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Mannheimer Abendzeitung — 1846

DOI Kapitel:
No. 117 - No. 146 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44008#0493

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den 2 s. 8



kr., im Ausland erhöht

sT Cann: z

t ô~ S EI M~~~ Mr

Die Einführung landſtändiſcher Verfaſlungen in | ämm.t li-
. wu chen deutſchen Staaten.
(D. Alg. 3I3 |

_ OYhti der k. ſächſiſchen Il. Kammer waren im Laufe des gegenwärtigen Land-

tags 29 Petitionen mit 3638 Unterſchriften eingegangen, betreffend die „Re a-
liſirung der im Art. 13 der Bundesacte ertheilten Zuſi cherung
wegen Cinführung landſtändifcher Verfaſsſungen in den deutschen

. Bundesstaaten.. Es wurden dieſe ttsnun der vierten Deputation de

Kammer übergeben, und cs hat dieselbe solgenden Bericht erſtattet, welcher am
%. April an die Mitglieder der Kammer vertheilt wurde:

: _ Die in Zeit und Raum gegebenen Bedingungen, als Beſchaffenheit der
î natürlichen Gren;s. heiden, Einerleiheit der Sprache und Religion, Beſchaffenheit

der geiſtigen Anlagen, Verwandtschaft der Sitten und Beſchäſtigungen ſind es,
von denen jedes innigere Völkerleben abhängig bleiben wird. Seitdem die deut-
ſchen Völkerſtämme in der Geſchichte zum erſten Mal aufgetreten ſind, haben
ſie ſich als ſtammverwaundte Brubervölker betrachtet, und wie ſehr ſich auch ein-
zelne unter ihnen gegenseitig befehdet haben mögen, immer ſind sie durch die

. vorgenannten Bedingungen genöthigt, zu den Zielpunkten eines gemeinsamen
Strebens zurückzekehrt, daher bei der größien Mannigfaltigkeit der Entwickelungs- |

. formen im Beſondern eine allgemeinere Uebereirſtimmung z. B. ihres Privat-
rechtes, der Verfaſſungen, ihre engen Bündniſſe, die Gemeinſchastlichkeit der

_ Weyhrverfaſſung, das gemeinschafiliche Verfahren gegen Feinde, gegen mehr oder

Weniger befreundete und ftammverwandte Grenznachbarn, daher ein gemeinsa-
mes Oberhaupt, daher die Möglichkeit einer eigenthümlichen Geschichte der deut-
ſchen Völkerſtämme überhauaen. n Gelſct





_ Je nachdem eine Nation dieses ihr von der Natur gewordene koſtbare Erb-
heil zu bewahren weiß, je nachdem fällt der ernſte Richterſpruch der Ge-

ſchichte aus.

der Nationen geſtrichen zu werden. ; :
_ In diesem traurigen Stadium des Völkerlebens befand ſich die deutsche Na-

lanbs ſeine Willkürgeſese dictirte.
ät ſchüttelte un lebendigen Bewußtsein ihres hohen geschichtlichen Be-

+

Die. mächt!ze Kraft der iv der deutſchen Volksnatur waltenven Nationalin- |

dividualii

rufes das ausländiſche Joch unwillig ab und feierte in der Gründung der deut- |

qchen Bundesacte eine neue glänzende Lebensentfaltung: ſich ſclbſt zur Freude,
kommenden Geſschlechtern als Erbtheil, beſtimmt , aus den heimathlichen Gauen

einen großen Schauplay der Entwickelung geiſtiger und körperlicher Tüchtigkeit
und wahren Völkerglückes zu machen. . _

_ Stlanden die Herrſcher an der Svitze dieſes Bündniſſes, so geſchah es da-

rum, weil ſie ſo zu sagen geborene Organe des Völkerwillens ſind, wenn ſie

bdenſelben zu feſsſeln vermögen, im U brigen aber iſt und bleibt das Bündviß
eine Schöpfung der Natur und ter Nationaleinheit, die ſofort zur Seifenblaſe
wird, wenn man ihr die Warzel nimmt, die in dem in den Einzelindividuen
Waltenden nationalen Bewußisein, was der wahre Schöpfer der Tpatikraft, mithin
des eigenilichen Nationalgeschichtslebens iſt, beſteht. '

