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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 31.1988

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Nr. 4
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Leserbriefe zur Lehrerarbeitslosigkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.35869#0104

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Leserbriefe zur Lehrerarbeitsiosigkeit

Sehr geehrter Herr Sarhoiz!
Im Mitt. Bl. 2 (1988) ist Ihr an Herrn Nickel gerichteter Brief über das Thema Arbeitslo-
sigkeit abgedruckt. Ich halte es für angebracht, ihnen auf diesem Wege zu antworten.
Ihre Enttäuschung über die berufliche Sackgasse, in die Sie nach Ihrern zweiten Staats-
examen geraten sind, ist verständlich, auch Ihr Ärger darüber, daß in den Mitteilungs-
blättern des DAV so wenig über die miserablen Berufsaussichten unseres Nachwuches
zu lesen ist. Ihre Anregung, dieses Defizit zu beseitigen, sollte vom DAV ernsthaft auf-
gegriffen werden. Nicht erklärlich ist jedoch die Art und Weise, in der Sie den Landes-
verband NRW attackieren. Ich halte es für ausgesprochen unfair, sich nicht an meine
Vorstandskollegen oder mich zu wenden, sondern gleich an die Öffentlichkeit zu ge-
hen mit Behauptungen, deren Richtigkeit von Lesern in anderen Bundesländern nicht
überprüft werden kann. Ich meine insbesondere Ihre Behauptung, daß ,,in einem
Schnellverfahren Lehrer. . . zur Unterrichtsbefähigung für Latein gebracht werden". -
In der Tat sind in den Jahren 1985 bis 1987 in insgesamt 4 Kursen Kolleginnen und Kol-
legen, die kein Lateinstudium absolviert, aber seit Jahren Latein fachfremd unterrichtet
haben, in die methodischen und didaktischen Probleme des Faches eingeführt wor-
den. Am Ende dieser jeweils einjährigen Kurse wurde nicht die Lehrbefähigung ausge-
sprochen, sondern - wie eine Kursleiterin in ihrem ausführlichen Bericht im Mitt.-Blatt
DAV-NRW 34, H. 4 (Dez. 1986) darlegt - lediglich eine Teiinahmebescheinigung aus-
gestellt. Der von diesen Lehrkräften erteilte Unterricht wird in den amtlichen Statisti-
ken weiterhin als nicht ordnungsgemäß erteilt ausgewiesen.
Der Vorstand hat sich 1985 mit dieser Nachqualifizierungsmaßnahme eingehend be-
schäftigt. Durch ,,geharnischte Protestschreiben" (Zitat aus Ihrem Brief) den Start die-
ser Kurse zu verzögern oder gar unmöglich zu machen, erschien uns nicht sinnvoll,
denn durch diese Aktionen hätte sich die Zahl der fachfremd erteilten Lateinstunden
nicht um eine einzige verringert. Sollten wir Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahren
durch ihren Einsatz verhindert haben, daß der Lateinunterricht - insbesondere in länd-
lichen Regionen - stark gekürzt erteilt wurde oder ganz ausfiel, in den Rücken fallen -
auf Kosten der Schüler?
Auch 1988 rangiert Latein unter den sogenannten Mangelfächern, wie z.B. Religion,
Musik, Kunst, Informatik und die Naturwissenschaften: in keinem dieser Fächer gab es
zum 1.8.1988 im Bereich der Gymnasien eine nennenswerte Einstellung von Jungleh-
rern in NRW. Diese wird nicht blockiert durch die Absolventen der oben genannten
Fortbildungskurse, sondern durch die Finanznot des Landes und die schulpolitischen
Ziele der Mehrheitsfraktion.
Sie können versichert sein, sehr geehrter Herr Sarhoiz, daß der Vorstand keine Gele-
genheit ausläßt, auf die kritische Unterrichtssituation hinzuweisen. Den von Jahr zu
Jahr größer werdenden Mangel an Lateinlehrern kann man nach unserer Auffassung
nicht durch Nachqualifizierungskurse (weitere Maßnahmen sind für 1988/89 geplant)
spürbar beseitigen, sondern nur durch eine kräftige Erhöhung der Einstellungsquote.

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