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Mannheimer Abendzeitung — 1846

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No. [298] - No. 326 (1. November - 30. November)
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“ Sonntag, den 16. Novembee.






] 124.1 g§6 u Abonnement mit vierteljähriger Vorausbezahlung in Mannheim 1 fl. 15 kr., durch vie Poft bezogen im ganzen Großherzogthum
Je . . ._. HBaden halbjährlich 4 fl. 15 kr., im Ausland erhöht sih das Abonnement um den Poſiauffhaen. ;
_ Inserate die gespaltene Zeile in Petitſchrift over deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einzusenden.

















. . Sthtesvig'ſche Ständeverhandlungen.
Güligh's Propoſiti on a jf Utting des Regiexuungssyſtems.
s § M n eser - Zeitung. : j



begann die treffliche Motivirung jeiner Propoſition au
genwärtigen Regierungsſyſtems mit den Worten König Chriftiqn's
VII. bald nach ſeiner Thronbeſteigung; „Wahrheit verlange ich und wünſche
der Wahrheit dauernde Geltung.« Er gab als Abschnitte seines Vortrages :
1) die Nothwendigkeit einer Aenverung des jetzigen Regierungsſyftems, 2) die
Beschaffenheit des neuen Syſtems auf der Grundlage öffentlicher Moral und
Gerechtigkeit, und 3) die Nothwenvigkeit eines Wechſels in der Perſon der
Rathgeber des Landesherrn, namentlich der Enifernung des Kanzleipräſidenten,
Grafen Carl v. Molike, (den er übrigens, wie er hervorhob, persönlich
uicht angreifen wole)o. . . . . . leKg4â t I . 2 W v +
. Der Proponent schildert zuvörderſt die gegenwärtige Lage des Landes: er
ſprach: „wir befinden uns in einer ſchwerten Prüſungszeit, wie die vielen A-
dreſſen an die Stände kund thun; unſere theuerſten Intereſſen sind angegriffen,

zwar von einer Seite, wo Schuß und Schirm erwartet werden durfteez)

doch hält das Volk mit ganzer Kraft feſt am Recht und am Erbe ſeiner Vä-
terj die patriotiſhe Gesinnung des ſchleswig-holfteiniſchen Volks hat sich in
jüngster Zeit siegreich bewährt.n Cr gedachte dann der letzten Ereigniſſe aus-
ſührlicher. „Das Fahnenverbot, die Unterſuchung gegen den die Regierungs-
maßregel tadelnden Schrifiſteller, die Eniſezung des Cenſors, (von Föhr aus
sei dies ins Werk geſetzt,) dann die antinationalen Beſtrebungen des Gouverne-
ments gegen die holſteiniſche Ständeversammlung, und wollte anknüpfen: „D as
eben iſt der Fluch der bösen That ?c.,\ fuhr aber, vom Präſidenten auf



bas Unangemessene dieses Ausſpruches im Ständesaal aufmerkſam gemacht, fort:

„Das iſt der Unsegen einer Staatsregierung, die die Bahn des
Rechts verlassen hat, daß ſie durch Häufung der Willkür, durch
Maßregeln der Gewalt die Realiſirung ihrer dem Volke undien-
kichen Zwecke sicher zu ſtellen wähnt.,« Jurrar sei ties vergeblich, weil
die Reaction der öffentlichen Meinung zu stark ſei, wie denit nach einem Worte
des Baters des Canzleipräſidenten „ver verneinende Geiſt oft nur dem bejahen-
den zur Folie dienen müſſe,“ Allein die Gegenwart habe schwer an den Lei-
den zu 1ragen, welche über das Volk gebracht, an den Versuchungen, de-
nen es ausgesett, an dem Kampfe gegen das Verderbniß, womit es be-
droht ſei. Nach Montesquieu würden, wenn das Princip einer Regierung ein-

mal verdorben ſei, auch die beſten Gesetze schlimm, währcnd umgekehrt die ſchlech-

