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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 25.1982

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Nr. 4
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Lichtwitz, Manuel: Vergil in Wolfenbüttel
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https://doi.org/10.11588/diglit.33081#0074

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Der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel als einer über vierhundertjäh-
rigen fürstlichen Bibliothek, deren internationale Bedeutung in den reichen Be-
ständen vor allem an mittelalterlichen Handschriften und Drucken des 16. bis
18. Jahrhunderts liegt, schien es im 2000. Todesjahr Vergils angebracht, sich
mit einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm an dem Gedenken zu beteili-
gen, einem Veranstaltungsprogramm, das den Gelehrten wie den Laien zur Be-
schäftigung mit dem Werk Vergils, der Geschichte seiner Überlieferung und der
Geschichte seiner Wirkung und Wirkungen einlädt; Wirkungen, die oft überra-
schen und in überraschend unmittelbarer Weise in die Gegenwart hineinreichen.
Ein doppelter Höhepunkt des Wolfenbütteier Vergüjahres sind zweifellos
zwei Ausstellungen. Die eine, am 5. Oktober 1982 in Anwesenheit des Nieder-
sächsischen Ministers für Wissenschaft und Kunst Dr. Johann-Tönjes Cassens
und Seiner Exzellenz des Botschafters der Republik Italien Professor Dr. Luigi
Vittorio Ferraris eröffnet, zeigt bis zum 27. März 1983 etwa hundert Stücke
aus dem Vergil-Bestand der Herzog August Bibliothek, einem Bestand, der (bis
1900) 257 Stücke zählt. Selbstverständlich kann sich, was die Vergil-Hand-
schriften angeht, die Wolfenbütteler Bibliothek nicht mit den Bibliotheken in
Rom oder Paris vergleichen, doch besitzt auch sie einen Codex des 9. Jahrhun-
derts (Cod. Guelf. 70 Gud. Lat.), der für die Editionsgeschichte wichtig ge-
worden ist und einen anderen des 10. (vielleicht aber auch noch 9.) Jahrhun-
derts, der in zwei Passagen der „Aeneis“ bislang unbekannte Neumen, eine sehr
frühe Notenschrift, aufweist (Cod. Guelf. 66 Gud. Lat.) und hindeutet auf die
frühe musikalische Gestaltung gewisser Partien des Werkes, die heute noch gern
in einschlägige Anthologien aufgenommen werden oder gar wie die Episode
von Dido und Aeneas ein vielfältiges Eigenleben entwickelt haben. Über 200
Vergildrucke, Prachtausgaben, Lesetexte mit aufschlußreichen Spuren der Be-
nutzung, die von der gelehrten Glosse bis zu Witzeleien mit Vergil geplagter
Studenten und Schüler reichen, Übersetzungen in nahezu alle europäischen Spra-
chen und eine Reihe von „Malerbüchern“ des 20. Jahrhunderts kommen zu den
Zeugnissen handschriftlicher Überlieferungen hinzu. (Dieser gut 250 Stück um-
fassende Vergil-Bestand, den Dr. Bernd Schneider, Berlin, in einem umfangrei-
chen und mit Abbildungen reichlich ausgestatteten Katalog minutiös beschrie-
ben und erläutert hat, repräsentiert — nimmt man die Faksimile-Ausgaben der
ältesten Vergil-Codices hinzu — etwa 1500 Jahre der Überlieferung Vergils in
Wort und Bild. Freilich kann dieser ganze Bestand in der Ausstellung nicht ge-
zeigt werden: Beschränkung ist geboten, so daß man sich zu einer Auswahl
etwa eines Drittels entschied; man versuchte, einen Überblick zu geben und
war gleichzeitig bemüht, die Vielfalt der Überlieferung beispielhaft vorzufüh-
ren. Den Laien hofft man so sicher durch die Jahrhunderte zu führen, um ihn
wissender zu entlassen, dem Fachgelehrten glaubt man, die Kernpunkte der
Überlieferung vorzuführen, ihm Bekanntes aber auch Seltenes, manchmal Über-
raschendes und seine Arbeit Anregendes zu zeigen.
Die Ausstellung, die der Wolfenbütteler Kunstverein Galerie + Werkstatt in
Verbindung mit der Herzog August Bibliothek vom 3. Oktober bis zum 21.

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