_ Wenn demnach ſchon das Einzelindividuum daran ſeine Kraft zu üben eben

so verpflichtet als berechtigt iſt, jo müſſen es noch mehr die gewählten Vertre- nde P Ö tar
| zu beeilen. Dazu fordert Deutſchlants eraenthümuche Lage, seinen größten
Grenznachbarn gegenübcr, und die Geschichte D.utsſchlands, ja, was noch wich-

ter eines Stammes, Indivirvaltheiles der deutſchen Nation, ſein.
_ Soc yviel zur Beseitigung von Mißverſtändniſſen und zur Beseitigung des

î Einwandes, daß man ſich durch ernſte Ecwägung dieser Angelegenheit in unge-

kttt Dinge menge , ferner daß die Petent-n keinen Beruf gehabt hätten, ein
ſolches Petirum an die Vertreter des ſächſiſch n Volkssammes zu bringen.
So wie aber ihre Deputariion dieſe Regung der Nationalinvividuälität

in dem ſächſiſchen Volkeſtamme mit Freude zu begrüßen gehabr, ſo bat fie ſich
auch mit Freude an das ihr diesfalls gewordene Geſchäft der Berichterſtattung

gemacht, in der Meinung, für die ihr herlige Aufgebe der Nation zu wük-n.

_ HVeſchränkt ſie ſich auf Andeurungen, so wird man dies durch die Kürze

ber für dieſe Auſgabe noch übrige Zeit, durch die Fülle des Stoffes gerechtfertigt
fuhrt. e Deutihe Bund flellt aber k-ineêwegs einen Staatenbund in shztezeto
vor, sondern er iſt auch in mehrfachen Beziehungen Bundesſtrat, wie fich dies

ſchon aus Art. II. der allgemeinen B. ſtmmungen der Buntesocte ergibt, wo es

heißt: „Der Zweck deſſelben (des Bundes) iſt Eihaltung der äuß:rn und innern
Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverlegbarkeit der einzel-
nen deurſchen Staaten.' w :

_ Denn der Zweck der innern Sicherheit mackt Forderungen geltend, die in
das innere Volksleben einschlagen und die Verfaſſnngen der Einzelſtaaten noth-
wendigerweisſe berühren, d. h. die Einzelstaaten müſſen zur Herſt llung und Er-
haltung der Selbständigkeit des Bundes ihre Willkür in Anordnung der innern

Dinge bis auf einen organisch beitimmten Punkt gefangen geben, was der Na-
tur des Staatenbun es in ahstracto nicht enſſpricht.

Der Art. AU. der beſontern B stimmungen: „Jn allen Bundesftaaten

wird eine landflänri'che Verfaſſunz ſtatifi den“’, ebenda’eibſt iſt mithin ein Pro- |
m ) Ef zgenttulicer Doppeinatur dcs Deutschen Bundes als Bundesſtaat
yk



. Man winde ſich aber irren, wenn man glauben wollte, mit dem eben
dargelegten logischen Grunrte habe man. auch die vollJändize Anschauung des
eigentlichen Verhältniſſes gewomen. ; . j

_ Dieses liegt tiefer, wie man schon aus den vorausgegangenen Andeutungen

gesehen haben wird, und muß, um tie Bedeutung und Wichtigkcit der Sache,

jm dle es ſich hier handelt, hervorzuheben, wenn auch nur in den kürzeſten | f'!ſtwere unterwirft.



Imriſſen, angedeutet werden.

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Dounerſtag, Fea 7. Mai.

A 6 Ubon nem ent mit hieruuhr io Porazisbe ahlung in Mannhein 1 ſl. 15 kr., vurch vie Pofi bezogen im ganzen Großherzogthum
e Ve . Ins erste bie geſpaltene Zeile in Vetitschrift oder hst asd. vier Kreuzer. Briefe und Gelver: fret elnzuſenden.

A E EEE WC ~~ TV WAR U SLR NME \% E ~: umu u..