: ten Fit rie Mlikung.der guten hätten, da die Stärke des Prinzips Alles
. [ Nach ! !§°f: .inleitenden Worten zum 1. Theile seiner Motivirung über-
gehend. bemerkt der Proponent: „die Beleuchtung, die Prüfung des jetzigen Res
gierungsſyſtems ftcht hier im Saale noch frei, während sie, nach der Aeußerung
des Regierungscommissärs, im Lande nicht mehr zu den erlaubten Dingen ge-
hört. Preußens großer Friedrich erklärte einst, daß in seinen Stagalen die Un-
jerihanen reven und ſchreiben dürften, was ſie wollten, wenn ſie nur die Ge-
[ze beobachteten. Dagegen überſchreitet unsere Regierung ſelbſt die Geseye,
(ot jede freie Meinungsäußerung zu unterdrücken in Hinsicht auf die politiſchen
Berhäliniſſe des Landes, und will eine dem Rechte, dem Volksgeiſte
widerſirebende Staats ansicht zur ausschließlichen Geltung brin-
gen.- Diese Behauptung über vie Richtung des bestehenden Regierungsſyſtems
wies der Proponent dann in Folgendem näher nach: . Ö
. LU) uit Beziehung auf die Schritte gegen die holſteiniſche S t än-
dev erſj ammlung: ~ Aufhebung des grundgesetzlich zuftehenden P etitio ns-
rechts, – Entlaſſung der delegirien Mitglieder der Ritterschaft. - Das Erſtere
habe der deutſche Bundestag als geſetzwidrig bezeichneiz die Enthebung der Dele-
girten von ihrem Sit als Abgeordneten widerſtreite dem Grundſay, taß kein
Abgeordneter bindende Inflruktionen annehmen dürfe, sondern nach jeiner gewiſſen-
haften Ueberzeugung handeln ſollez die Delegirten ſeien nicht Vertreter des Lan-
desherrn , sondern des Landes, daher müßten sie gegen willkürliche Entlaſſungen
ſicher geſtellt ſeinz die Regierungsmaßregel sei auch nicht daburch motivirt, daß
die Delegirten die Verſammlung verlassen hätten, weil eben die gesetzwidbrigen
Schritle der Regierung dazu die Veranlassung geweſen wären. Es sei demnach
VfehÄ. fbcve. ganze ftändiſche Inftitution durch das Regierungssystem in
eſahr gebracht ſein. | ut .

H) Mit Beziehung auf die g an ze Bevölkerung des Landes und das

derſelben zuſtehenre Asso ciations- und Petitionsre ht Verbot der
Volksverſammlungen, namentlich auch der Rortorffer, ~ Publication der straf-
androhenden Bundesbeſchlüſſe vom 5. Juli 1832, Maßregeln zur Unter-
drückung der Petitionen an die Ständeversammlung. uu !
Neruerdings sci das Gouvernement in ſeinen Maßregeln gegen die Volks-

freiheit weiter gegangen, indem es 14 Jahr lange unberücksichtigte Bundesbeſchlüſſe |
von 1832 gegen politiſche Vereine und außerordentliche Volksverſammlungen

in Holſtein, die ohnehin auf längſt geänderte Verhältnisse ſich bezogen, zur Aus-
führung bringe, wo gerade der deutſche Bund „,„ven patriotischen Beſtrebungen
der deutſchen Nation in der ſchleswig-holſteiniſchen Sache bereitwillig seine An-
exlennung zollt.» Ob dies nicht wie Hohn über bie Verbindung Holſteins mit
dem. deutſchen Bunde und über die Anzeige der holſteiniſchen Stände an den
Bund ausſehe? Und wie könnten solche Anordnungen tranſitoxiſcher und txerp-

tioneller Natur nach ſo langem Zeitzzume im Wiversſpruch mit der landesherr-
zchen Zuſicherung von 1842 (&&, Tie Circulair-Verfügung von 1838 wieder
a. /gehoben wurde) ohne ſtändiſchen Rath erlaſſen werden, da sie doch ein an-
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titionsrech t des Volks an die Stände auf exorbitante Weise durch die Poli-





zeibeamten factiſch geſchmälert worden; das Präſidium habe mehrere Anzeigen

von Beſchwerdeführern an die St. V. mitgetheilt, der Regierungs-Commiſſär

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! aber nicht erklärt, daß ſolihe Uebergriffe vpn. der. fchlesmigrhpiteiuifchen; ' is
î | rung verdientermaßen gemißbilligt seien. Ja die Oberbeamt.n und Polizeibe-
hörden seien gewiſſermaßen darauf hingewiesen, die Besprechung ver öffentlichen

