken.



’ſung dieſer Frage entgegengeſehen, ein Ende gemacht. Wir freuen uns, da-
; t!!! pie schwankenden Verhiltniſſe, in welchen sich ſeither unsere deutſchkatholiſche

Kirche bewegte, beseitigt zu sehen, wenn uns auch die Art und Weise, wie ties
éſchehen, nicht gerade angenehm überraſcht hat. Denn wir glaublen im Hin-
blick auf unsere Virtaſſung und die in der letzien Zeit in anderen deutſchen Bun-
désſtaaten zu Gunſten der Deutsſch-Katholiken geiroffenen Anordnungen eine ganz
andere Eniſchließung unserer Regierung erwarten zu dürfen. Indeß fin-
hen wir einige Beruhigung in der Zuſage, daß die erlaſſenen Beſtimmungen
bloß „vorläufiger Gültigkeit haben, was wir um so m:hr zu glauben ge-
neigt ſind, da die ganze Faſſung d.s Reſcriptes und ker ganze Standpuntt,
wie
nete
welches eine kirchlich wie politiſch verrufene Partci g'gen die neue religiöſe Be-

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niſchließung hindeutet. Es läßt ſich nicht verkennen, daß das Mißteaucn,

wegung zu erregen wußle, noch nicht von unſerer Regierung gewichen iſt und

es ſcheint, daß wir dem Einfluſſe eben jener Partei diejenigen Beſtmmmungen zu

verdanken haben, welche der ferneren Entwicklung der neuen Kirche hemmend in |

din Weg treten können. Die Wegnahme der ſtaatsbürgerlichen Rechte, die Ent-
iehung des Namens : Deutiſch:Kaihouken, die Aueübung einer ausführlichen
und ſirengen Controlle, durch die ſich die Regierung eine U berwachung der ver-




tfglen hat, die ſtille und gecäuſchloſe Feier des Goiteedienſies, die beschränkte
Bewegung, welche den Geiſilichen geſtattet iſt ~ Alles ſcheint zuſammengeiragen
zu sein, um den Beitritt serncrer Mitglieder wo möglich zu vechindern. Viel-
leicht denkt auch unsere Regierung durch strenge Abſchlißung der neuen Kirche
in ihre bisherigen Grenzen und durch eine sorgſame Beaufſichtigung der Mit-
glieder derſelben ſich über die Beſtrebungen dieſer Freunde des religiöſen Fort-
ſrhrittes ein eigentliches, und maßgebendes Urtheil zu bilden. Denn aus dem gegen-
wärtigen Staats-Miniſterial-Reſcripte läßt ſich nicht mit Sicherheit erkennen, welche





§ ztandpunkt wendet ſie nichts ein, ſie erkennt ihn als chriſtlich an und gibt da-
k atio



fÊüllen die Deutsch: Katholiken auf gleiche Weise wie die Angehörigen der römiſch-
tatholiſchen und evangeliſchen Confeflion; ſie ſteben alſo ſür den Staat in Al-
lem moralisch ganz auf der nämlichen Stufe, wie die letzteren und es kommt
ihnen iu sofern als Moment in dem organischen Zuſammenyang tes Staates
dieselbe Geltung zu. Iſt es darum aber nicht eine Ungerechtigke.t, wenn man ſie
in ihren Rechten beſchränken will ? Die in der Vcrfaſſungsurkunde enthaltene Be-
ſtimmung, auf welche man sich beruft, kann doch nicht *) in ſolcher Weiſe maß-
jebend ſein; denn fie iſt unter ganz anreren kirchlichen Vecbäliniſſen eniſtanden,

als die jeg'gen ſind, und kann daher nur so lange Gültigk.1t haben, als die
gJZufſtände, welche ſie vorausſczt, tie nämlichen bieiben. Sobald die Verhält-
niſſe anders werden, müſſen auch die geict ichen Bestimmungen ſich verändein.
O)





