zu ändern. Darum bewährte er sich nicht nur als Übersetzer, sondern zusätzlich und
hauptsächlich als übertragender Stückeschreiber, damit aus our town Athen our town
Tybingen würde. Aristophanisch-brechtisch treten in der Parabase die Schauspieler
aus ihren Rollen — sie spielen mehrfach auch mehrere Rollen — und diskutieren als
,,Wenner", ,,Aberer" und ,,Meiner" ihr eigenes Räsonieren und (Nicht-)Handeln, das
gerade deshalb zu nichts führt, weil es nur im Räsonieren, Diskutieren und Abgrenzen
besteht: man kann, wenn mankann, oder kann, wenn man will oder wenn man's
anpackt — nicht nur auf einem Demonstrationsplakat. Aber wer will schon? Es könnte
ja sein, was nicht sein darf, nämlich daß der Gegner zustimmt. Drastisch führt uns das
der Regisseur vor, indem er die ,,Handlung" an der Diskutiererei geradezu einschla-
fen läßt: das ist das politische Tybingen, das ist auch der aporetische Schluß. Vom an-
deren war schon die Rede.
Bleibt also am Ende doch nur Verdis altersweises Resümee der Falstaff-Komödie: ^Al-
les ist Spaß auf Erden, wir, wir sind geborene Toren, ja Toren"? Die Tybinger Fassung
des ,,Friedens" läßt mit ihren zwei Schlüssen Wahlfreiheit. Ja sogar tertium datur:
wer's anders und besser weiß, soll's, bitte sehr, auch tun bzw. schreiben, so steht's auf
dem Programmzettel.
Und in jedem Fall dürfen auch 1988 die auf Aristophanes gemünzten Epigrammverse
gelten (in der leicht abgewandelten Übersetzung Otto Weinreichs, der an der Auffüh-
rung seine helle Freude gehabt hätte):
O du untrüglichster Spiegel des Tybinger Wesens und Sinnens,
deine Komödie trifft beißend und lachend ins Ziel.
(Antipater v. Thess., Ant. Pal. IX 186)
Aber loben wir nicht nur den Autor, Regisseur und Theologen, sondern ebenso seine
spielende, singende, musizierende, tanzende, diskutierende und an langer Leine virtu-
os improvisierende Truppe des Tybinger Uhlandgymnasiums, die zwei Stunden lang
den Frieden so vergnüglich darstellte, wie er es auch außerhalb des Theatersaales sein
könnte, wenn wirklich Frieden auf Erden wäre.
Summe — in zwei Varianten:
1. Vorstehendes soll zum einen jeden anregen, wieder einmal Aristophanes zu lesen
und ihn nach dem geschilderten Vorgang aufs Heute hin weiterzudenken, zum ande-
ren dem Stückeschreiber, Regisseur und Theologen St. einen Vorausgruß des Dankes
ins Otium cum dignitate zu schicken.
2. Nun stell dir vor, die spielen den ,,Frieden"
und werden von Mäck und Jens nicht gemieden.
Was haben die da bloß falsch gemacht?
Jo mei, sie haben das Wunder vollbracht,
daß beide Seiten zusammen gelacht.
Es war eben Ari-Stein-Friedens Macht,
vom Friedens-Stoph-Thalers-Feuer entfacht.
Geb's Gott im Indikativ! Gut' Nacht!
Dr. GOTTFRIED KiEFNER, Hauffstr. 7, 7400 Tübingen 1
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hauptsächlich als übertragender Stückeschreiber, damit aus our town Athen our town
Tybingen würde. Aristophanisch-brechtisch treten in der Parabase die Schauspieler
aus ihren Rollen — sie spielen mehrfach auch mehrere Rollen — und diskutieren als
,,Wenner", ,,Aberer" und ,,Meiner" ihr eigenes Räsonieren und (Nicht-)Handeln, das
gerade deshalb zu nichts führt, weil es nur im Räsonieren, Diskutieren und Abgrenzen
besteht: man kann, wenn mankann, oder kann, wenn man will oder wenn man's
anpackt — nicht nur auf einem Demonstrationsplakat. Aber wer will schon? Es könnte
ja sein, was nicht sein darf, nämlich daß der Gegner zustimmt. Drastisch führt uns das
der Regisseur vor, indem er die ,,Handlung" an der Diskutiererei geradezu einschla-
fen läßt: das ist das politische Tybingen, das ist auch der aporetische Schluß. Vom an-
deren war schon die Rede.
Bleibt also am Ende doch nur Verdis altersweises Resümee der Falstaff-Komödie: ^Al-
les ist Spaß auf Erden, wir, wir sind geborene Toren, ja Toren"? Die Tybinger Fassung
des ,,Friedens" läßt mit ihren zwei Schlüssen Wahlfreiheit. Ja sogar tertium datur:
wer's anders und besser weiß, soll's, bitte sehr, auch tun bzw. schreiben, so steht's auf
dem Programmzettel.
Und in jedem Fall dürfen auch 1988 die auf Aristophanes gemünzten Epigrammverse
gelten (in der leicht abgewandelten Übersetzung Otto Weinreichs, der an der Auffüh-
rung seine helle Freude gehabt hätte):
O du untrüglichster Spiegel des Tybinger Wesens und Sinnens,
deine Komödie trifft beißend und lachend ins Ziel.
(Antipater v. Thess., Ant. Pal. IX 186)
Aber loben wir nicht nur den Autor, Regisseur und Theologen, sondern ebenso seine
spielende, singende, musizierende, tanzende, diskutierende und an langer Leine virtu-
os improvisierende Truppe des Tybinger Uhlandgymnasiums, die zwei Stunden lang
den Frieden so vergnüglich darstellte, wie er es auch außerhalb des Theatersaales sein
könnte, wenn wirklich Frieden auf Erden wäre.
Summe — in zwei Varianten:
1. Vorstehendes soll zum einen jeden anregen, wieder einmal Aristophanes zu lesen
und ihn nach dem geschilderten Vorgang aufs Heute hin weiterzudenken, zum ande-
ren dem Stückeschreiber, Regisseur und Theologen St. einen Vorausgruß des Dankes
ins Otium cum dignitate zu schicken.
2. Nun stell dir vor, die spielen den ,,Frieden"
und werden von Mäck und Jens nicht gemieden.
Was haben die da bloß falsch gemacht?
Jo mei, sie haben das Wunder vollbracht,
daß beide Seiten zusammen gelacht.
Es war eben Ari-Stein-Friedens Macht,
vom Friedens-Stoph-Thalers-Feuer entfacht.
Geb's Gott im Indikativ! Gut' Nacht!
Dr. GOTTFRIED KiEFNER, Hauffstr. 7, 7400 Tübingen 1
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