. Schkeswig , 9. Nov. Der Ober- und Uundsetiſettadorkat Pr. Gülich |

s . | . > Or
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ier

Angelegenheit ex olkicio‘ zu b elauſch e n.“ Bekanntlich seien durch Reſscripte
der ſchleswig:holſteiniſchen Regierung vom 16. September d. J. wöchentliche

Aenderung des ge- | Berichte dex Beamten über vie Stimmung der Bevölkerung gefordert worden!

3) In Betreff der Preſſe, ~ Censurver ordnungen, die jede
Discuſſion über die inneren politiſchen Verhältniſſe des Landes verhindern,

Verkot aller Schriften von einer der Staatsregierung mißliebizſen

Tendenz. Der Proponent hoh hervor, daß im Herzogthum Schleswig, w o
rechtlich keine Censur herrſche, alle freiſinnigen Organe der öffentlichen

Meinung niedergehalten würden, die Haderslebener Ly na, das SondersÖ

burger, das Eike rn förd er Wochenblatt (Proben der firengen Cenſur bei dem
letzteren hat Dr. Gülich in der Diät von 1844 der Ständeverſammlung vorge-
legt), wogegen die Blätter d äniſch er Richtung, die Dannevirke und die
Flensburger Zeitung ſich frei bewegen dürften und namentlich ihre fortwähren-
ſtt, Getukghrtite! in die Welt schickten, veren Beantwortung dann die Censur
verhindere..Ö_ G ' : .. . L!
Durch die neue Regierung mit ihren Staatseinheits-Tendenzen sei die Lage
der Preſſe viel trauriger geworden; einheimiſche Blätter dürften nur ſchmeichleri-

ſche Eniſtellungen der Wahrheit bringen, und wenn die Unvollkommenheit dee

Censur einmal ein freies Wort nicht gefangen halte, so werde der Censor dafür be-
ſtraft, dagegen hätten besſoldete Beamte, deren Artikel doch nicht
als officiell bezeichnet würden, ſih ber Preſſe bemächtigt. Hier
bezog ſich ver Redner auf die Borgäqgr mit den bekannten drei Regierungsar-
tikeln zur Vertheidigung des offenen Briefes im Altonaer Merkur, die man in
das Itzehoer Wochenblatt, den Hamb. Correſp. und die Augsb. Allg. Ztg. in-
ſerirt, in ſeparatenm Abdruck vom Goltorffer Amthauſe vertheilt und sogar mit
der Hamb. Neuen Ztg., als wenn die Beilage dazu gehörte, durch das Poſt-
amt verſandt hat. ~ Die Strenge der Cenſur bewies der Proponent durch
die Maßregeln gegen den Alt. Merk., dem außer andern bekannten Beſchrän-

kungen verboten sei, Schleswig-Holſtein (mit Bindezeichen) zu nennen, ja der
nicht einmal den Bundesbesſchluß vom 17. Sept. d. J. habe mittheilen dürfen.
(Ein holſteiniſcher Abgeordneter äußerte daher neulich, es ſcheine, als wenn

man in Frankfurt a. M. nicht mehr zu ſchreiben verſtehe, wie es in Holſtein

cenſurmäßig ſeil] Die Censoren hätten eine ſehr geſchärfte Inſtruction erhalten,

bie freilich geheim gehalten werde, wie Alles was auf dieſemlichtſ< euen

Gebiete vorgehe, die aber deutlich aus den Cenſurzuftänden des Lannes

sich entnehmen laſſe, denn in keinem deutschen Staate finde eine Cen-

ſein Leben dem Gemeinwohle nicht frommen wird le.



sur Statt, wie gegenw ärtig in Schle s wig-H olſtein. Der Propo-

teut holte vann den neueren index librorum prohibitorum hervor, der nur
Schrifien enthält, die der Staatsanſicht des jetzigen Regierungsſyſlems entgegen-
ſtehen. Ja die ſchleswig-holfteiniſche Regierung habe unterm 30. Sept. auch
verboten eine Schrift unter dem Titel „die poliliſche und ſociale Lage des dä-
niſchen Stsatskörpers 1c.r,, welche binnen Kurzem bei dem Buchhändler Wolfgang

