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Mannheimer Abendzeitung — 1846

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No. [298] - No. 326 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44008#1283

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_ Abonnement mit vierteljähriger Vorausbezahlung in Mannheim 1 fl. 15 kr., durch die Poſt bezogen im ganzen Großherzogthum J m | ,
ts Baden halbjährlich 4 fl. 15 kr., im Ausland erhöht sich das Abonnement um den Poflauſschltaz. Fg. 3 1î7 .
_ gJZnuſserate die gespaltene Zeile in Petitschrift oder deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einzusenden. ü s er

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duu 1 td j . P yt & Vo . . O.. her können, ohne daß irgend eine Kategorie bezeichnet oder ausgeſchloſsen
te Pie Rhei»heſen an ihre §ibse»ratzten ia P srtſtadt: 11 V . Der Entwurf des Polizeigeſeßbuchs endlich enthält eine Kette von
. ® Mainz, 18. Nov. Eine Deputation von rheinheſſ. Wahlmännern | Beftimmungen, die jeden freien Athemzug hemmen, jede ſ.lbſtändige Lebens-Aeuße-
und sonſtigen Bürgern geht heute mit einem beſonderen Zuge auf der Eisen- | rung unterdrücken und den Staatsbürger zur willenloſen Puppe machen, die
bahn von Mainz nach Darmſtadt um folgendes Memorandum mit Unterſchrif- | nur von oben inspirirt und gegängelt wird; und auch hier wieder soll einem
ten aus allen Gemeinden verschen, ihren Abgeordneten zu übergeben: | Einzelrichter die Anwendung eines Strafmaßes anvertraut werden, für welches
_ Durch das allerhöchſte Beſitnahme Patent, vom 8. Juli 1846 wurde den | unsere Inftitutionen nur Collegial-Gerichte kennen. t h ._.
Bewohnern Rheinheſſcns die landesväterliche Verſicherung ertheille. | _ Es iſt dies kein Geſet für die Bewohner Rheinheſſens, welche durch den

. vdaß nur besondere Rückfichten des allgemeinen Beſtens den neuen Lan- | Eid, den sie als Geschworene zu leiſten haben, daran gemahnt werden, daß

_ Hydesherrn zu Aenderungen beſtehender und durch die Erfahrungen er- | ſich Selbſiſtändigkeit und Feſtigkeit für freie und rechiſchaffene Männer gen.

_ HHYyrobter Einrichtungen bewegen würden, daß das wahrhaft Gute, was | ziemt.- j M.
_ wvHAufklärung und Zeitverhältniſſe herbeigeführt, ferner beſlehen werbe.“ | . Auch muß es auffallen, daß man diesen Geſsetzes-Entwourf mit einer ge-
In ver hierdurch begründeten feſten Zuverſicht auf Erhaltung ihrer In- | wiſſen Heimlichkeit umgeben hat, während die anderen Entwürfe auf eine höchſt

ſtitutionen konnien die Rheinheſſcn nicht geirrt werden. Durch den Artikel 103 | anzuerkennende Weiſe der öffentlichen Kritik übergeben wurden. – Rur durch .

der Verfaſſungsurkunde, da sie hoffen durften, man werde die Urbereinſimmung | Zufall erhielten die Bürger Kenntniß von dem Inhalte des als Manuscript gee
mit der Gesetzgebung der ältern Provinzen nicht herbeiführen wollen dadurch, | druckten Polizei- Geſetz - Entwurfs. [h : M.
daß man ihnen wahrhaft Gutes und Erprobtes entziehe, ~ man werde viel.) Ennthielten aber die fraglichen Geseßes-Entwürfe auch nur Gutes, wie sie
mehr ſolches auch auf alt-heſſsiſchen Boden verpflanzen. ;! denn, was nicht zu verkennen, viel des Guten enthalten, –~ so müßten die
__ Die Art und Wriſe jedoch, in welcher man begonnen hat, den Artikel 103 | Rheinheſſen in igrem wohlverſtandenen Interefsſe doch immer darauf bestehen, daß
der Verſaſſungsurkunde zu verwirklichen, und die dahin abzweckenden neuen, dem | sie bei ihnen nicht als Gesetze eingeführt werden, eben, weil sie ein anderes
gegenwärüigen Landtage vorgelegten Gesetzesentwürfe find in der That geeignet, | Recht schaffen, als das bisherige das bei ihnen durch die Erfahrung beinah
ei den Bewohnern Rheinheſſens Besorgniſſe der trübfien Art zu erregeen. | eines haiben Jahrhunderts bewährt, in das Blut und Leben des Volkes über-
_ Schon durch das Strafcompetenz-Gejeß vom 17. September 1841 wurde | gegangen — Jebem eine von ihm gekannte Richtschnur seiner Handlungen