Alls in Folge geschichtlicher Ereignisse, deren Aufzählung die dieſem B

_ | faſt verloren war, wie es geſchehen mußie, wenn es Napoleon's Gewa

tion, als Napoleon tit &iserner Hand den Herrschern Europas und Deuiſch-





‘das Abounement um den Poſftaufſchlag.

.
s




E O e uuÂs

| gegönnten engen Grenzen überschreiten würde, das deu!ſche Nationalbew:

ſchaft so lange, als es im Rathe der Voisehung beſchloſſ.n war , ertragen wollte,
dba ſahen die Herrſcher der deutschen Bruderſtämme ein, daß ihr. und ihrer Ge-

ſchlechter Eriſtenz nur tann gesichert sein würde, wenn in den deuiſchen Stäm-
men der Bürger-, der Volks- und der Nationalſinn zu einer belllodernden Famme

~ das wirkſamſte Schrceckvild für nicht zu befriedigende Eroberungejucht, der

gewaltigſe Schirm oder Hort ter innern Sicherheit ~ angefacht were.
Noch ehe Napoleons Serpter die Deutschen hart bedrückte, hatte das deuiſche

dazu rechnet die Deputation auch die lantständiſch-n Verfaſſungen, geschaffen
und sich so zu sagen in ſie hineingelebt. Das einseitig rigoröſe Syſtem der
Territorialherrſchafi*) und seine woylbekannten, höchſt naturwidrigen Ausartun-
gen haiten aber auch mit dem Schluſſe des vergangenen Jahrhunderts vie durch

die lantſtändiſchen Verfaſſungen geſchaffenen Organe des Volkswillens der ene.

zelnen Stämme in einen Schlaf gewiegt, dem nur ein Menſch, wie Napoleon,

ein Ende machen konnte, indem er an die Stelle des vernunftgemäßen Rehts
und der Politik die reine Willkür sette und die den Völkern und Staaten vm

der D'’atur ſcharf genug vorgezeichnete Lebensbahn raten.
_ Nu.. erl wurden den Herrſchern der deutſchen Volkeſtämme, bie unter deu
großen Schaiten, den der Welteroberer um. ſich warf, den Glanz uralter, ruume
voller Geschlechter erbleichen und ſelbſ wehrlos ihr angeerbt.s Volk mit den
Grundbefitthum immer weiter entſchwinden und zum Gegenſtanb eines gewöhn-

lichm Marktverkchrs, zur Tauſch- und Kaufwaare herabgewürdigt ſaben, die

Naththeile des urn ihuen befolgten Syſtems einleuchtend. Sie thoten aus den

innigſten und freieſten Triebe der Dankbaikeit für die ihrer Exiſteng von dena
deutſchen Stämmen gewidmete, Gut und Blut aufopfernde, Theilnabme zur
Abſchüttelung auswärtiger Tyrannei und Erckämpfung der Selbſtftändigkeit das

i . . _ :! . _ | Geläibde, die im Bewußtsein der Nothwendigkeit gegründeten und von den Re-
_ E rstirbt das lebendige Bewußtsein für die Nothwendigkeit der Bewahrung
îdeſſelben, dann erſtirbt die Thatkraft in der Nation, und sie läuft Gefahr frem-
der Botmähigkeit zu unterliegen, der Verachtung preisgegeben und aus der Reihe

gierten mit den Regenten geschaffenen landſtändiſchen Berfaſſungen, ein Werk
der Bolksnatur, wieder herzuſelen. ...I... +
DBie deutchen Herrſcher konnten damals, wenn ſie ihre Völker nicht hat-
ten, keinen Willen durchsetzen gegen den fremden Eroberer; wohl aber würden :
die Bölker auch ohne ihre zeitweiligen Herrſcher ihre landſtändiſchen Verfaſuuaen.

gen haben ius Leben rufen können.