Gerhard in Leipzig von F. A. Rüder, früherem großherzogl. oldenburgischen

Kammeraſſeſſor, wer d e herausgegeben werden! „Also das ungeborene Geiſtes-
noch ehe es exiſtitt, daß

Beschränkung der Lehr-

kind wird hier ſchon getödtet, die Regierung weiß,
4) Mit Rüdékfſicht auf die Univerfität

freiheit ~ gedachte der Proponent des bekannten Faciums, daß der Prof.

Wait in Kiel durch Kabinetsordbre angewieſen ift, nicht im Widerſpruch
mit dem offenen Briefe zu lehren, der Betheiligte habe sich der Befolgung ge-
weigert und zum Beweiſe Antheil an der trefflichen Schrift der 9 Profeſſoren ge-
nommen. Von den wveiteren Maßregeln zur Unterdrückung der Lehrfreiheit ſei
noch nichts bekannt; doch reiche gewiß der genannte Versuch, die königliche Au-
torität über die Wiſſenſchaft zu ſetzen, hin zur Charakteriſirung des Regierungs-
ſyſtems. - Außerdem deutete der Proponent auf eine wLöſchanftalt hin , die
man für einen Feuerbrand-(1) gehaltenz er sei aber nicht berufen, dies weiter
auszuführen. IX t (Schluß folgt.)



Ef Heidelberg, 13. Jcztfbhler b! Beilage des Fran tfurtes :
Journals vom 12. d. M. steht eine Anzeige von Hrn. Graf's aus Worms iu
Frankfurt abgehaliener de ut \<k a th oli h e r Rede mit der Vorbemerkung, daß

| dieser Rednerſtuhl bisher ſchon von mehreren Bewerbern betreten worden sei.

Dieſe Angabe beruht auf einem Irrthume ; denn die bisher dort aufgetretenen
Redner, von benen wir nur folgende nennen wollen, als: Dr. Brugger von
Heivelberg, Hieronymi von Darmſtadt, Marx aus Worms, Heribert
Rau und Graf erſchienen nicht aus freien Stücken und als Bewerber , jon-
dern immer nur auf ſchrifiliches oder mündliches Ansu < en des Vorſtandes
der deutſch-kath oliſchen Gemeinde in Frankfurt. Auch hat Keiner, soviel
wir wiſſen, ein ſchriftliches Geſuch um jene Stelle eingereicht, woraus man
erſt auf eine Bewerbung schließen könnte. „ue azur j
Aus Baden, 10. Novbr. (Oberrh. 3.) Von allen Seiten mehren sich
bie Proiefterklärungen gegen die Ausschließhung Ru p p’ s von der Berliner
Verſammlung. Darin liegt ein bedeutsames und erfreuliches Zeichen für eine
freiere Entwickelung der. kirchlichen Zuſtände. Wo ſolche Stimmen erklingen
wie die des Naſſau'ſchen Hauptvereins, bis jetzt wohl die gehaltvollſte und
ſchärfſte, da iſt, keine Gefahr für die guie Sache des Proteſtantismus zu fürch-
ten, mögen auch Einzelne ſeiner Wortführer in einer eritiſchen Lage den Coms
paß verlieren und vas Schiff, zu deſſen Steurern ſie beſtellt ſind, auf Augen-
blicke der Macht ver Verhältnisse preißgeben. Für das Fortbeſtehen des Guſtav-
Adolph - Vereins ſelber aber bleibt eine ernſtliche Beſsorgniß gegeben, wenn im
nächſten Jahre der verhängnißvolle Beſchluß nicht zurückgenommen wird. Dar
rauf ſollten alle Haupt- und Specialvereine halten, und ſich nicht durch die
allezeit ferlige theologiſche Vermittlung,, die jetzt wieder vollauf zu thun hat, im
den Schlummer der Sorgloſigkeit einwiegen, oder auf die Fährte einer falſchen
 
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