eines der Inſtitute wegen deren Beſitz die Rheiuheſſen sich glücklich schätzen und | geworden, das zudem ihnen den nicht leicht zu hoch anzuſchlagenden Vorthele.

für welches ſich in neuerer Zeit alle voruriheilsfreien Stimmen Deutſchlands | gewährt, daß es in allen Nachbarländern des linken Rheinufers gilt, und ih
ausgeſprochen haben, das Ge ſ < wo r enen- Gericht, wesentlich verkümmert und | nen den Verkehr mit venſelben, auf welchem der Wohlft and Rhein-
untergraben. ww 4:V x zut u U Lr gde 0t .t : heſſens beinahe aus schlie ß lich beruht, erleichtert; und daß Alles, was
_ Die Zahl der Fälle, in welchen die Theilnahme des Volkes an der Straf- | dort durch Wiſſenſchaft und Praxis bei vorhandenen ungleich größeren
rechtspflege eintritt, iſt auf kaum noch ein Drittheil reducirt und eine Anftalt, | Mit te ln sür die Ausbildung dieses Rechts geſchieht, auch ihnen zu ſstatten
deren Wirkſamkeit nur noch in seltenen Ausnahmsfällen eintritt, muß nothwen- | kömmt. u . h w



ziehung eines Volkes zur Münpigkeit und zum Bewußtsein dieſer Münvigkeit | Provinzen gegenüber keinen sich abſondernden .egoifliſchen Particulargeiſt kennt,
hatte, und welches nicht der geringſte ihrer Vorzüge wBlaen.

. Durth dieſe betrübende Erfahrung aufgeschreckt, mußten die Rheinheſſen um | wit beigesteuert, wo es galt, die Laſten der andern Provinzen zu erleichtern,
ſo ſchärfer die neueren Geſetzes-Vorſchläge in's Auge faſſen, damit nicht auch | und ihnen neue Verkehrmittel zu ſchaſfen; - keines der zu solchen. Zwecken ge-
hier ihnen begegne, daß ſie kleine Verbeſſerungen im Einzelnen gegen wesentliche | brachten Opfer hat ſie geſchmerzt. ~ | .... W .
Verſchlimmerungen im Großen und Ganzen eintauſchen. daß die volksthümlichen | _.






YVPruriucipien. ihrer Inflitutisnen unmerklich abhanden kowmen. _ 91 würde ſehr ſ<merzen, ~ und eine nimmer vernarbende
_ Dag aber dies keine leere Geſpenſterfurcht sei, zeigt ein einfacher Blick auf Wunde ſchaffen. : .
e Geſetßesvorſchläge, die natürlich hier nicht Gegenstand einer detaillirten î Wir hatten die Abſicht unsere Wünſche, unsere Befürchtungen in ehrerbie-