Dies iſt eine ganz natürliche Sache. Auf veränderte Berhäuniſſe dieſelben Be-



Flimmungen arwenten, ijt eine Verwechſelung und Verdrehung der Ziiten, ein
Ana rs nisri us d. h. ein Denkfepler gegen die logischen Geſctze der hiſtori-
ſütr Eebrittens. Ä es uns, wie die Entziehung der ſtaatsbürgerlichen Rechte,
s der übrigen von der Regierung „angenon menen Auffajjung der Deutjchkatho-
liken zuſammenſtin men soll. A1s eine kirchliche Gcmeinjſchaft werden fie nicht

anerkannt, als eine Sekte will man fie nicht betrachten, man nennt sie — einen
Verein. Ob die Deutſchkatboliken wirklich nur als ein bloß r V ere in ange-
ſehen werden können und wellen, iſt eine andere Fra,e, die wir hier außer
Acht laſſen müſſen; wir haben uns nur mit dem von der Regierung angegebenen
Standpunkt zu beſchäſtigen. Sie betrachtet dieſelben alſo nur als einen Berein,
ber als ſolcher keine RKörperſ <aftsrechte beſigt, d. h. keine ſelbſſtändige
reie Organisation hat und nur eme precäre, dem Zu'all und den Launen un-
terworfene Criſtenz genießt, die j.den Aug nbluck ih: Ende erreicht haben kann.
Nun fragen wir, wie es ſich vertrögt, durch den Britritt zu eincm bloßen der-
artigen Vereine ſeiner ſtaate bürgerlichen Rechte verluſtig zu werden ? Ein Ver-
î ein iſt doch nur ein äußerliches Zujammentreten meprerer einander sont gleich-
igen Individuen, die eben nur zufälliger Weiſe in ein em Punkte in 1h1em





artigſte auseinander g hen kann. Ein Berein begründet niemals ein- eigen-
thümliche ſtreng für si abgeionderte Sphäre des polinschen und kirchlichen Le-
bens; er iſt nur eine untergeordnete Erscheinung auf dem G biete irgend
eines größeren in ſich abgerundeten Organsmus; die Mitglieder ſch icßen ſich
von der Allzemeinheit, mit welcher derselbe alle die ihm angehörigen Lebensäuſ-
erungen umfaßt, nicht aus; sie wurzeln unmittelbar mit der ihre ganze bürger-
iche Stellung begründenden Thätigkeit in 1pm und haben ſich nur für eine be-
sondere nicht mit derſelben zuſammenbängende LWirk;amkeit eine enzere Grenze
gezogen. Wir kennen Muſikoereine, Turnvereine, Vereine zur Milderung der
Armuth und zu andern socialen und politischen Zweck.n; wir haben auch Miſ-





î fionsvereine, Roſenkranzv.reine, V-reine zum unbc flecken Herzen der Jungfrau

î Maria, Vereine zur Erreichung jeſuinſch abſolutiſter Wahlen u. s. w. Niemand
gibt durch den Beitritt zu einem derarrigen Vereine zugleich auch den Charakter
einer bürgerlichen Stellung an den Verein hin. Es- ſind dies All-s nur beſon-
dete Beziehungen und Beihältniſſe, welche mit der eigentlichen Thätigkeit eines
Angehörigen des unmittelbaren Staatsverbandes gar nichts zu thun haben.

; Die. tteigitte! (O) evangetihe“ Kirche iſt davon der allseitig anerkannte voll-

Abonnement mit vierleltähriger Vorausbe ahlung in Mannheim 1 fl. 15 kr., durch die Poſt bezogen im
Baden 2 ſl. B kr., im Ausland erhöht fich das Abonnement um ren Poſtaufsehlag
Petitschrifi uber veren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelber: frei elnzusenven.

Unlkre Regierung hat nun endlich den Deuiſch-Katholiken ihre bürgerliche |
tellung anzuweisen geſucht und so der Spannung , mit welcher Jederman der

ih: die Regierung genommen hat, auf cine bleß ſür den Augenblick berech- |

ſchiedenen Gemeinden bis in die äußersten Sphären ihres kirchlichen Lebens vor-

Bedeutuug die Regierung den Deuiſch-Katholiken beilegt. Gegen ihren religröſen |
dafi ex mit den sittlichen Principien, auf welchen unsere ſtaatliche Or- |

n beruht, in keinem Wiverſpruce ſtthe. Ihre bürgertichen Pflichten ee. ., Wir gta zr ts s ter Hefirurungen ver Prupesete vit u

Ñ Eten zusammentreffen und deren sonſtige Lebensrichtung auf das Verſchieden- |



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Dieustag, den DIV. April.

ganzen Oroßherzogihum

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No. 114.

