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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 31.1988

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Nr. 1
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Hinweise und Mitteilungen
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Nr. 2
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Aus aktuellem Anlass
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Nickel, Rainer: Arbeitslosigkeit - auch für Altphilologen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35869#0035

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Aus aktueüem An!aß

Arbeitsiosigkeit — auch für Aitphi!o!ogen
Ende März erhielt ich den ausführlichen Brief eines Kollegen aus Nordrhein-Westfalen
zum Thema „Lehrerarbeitslosigkeit". Es scheint mir unumgänglich zu sein, auf diesen
Brief hinzuweisen, da er sich mit dem Schicksal der derzeit nachwachsenden
Altphilologen-Ceneration befaßt, „deren reale Existenzbedingungen m.E. noch nicht
hinreichend klar im Bewußtsein der arrivierten und organisierten Fachvertreter veran-
kert sind".
Werner Sarholz, Assessor des Lehramts, stellt folgendes fest: „Mit dem Bestehen des
zweiten Staatsexamens endete die Ausbildung. Der eingeschlagene Berufsweg mün-
dete in einer Sackgasse: Denn ungeachtet der Noten wurde ich wie meine Referen-
darskolleginnen und -kollegen der Altphilologen-Zunft... zunächst einmal entlassen —
in die Arbeitslosigkeit. Das ist die harte arbeitsmarktpolitische Realität! Lehrerarbeitslo-
sigkeit ist nicht nur ein Problem der anderen Fächer: auch wir Altphilologen sind von
ihr betroffen — jetzt schon! Und es steht zu erwarten, daß die Situation sich mit zuneh-
mend rigiderer Einstellungspolitik in den einzelnen Bundesländern und immer enge-
rem Spielraum auf dem Stellensektor im Schulwesen privater Trägerschaft in nächster
Zeit noch deutlich verschärfen wird. Diese Realität ist es, die den Funktionsträgern
und Mitgliedern des DAV klar und deutlich vor Augen gerückt werden muß. So rüh-
rend und sicher auch berechtigt die Sorge des DAV um die Pensionäre ist (s. Mittei-
lungsblatt des Landesverbandes NRW 4/87 S. 3): hier steht die nachwachsende
Altphilologen-Generation auf dem Spiel, die nach intensiver Ausbildung in den Semi-
naren von der Ausübung des gelernten Berufs ausgeschlossen wird. Ihr muß die Auf-
merksamkeit des DAV in noch höherem Maße gelten!
Wie viele meiner ehemaligen Referendarskolleginnen und -kollegen aus dem Latein-
seminar, deren Berufsethos es indiskutabel erscheinen ließ, die gewählte berufliche
Aufgabe mir nichts dir nichts gegen einen billigen Job einzutauschen, bemühte auch
ich mich nach dem zweiten Examen um eine berufliche Chance. Auch an dieser Situa-
tion zeigt sich Typisches. Als „Einzelkämpfer" geht man daran, Privatschulen im ge-
samten Bundesgebiet anzurufen und sich nach Einstellungsmöglichkeiten zu erkundi-
gen; bietet sich eine noch so schwache Aussicht, schickt man wieder und wieder Be-
werbungsschreiben. Zahllose Telefonate werden geführt, um im Dickicht des födera-
tiv (des-)organisierten öffentlichen Schulwesens fachspezifische Einstellungskorridore
in den Bundesländern zu erkunden, Termine für Bewerbungsfristen zu erfahren, Mög-
lichkeiten für eine Einstellung als Krankenvertretung oder Schwangerschaftsvertretung
zu sondieren. Und dazwischen brodelt immer wieder die Gerüchteküche, weckt Er-
wartungen, die sich alsbald nach den offiziellen Verlautbarungen als unbegründet er-
weisen. Jeder sucht für sich mit mehr oder weniger Erfolg die Nische, die ihm das Aus-
harren im Beruf ermöglicht, um, sobald sich der nächste Lehrermangel abzeichnet
und Altsprachler aufgrund der desolaten Altersstruktur der Fachvertreter wieder ge-
sucht werden, auf dem Plan zu sein. Ich versage es mir, hier von meinen eigenen be-

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