merkſam machen, in welchen die neuen Vorſchläge mit ben Principien des be- | :
stehenden Rechts im Widerspruche ſtehen. .I.... _ q Vorschlag auf die jenseitigen Provinzen beſchränkt zur Discussion bringen laſſen
_ l.. Das beftehende Recht sichert durch consequente Durchführung der Ci- möge. % : u V. ... H
vilehe die Unabhängigkeit des Staates von der Kirche, ~ wie die Gewiſſenss | Ein Minifterial-Erlaß verbietet ſolche Vorſtellung ; und wenn wir auch
freiheit und den Familienfrieden der Bürger, ohne den religiöſen Sinn zu un- der Ueberzeugung sind, daß unsere Staatsverfaſſung der schwere Vorwurf nicht
tergraben, ~ wie dies die Erfahrung gezeigt hat, ~ der neue Vorſchlag hul- | treffe, dem Volke ein Recht zu versagen, welches ſelbſt in despotiſchen Staaten
digt einer erzwungenen (und darum moraliſch werthloſen) Kirchlichkeit und zer- |
ftört doch wieder Alles, was er auferbauen will, durch die Zulaſſung auch blos | so beftimmt uns doch die Bemerkung jenes Erlaſſes baß Se. königliche Hoheit
bürgerlicher Trauung in beſonderen Ausnahmefällen, die darum um so greller ſelbſt ſolche Vorſtellung von unſerer Seite nicht entgegen nehmen wolle, vm
in's Auge fallen und entweder dem Publikum die Lehre geben, daß es am Ende | dieser unserer Abſicht abzuſtehen. ! l . ....
doch auf Kirchlichkeit nicht ankomme, oder als recht abſichtlicher Scandal aufge- Es müßte dieſe aber keine ernſiliche gewesen sein, wenn wir nicht den uuan
faßt. werden müſſenn. . r | offen ſtehenden Weg einschlügen, Ihnen, der durch unsere freie Wahl zur Ver-
Ul. In ver vorgeschlagenen Vormundſchafisverordnung müſſen die Rheinheſ- | tretung unserer Rechie und Intereſſen berufen iſt, dieſe unſere Rechte, unser







ſen gewissermaßen einen Verſuch erblicken, ſie vorläufig und allmählich an ein Wohl an's Herz zu legen. Jeder Rheinheſſe fühlt wie wir, alſo auh Sie;
Inflitut zu gewöhnen , das von ihnen so sehr gefürchtet ift, das sich mit ihren | daß Sie dieſe Gefühle in dem vorhandenen entſcheidenden Augenblicke mit. alleen:

Sitten und ihrem ganzen Denken und Sein nimmermehr verträgt, und gegen Energie vertreten mögen, iſt unser Wunſch, die Aufgabe, deren Löſöung wn.
deſſen Einführung mit einem Schlag sie im Jahre 1826 fich so energiſch ge- | von Ihnen erwarten. u w# u ; 1.1
firäubt haben, ~ an das JInflitut der Einzelrichter mit umfassender Jurisdic- Sagen Sie den Vertretern der andern Provinzen wie wir ihnen eine neue
lion. .. Zo . E= . | Gesetzgebung nicht mißgönnen, bie im Vergleich mit dem jetzt beſtehenden Zu-
_ Das Vormundſchaftsweſen - bisher in der Hand ber Familien, wenn auch ftande troyß aller Mängel eine Wohlthat für ſie sein möge daß wir aber in
durch Collegial-Gerichte genügend überwacht, soll jetzt für einen ganzen Diſtrict direct dem Verirauen auf ihren Edelmuth uns ſchmerzlich getäuſcht finden würden,
unh indirect einem anderweitig vielfach beſchäftigten einzelnen Beamten anheim- wenn ſie dieſe Wohlthat auf Koſten unseres beſt eh enden Wohls erringen

