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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 20.1977

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Nr. 3
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Steinthal, Hermann: Zum Thema Latinum und "Lateinkenntnisse"
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https://doi.org/10.11588/diglit.33073#0038

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Zum Thema Latinum und „Lateinkenntnisse“

Der Schulausschuß der KMK befaßt sich z. Zt. mit einer Vereinbarung über
das Latinum bzw. die ,Lateinkenntnisse1, die für gewisse Studiengänge vor-
ausgesetzt werden. Der 1. Vorsitzende des DAV hatte Anfang Mai auf seine
Bitte hin Gelegenheit, dem Vorsitzenden des Schulausschusses eine Stellung-
nahme zu dieser Frage abzugeben. Sie ist im folgenden abgedruckt.
Betr. : Schulaussschuß der Kultusministerkonferenz;
hier: Regelung über Nachweis von Lateinkenntnissen
1. Festgelegt werden müßte eigentlich dreierlei:
a) Inhalt und Umfang der geforderten Lateinkentnisse,
b) die Art und Weise, wie sie nachgewiesen werden müssen,
c) die Studienfächer bzw. -abschlüsse, für die ein solcher Nachweis verlangt
wird.
Eine detaillierte Einigung über den zuletzt genannten Punkt ist vielleicht
im Moment nicht erreichbar. Mindestens innerhalb der einzelnen Bundes-
länder ist sie aber unumgänglich, und vielleicht können doch wenigstens
gewisse Richtlinien vereinbart werden. Ich werde auf jeden Fall unten
einige Vorschläge dazu machen.
2. Soweit ich informiert bin, wird man die Unterscheidung eines „Großen“
und eines „Kleinen“ Latinums aufgeben. Dies erscheint tolerabel, obgleich
die Unterscheidung ihren guten Sinn hatte. Die neuen einheitlichen „La-
teinkenntnisse“ sollten dann jedoch keinesfalls auf dem Niveau dessen fest-
gelegt werden, was früher das „Kleine Latinum“ hieß; das wäre ein be-
dauerlicher Verlust an Niveau für die Studienfächer, in denen man das
Latein benötigt. Das frühere Kleine Latinum wurde vorwiegend für solche
Studienfächer verlangt, bei denen man heute auf Lateinkenntnisse meist
überhaupt verzichtet (z.B. Pharmazie); soweit dagegen Latein nötig ist,
sollte man auch an einem höheren als dem „kleinen“ Niveau festhalten.
Nur so können die Lateinkenntnisse die Funktion haben, die ihnen in den
Studienordnungen zugedacht ist.
3. Vielleicht kann eine Einigung für die Fächer, für die man Lateinkenntnisse
verlangt, eher erzielt werden, wenn man festlegt, daß bei den entsprechen-
den Prüfungen neben einem einheitlichen sprachlichen Niveau unterschied-
liche literarisch-kulturwissenschaffliche Kenntnisse gefordert werden, in
dem Sinne, daß je nach Studienfach ein fachspezifischer Kanon von Autoren
und Werken der lateinischen Literatur genannt wird, in denen der Kan-
didat belesen sein soll und worüber er sich in der mündlichen Prüfung aus-
weisen muß. Die schriftliche Prüfung würde dann vorwiegend dem Nach-
weis allgemeinerer sprachlicher Fähigkeiten dienen, die mündliche Prüfung
dem Nachweis spezieller sprachlicher und sodann der dazugehörigen lite-
rarisch-kulturwissenschaftlichen Kenntnisse dienen.

DAV-Mitteilungsblatt 1977/3

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