EE ELCL ~\~ Ev ~ | § D ~~~~ WB § EC EEE TTS

Sieht die Regierung die Deutsſchkatholiken als eine Gemeinschaft an, welche auf
dem kirchlichen Gebiete ein durchaus neues Prinzip geltend zu machen ſtrebi,
ſo kann ſte dieselben nicht für cinen Verein ausgeben, sondern muß ihnen eine
Stellung anweiſen, welche tem Verhälin:ſ)e jener Gemeinſchafe zu den
Grundprinzipien, auf denen unſere ftaatsrechtlichen Beſtimmunzen beruhen, genau
entſpricht. Betrachtet aber die Regierung unſeie Deutſchkatholiken bloß als ei-
nen Verein, so muß ſie dieselben auch als einen Verein behandeln. Sie müßte
von ihrem Standpunkte aus annehmen, daß die kirchlichen Zwecke, welche dieser
Verein verfolgt, keine ſelbſtſändige Bedeuiung hätten, sondern nur eine beſon-
dere, auf dem alten kirchlichen Boten ftehende, Erſcheinung wären. Sie dürfle
daher auch die Mitglieder dieſes Vereins nicht aus dicſcr ihrer ursprünglichen
Sphäre herausdrängen, sondern könnte ihnen höchſtens eine zu extreme Richtung
innerhalb des alten Stantpunktes Schuiv g!ben. Eine ſolche rechtfertigt aber
noch nicht die Eniziehung der ſtzratsbürgerlichen Rechte; deun die Consequenz
davon wäre, daß auch die pietiſtiſhen und j:suitischen Ausschweifungen der pro-
tcſtantiſchen und katholiſchen Kirche, als das andere Extrem, dieſelbe Verdam-
mung erleiden müßten. f _.



æ% Hie Deutſch-Katholiken und die Uaſſau
Ev .}, Kammer.. ..
cGForfesungtggnne. . . §
Den weiteren Bemerkuugen des Deputirten Sch ütz entgegnete Hergen-
hahn: Der verehrliche Hr. Deputirte beruft ſich auf Klüber. Die Anficht deen.
ſes Publiciſten findet sich aber wörtlich im Ausſchußberichte. Er beruft sich ser-
ner auf eine mir unbekannte Flugschrift von Richter, worin die Anſicht ausge-
ſprochen sei, daß aus der Geschichte der Kongreßverhandlungen unwiderleglich
hervorgehe, daß in dem Art. 16 der Bundesakte nur an die drei damals recie

pirten Konfeſſionen gedacht worden ſei. _ s;
î Es läßt ſich aber doch wohl nicht beftreiten, daß nicht die der Bundesakte
vorausgegangenen, offiziell nicht publizirten Verhandlungen der Ge-

ſandten, sondern nur die zulegt und schließlich von den Staatsregierungen an-
génommene und promulgirte Bundesakte Geſetzeskraft erlangt habe. W
. s: ti gaurs.tn des Friedens ſind entſcheidend, sondern der Frie-
ensſchluß ſelbft.
bindende Kraft.