gegeben sein, der den Vormund einzuſetzen, zuinftruiren, zu sſuspendiren, discip- , wollten. ~ | | u .. lau: at U ii
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gaſüem dem zwar g. .. von ihm ſselbſt gewählte Verwandte des Mündels | werthvoll erkannt haben, daß schon der bloße Vorſchlag, fie ihnen zu entziehen,
zuzieht, aber überall auch in den wichtigften Fragen, allein nach eigenem Er- allenthalben, wie bei uns, ben Schrei der höchſten Entrüftung hervorrufen
î mieſſen entſcheiden. : n _ | würde, ~ und es wird Ihnen gelingen, diese Männer zu beſtimmen, mit
_ Wenn man gegen den durch das beſtehende Gesetz geschaffenen entsc< e i- Ihnen dahin zu wirken, daß auch den von ihnen vertretenen Provinzen ds
dende n Familienraih einwendet, daß dieſes Juftitut eine „all zu ideale Vor- bewährte Gute, ſtatt des zweifelhafien Neuen zu Theil werde, und so der Artikel
ellung von der Vorirefflichkeit der Menſchen““ zur Voraussegung habe, die ſich 103 ber Verfaſſungsurkunde den Vollzug erhalte, der allein mit dem nicht zu
ln der Praxis nicht bewähre, —- so find ihrerſeits die Rheinheſſen der Anſicht, | deutelnden Fürſtenworte des Beſitznahme-Patentes vom 8. Juli 1816 im Ein-
daß auch der Einzelrichter dieſe ideale Vortrefflichkeit nicht durch eine Art Prie- klange ſteht. ? .1umuu : ! wu mg
ſterweihe des Beamtenthums erwerbe, und dadurch aufhöre zu dem mehr oder j Suchen Sie zugleich in Verbindung mit Ihren gleichfühlenden Collegen
weniger eigennütigen, eigenwilligen, herrſchſüchtigen und in ſeinen Einſichten be- die uns verſagte Möglichkeit herbeizuführen, unserem verehrten Landesvater die
schränkten Geſchlechte „Mensch- zu gehören, daß alſo die Gefahr viel größer einſlimmigen Wünſche der Provinz auszudrücken, und wir zweifeln nicht, daß
ſei, ihm eine ſo exorbitante Gewalt in so wichtigen und folgereichrn Angelegen- hochderſelbe mehr Gewicht legen werde auf die durch Selbsterfahrung gekräf-
heiten anzuvertrauen, als zur Wahl des Vormundes und zu seiner Ueberwa- | tigle Ansicht der Bewohner von Rheinheſſen als auf die Wünſche seiner Räthe;
chung sechs Männer zu berufen, die durch die Bande des Blutes mit dem über den Werth von Gesetzen entscheiden in letter Inftanz das Leben, die Er-
HMuùnbel zusammenhängen , welchen die Ehre der Familien am Herzen liegt, und fahrung und nicht die Compendien der Gelehrten; & und eine
re ſogar egoiſtiſche Beweggründe befiimmen müſſen, für das Vermögen tie Geſetzggebung, an welche ein Volk ſich mit ſolh er Wärme
zes ihnen ſonſt zur Laſt fallenden Familienmitgliedes zu sorgen. anklammert, muß ehrwürdig und unantaſtbar ſein, nicht'



_ . In). Schr bedenklich wenn auch nicht gerade ſür die nächſte Zukunft er | dgallein dies em Volk ſelbſt, ſondern auch Jedem, der ein Herz
ſcheint es, daß das beſtehende Geſet, welches die Führung der Personen-Stan- für Volksrecht hat. ; U j ik
des-Urkunden beftimmten Beamten überweist, einer Beſtimmung weichen ſoll, Mit r vertrauensvoller Hochachtung unterzeichnen die Wahlmänner und

nach welcher dieſe Funktion soll beliebig zu wählenden Beamten übertragen wer- Wähler des Bezirks,

ig den Werth verlieren, welchen ſie als politiſche Anſtalt, als Mittel der Er- | Die Provinz Rhetnheſſen hat bisher vielfach gezeigt, vaß ſie den anveen.
unb die möglichft enge Verbindung mit denselben wünſcht, ſie hat bereits willen.

. .Das Opfer aber, welches ihr sss t abgezwungen werb. s folt; v uus

Kritik ſein können, weshalb wir unter anderen nur auf folgende Punkte auf- | tiger Vorſiellung Sr. königlichen Hoheit unſerm Großherzoge auszuſprechen.
auf daß derselbe die vorgelegten Gesezes-Entwürfe zurückziehen, jedenfals dna.

nicht verabredet wird , das Recht bittenv dem Throne des Fürften zu nahen,
 
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