Somit iſt alſo ausgemacht, daß die in. Art. 13 der. Bundesacte

“Zuſage kein Gunavengeſchen! ver Hicrſcher ax vie Bölker iß, weiczes jena

% A} V | GL é f EN

kürlich zurückziehen oder seine Erfüllung willkürlich verſagen. können, sondern

enthaltene



es iſt das Product der zum lebendigſten Bewußtſein erhobenen Wahrheit, daſ.

das Volk und der Staat nur in dem [lebendigften Wechselverhältniſſe zwiſchea
Herrſcher und Beherrſchten sein Leben fiunen. % ..



| empfindlicher rächen als hier, denn die Geschichte weiſt an unzähligen B.iſp

HNirgend aber würde ſich ein willkürliches Abg hen von dieſer Wahr jeit .
nach, daß, wenn die Herrſcher ihr Glück nicht mehr in u vr Uri |
ſuchen und finden, und die Völker auſhören müſſen, ihre Herrſcher zu achen
und zu lieben, dann der Abgrund zum unvermeidlichen Falle des Einen oder

Andern fertig iſen.



î Defßbvalb iſt denn Art. 13 ter Bundesacte die Freiwillige Anerkennung
eines National- und Volksrechtspoſtulats, welches ſich vom formellen Recht nur
inſoweit unterſchridet, als cs noch nicht vollfländig realiſirt iſt, was der Gül
tigkeit des Rechis ſelbſt jedoch nicht den mindeſten Eintrag thut. "

Dieſe gesunde Politik gebiet:t aber den He.richern, sich mit der Realifruug

tiger iſt, ſeine Zukunft auf das Beſtimmteſte auf.

Als ewas Wesentliches muß demnächſt bemerkt werden, daß jeder nach
Art des deutſchen organiſirte Bund, den Grunrsägen einer geſunden Politik
zufolge und wenn er nicht ſchon mit feiner Entſtevung den Todeskeim in ſich
legen will, Fsffite gewisse. Gleichförmigkeit der verſchiedcn-n Staatéverfaſſungen

alten wuß. ' : ... .....ie uz
. Die bei dem Bund aufiretender Volksſtammorgane bringen zu den gemein-
ſchaſt'ichen Bundesoverationen tie Grundſätze der rturch die Land:sveifaſſung
motificirten Zeitpolitik mit, und diese werten anders bei einem ohne Landſtände,

| anders bei ein m mit Lan ständen rezierten monaurchiſchen Staate ſein. Dort wird

man zur Sicherung der innern Angelegenheiten mebr, hier wen’'ger Grrechtſame
in den Händ.n der R gierung verlangen, dort wiro man für Entwicklung des

Veolkslcb ns, nach Art der Trrritorialverrſchaft, nur den Willen des Re enten.

hier d.n sich naturmäßig und organiſch äußernden Geſammtwillen des Herr chers
und der Regie ten gelten lassen. i ' ..
Is tieſ.xr Urbelſtand ab r bei irgend einem Bunde, der wie der deuiſche iſt,
der Fall, h! laufen die Zielpunkte des Bundeslebens auseinander und führen
direce zur Auflösung. U ; .
Deßhalb iſt ! angezogene 13. Art:kel der Bundesacte wesentlich zu Selbſte
erhaltung des Bundes und ſeiner im Intereſſe der N tionaleinyeit giforderten
Exifint.. . .. .. .. ,.
Kann aber die Nutionaleinheit nur durch den in den Einzelindividualitäten
l-benrizgen Nat’'onalsinn erhalt.n werd. n, so solgt auch raraus wierer, deß alle
Individuen dcr Nanon bi ter Real ſirung oder N chrrealiſirung des 13. Arnkels
der Bunt esacte auf das Eat‘chieoenſte b:theiligt sino, uno daß es nur im Jmeer-
eſſe der Regierungen liegt, tie B.ih..ligungen darin, insofern ſie durch R:cht,
Geschichte, Polit k, menschliche Naur, wie vorliegende, begründct sind, zu unters .
ſtützen und ſie ins L ben zu rufen. | 1.1. e
_ *) das ißt eine Herrſchaft, welche die Staatsgewalt als das privatrechtliche
Eigenthum eines Individuums oder einer Farrilie anſieht und dat urch den Statt



der ganz freien und an ſich rechtlich gar nicht beſchränkten Die poſition des Eis -
th ümers uater (Val. Zachariä's Deuiſches Staats - und Bundesretht,



Rationalgefühl inſtinktartig Alles, was zu einem ſelchen L.ben gehörte, un


 
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