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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 31.1988

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Nr. 3
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Buchbesprechungen
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Behr, Karsten: Die Neubearbeitung der Ianua Nova
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https://doi.org/10.11588/diglit.35869#0091

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(symbolisiert Richtung der Prädikatshandlung) zum Dativobjekt ab. Positiv ist anzumerken, daß
in § 61 und 72 Begriffe wie Zeitstufe und Simplex übersichtlich und einprägsam vorgestellt werden.
Auf eine Begriffsdefinition kommt es sicherlich an, wenn das Partizip zu den infiniten Verbfor-
men gerechnet wird (§ 82). In § 91 wird anhand des Konjunktiv Präsens die Chance einer über-
sichtlichen Darstellung (Kennvokal -a) gut genutzt. Obgleich die Verfasser doch von der Funktion
ausgehen, versäumen sie, bei der Einführung des Konjunktiv Imperfekt als Irrealis zugleich von
der Zeitstufe der Gegenwart zu sprechen. Durchaus sinnfällig führen die Autoren den Terminus
Determinativpronomen (is, ea, id) ein, um in die Untergruppen Demonstrativ- und Personalpro-
nomen aufzugliedern. Die Bezugnahme auf einen Antezedenten wird freilich unterschlagen. Gut
gelungen erscheint hinsichtlich des Partizips die Terminologie (prädikativ, coniunctum, satzwer-
tig, dominant) und deren Erklärung (§107-111). Hilfreich dürfte in jedem Fall sein, daß die Be-
gleitgrammatik den Schülern häufig eine Übersetzungsanleitung an die Hand gibt und ihnen aus-
führlich die Funktionen des deutschen Konjunktivs erläutert.
3.2. Anmerkungen zu Müller
In den Mitteilungen des Deutschen Altphilologenverbandes, Landesverband Niedersachsen, er-
schien im Dezember 1987 ein Aufsatz, in welchem Alexander Müller unter dem harmlosen Titel
'Zur Begleitgrammatik der lanua Nova' teilweise harsche Kritik an der Neufassung übt. Einiges sei
hier kurz aufgegriffen. Die BGr unterläßt es, die substantivische Füllung des Prädikatsnomens
und andere Übersetzungen des Passivs als die wörtliche zu thematisieren. Müller bemängelt zu
Recht die dubiosen Ausführungen zu den Demonstrativpronomina. Anstatt banal auf die Über-
setzung von hic und ille sowie deren Verwendung (näher / entfernter) zu verweisen, kann ille
laut BGr nur von entfernt stehenden Zuschauern verwendet werden oder bedeutet: „in illo libro
Sallusti — in dem bekannten Werk des Sallust (das man sogar 'ganz hinten' kennt)". Zu apodik-
tisch urteilt Müller, wenn er behauptet, die BGr unterschlage die Lösung von Partizipialkonstruk-
tionen, in denen das Hauptverb dem Partizip untergeordnet werden müsse, da in seinem Beispiel
„Marcus litteris missis mihi gratulatus est" auch modale Übersetzung in Frage kommt. Ein grund-
legendes didaktisches Problem schneidet Müller an, indem er darauf verweist, daß auch im Latei-
nischen das Partizip keineswegs — wie von der BGr insinuiert — seine gedankliche Fügung er-
kennen lasse. Besonderes Interesse kann erheischen, was der Autor zum Tempusgebrauch zu sa-
gen hat. Er zeigt, daß das deutsche Perfekt „zeitlich indifferent" ist („Wann hast du endlich auf-
geräumt?") und die Differenzierung in konstatierendes und resultatives Perfekt (§ 56) — wenn
überhaupt sinnvoll — Schülern anhand der Beispiele in der BGr kaum verständlich gemacht wer-
den kann. Schließlich sei noch der Beispielsatz „Studium nostrum deae gratum sit" (§ 90) er-
wähnt, der als lussiv (!) für Müller eine Blasphemie darstellt. Dies sind nur einige Kritikpunkte
Müllers, dessen konstruktive Ausführungen bisweilen über die spezielle Behandlung dieser BGr
hinaus allgemeine Probleme grammatischer Erklärung berühren.
Resümee
Die Neubearbeitung der IANUA NOVA ermöglicht eine solide, fundierte und gründliche Aneig-
nung der lateinischen Sprache. Sie bereitet zugleich das Spektrum antiken Erlebens aus, ohne
prägende Elemente auszulassen. Das Thema Krieg streift sie eher am Rande und gibt damit die
einseitige Ausrichtung auf Caesar auf. Nach der Arbeit mit der IANUA erscheint ein Lektüre-
schock ausgeschlossen, da die Texte um Variatio und einen entsprechenden Schwierigkeitsgrad
bemüht sind. Die Fülle sachlicher Informationen schränkt die Rolle des Lehrers als interessanten
Erzählers ein, während er andererseits das knappe Übungsmaterial ergänzen dürfte. Bei der Ar-
beit mit der Begleitgrammatik wird der Lehrer oft eigene Wege beschreiten müssen, da deren Er-
klärungen und Beispiele mehr als einmal fragwürdig sind. Conclusio: Mit der IANUA NOVA wird
Lehrern und Schülern ein Unterrichtswerk an die Hand gegeben, mit dessen Hilfe man Latein
lehren und lernen kann.
KARSTEN BEHR, Geschwister-Scholl-Str. 5, 3380 Goslar

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