_ Vir glauben daher hinfich.lich der Beſtimmungen der Bundesakte nicht zu

iſche Deputirten-

Nicht die Proz:ßhandlungen, ſondern das Urtheil erlangt ver-

Ansicht nöthig iſt. Ueberdieß bitte ich nicht zu vergessen, daß wir nur nachzu-
weisen hatten, daß unsere Verfaſſung mit dem Bundesgeseg nicht im Widerſpruen
ſtehe. Nicht blos Gewissensfreiheit, sondern freie Uebung jedes Gd t-
tes dienſtes und volle Staatsbürgerrechte hat aber unsere Verfaſſung allen
chriſtlichen Religionsbekenntniſsſen ohne Unterschied zugeſichen. 1 18f
. Auf eine Defiaition des Begriffs von Sckten iſt es daher unnöthig, näher
einzugehen. Es genügt, daß die Bundesakte die Sekten nicht ausnimmt, ſie alſo
unter dem allgemeinen Begriff der Religionsparteien verſtanden werden müſſen.
Auch iſt es nach dem deutſch.n Sprachgebrauch nicht zweif:lhaft, daß ,d i é
Religionsparteien““ nicht blos tie damaligen, ſontern ſämmtiich. gegenwärtigen
und künftigen umfaßt, so lange nicht ein Gesetz eine Ausnahme ben
gründet. Wenn ich von den Rechten der Land sdeputirten ohne alle Ein-
ſchränkung spreche, so find darunter nicht allein die R chte sämmtlicher gegenwär-
tiger Landesdeputirten. sondern auch rer zukänftigen verſtanden, und als im vo-
rigen J1hre ein Pensions - Geſeg für die Offiziere und Soldaten berathen und
angenommen wurde, waren es nicht bie damaligen Offiziere oder einzelne von
ſüren, von welchen die Rede war, ſontecin ſämmtliche, die gegenwärtigen und
Fünfrigen. s .
fin. Erklärung des Herrn Ermen mußten wir hiſtsriſch so wiedergeben,
wie ſie uns gegeben war. Ueberflüſs g wäre es, über den Namen zu ſtreiton.
welchen ſich die Diſſidenten zu geben für geeignet halten. Evenſo wenig haben
wir hier zu unterſuchen, ob und welche Pflichten und Rechte Herr Ermen der
römiſch - katholischen Kirche gegenüber gegenwäctig noch hat. Der Herr Depu-
tirte wird nicht behaupten wollen , daß die Verſammlung des Herrn Ermen
zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegen die Kirche anzuhalten habez wir
wollen in dieſer Beziehung den kirchlichrn Behörden überlaſſen, zu thun, was
ſie für gut halten. U brigens iſt uns bekannt, daß Herr Er men von der Re-
gierung noch für verpflichtet gehalten wird, ſeine Kirch.nîeuer zu der römiſch-
katyoliſchen Kirchengemeinde zu Hachenburg zu bezahlen. Da es übrigens eine
römisch - katholische , eine gallicanische und cine griechisch - kathol;ſche Kirche gibt,
da es in den Niederlanden Janseniſten gibt, weiche auch noch Katholiken zu sein
behaupten, so läß: ſich nicht gerade einſehen, warum man nicht von einer ka-
tholiſch'n- Kirche überhaupt im Gegensatze zur römisch- kathel:sſchen Kirche ſoll
reden können. Wo mehrere species ſind, muß es, auch ein genus geben.
Was ſodann das höchſte Eoict vom 30. Januar 1830 betrifft , worauf
wir uns zur Begründung unserer Behauptung berufen haben, daß Excommu-
nication für uns keine Norm der Eniſcheidung sein könne, so is es uns für
unſere gegenwärtige Frage gleichgültiig, was die römiſch- katholische Kirche da-
von hält. Das qber glaube ich sazen zu müſſen, daß ein verfaſſungszemäß
erlaſſenes Edict von einem Lan d esd eputirten in diejem Saale nicht als un-
gültig und unwirksam angegriffen werden darf. (
Es liegt mir nicht ob, hier die Ständeverſammlung des Königreichs Sach-
ſen und die ges. gebende Versammlung der sreien Stadt Frankfurt zu vertheidi-
gen. Aber das muß ich zur Wahrung der Ehre deutscher Stände aussprechen,
daß auch j-ne Verſammlung wohl überlegt haben werden, was ſie nach der
Verfassung ihres Landes zu thun und zu laſſen veriſl:chtet ſind. ..
Was Kurheſſen und Hannover betriſft, so haben wir uns auf die Ver faſſ-
ſung dieser Länder bezogen, nicht auf wechſelnde, ihnen vielleicht widerſpre-
chende polizeiliche Erlaſſe. In Hannover ſigt übrigens ein Mitglied der angli-




 
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