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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 31.1988

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Nr. 4
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Leserbriefe zur Lehrerarbeitslosigkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.35869#0106

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in die Wirtschaft zu stecken, spezifische Aspekte? Zunächst ist natürlich für mich der
Kontrast Antike, Mittelalter und heutiges Wirtschaftsleben faszinierend genug, um im-
mer neue intensive Denkanstöße zu erhalten: Das ist der Nutzen, den ich daraus zie-
he. Das Unternehmen hat ebenfalls eher einen indirekten Nutzen aus meiner Ausbil-
dung: Altphilologen und Historiker haben einen langen Überblick, sie denken nicht,
wie so viele Wirtschaftsleute, kurzfristig. Auch humane Aspekte können durch diesen
Überblick verstärkt werden. So lohnt es sich vielleicht auch für die Firma, daß da einer
mitmischt, der das Leben von mehreren Seiten und mit,,historischem Tiefgang" be-
leuchten kann. Daß Bildung und Rhetorik in den unvermeidlichen kaufmännischen
,,Smalltalks" von ausgesprochenem Vorteil sind, haben wir inzwischen mehr als ein-
mal erfahren; unsere Mitbewerber haben gehörigen Respekt vor uns, und das ist
manchmal bares Geld wert.
Das klingt alles sehr positiv. Bin ich glücklich in diesem neuen Beruf? Sie kennen mein
Engagement als Lehrer und daher die Antwort, daß mein jetziger Weg die zweitbeste
Lösung ist und bleibt. Daß ich definitiv weiß, daß mir mein Chef den Absprung in eine
Stelle als Lehrer nicht verübeln würde, erleichtert mir mein Leben; dieser Umstand ist
aber ein absoluter Ausnahme- und damit Glücksfall. Tatsächlich glaube ich nicht recht
an eine Chance als Lehrer, schon gar nicht im öffentlichen Schulsystem, aber vielleicht
habe ich mit meiner Vielseitigkeit, die ja durch die kaufmännische Ausbildung noch
deutlich erhöht wird, Möglichkeiten, zu einem späteren Zeitpunkt wieder bildend tä-
tig zu werden. Latein wird das dann freilich nicht sein. Die Antike, und was in ihr
steckt, werden mich aber begleiten und sicherlich auf das, was ich mache, und darauf,
wie ich es mache, Auswirkungen haben. Insofern kann ich nur allen zweifelnden Kol-
len Mut machen: Wo auch immer sie ihren Mann stehen, was wir gelernt haben,
bleibt uns und wird in irgendeiner indirekten, sublimen Form in unsere Tätigkeit aus-
strahlen, was sie auch sei.
RAINER THiEL, An der Bringenburg 10, 4531 Lotte-Wersen

Sehr geehrter Herr Dr. Nickel,
von Ihrem Beitrag im letzten ^Mitteilungsblatt" (2/88) fühle ich mich sehr stark ange-
sprochen. Ich meine auch, daß sich die Fachverbände stärker um den Nachwuchs
kümmern müssen. Es wird zwar bei uns in Baden-Württemberg viel getan für die Wei-
terbildung der Altphilologen, aber zu wenig für das Fortbestehen der humanist. Gym-
nasien, wenigstens auf lange Sicht, ich fürchte, in etwa 10 Jahren wird man wieder
nehmen, was sich grad anbietet, und ich weiß nicht, ob die klassischen Sprachen die-
sen Zustand nochmals überleben. Den Katalog Ihrer Vorschläge sollte man, glaube
ich, noch erweitern. Man sollte feststellen, über die Landesverbände, an welchen
Gymnasien Latein unterrichtet wird, bzw. Latein und Griechisch, und wie die Alters-
struktur der unterrichtenden Lehrer ist. Über die jeweiligen FAL ließe sich das leicht
machen. Ich kann mir nicht denken, daß ein solcher Versuch gegen den Datenschutz
verstößt. Eine solche Statistik könnte für die Personalräte bei den Kultusministerien ein
nützliches Druckmittel und für die zuständigen Behörden vielleicht sogar eine Ent-
scheidungshilfe sein.
DR. AucusiA HöNLE, StD' am Albertus Magnus-Gymn., Bismarckstr. 2, 7210 Rottweil

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