Münter, Balthasar; Struensee, Johann Friedrich ¬von¬ [Bearb.]: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen und Königlichen Dänischen Geheimen Cabinetsministers Johann Friederich Struensee (Frankfurt & Leipzig, 1772) [VD18 13497685]

daß diese Formeln, wenn ich mich nicht vollkommen
in Ihren Fall setzen könnte ? nicht recht anpaffend auf
ihren Zustand und Ihre jedesmaligen Empfindungen
wären. Ich halte es also für besser, daß Sie allein
Ihr Gebet vor Gott darbringen, da Sie es können,
und nicht nöthig haben, meine Empfindungen und
Worte gleichsam zu borgen. Sollte ich aber wahr-
nehmen , daß Sie etwa ganz nahe am Tode, Ihre
Gedanken nicht selbst zusammenfaffen könnten, so will
ich Sie im Gebet zu unterstützen suchen. Er antworte-
te , daß er sehr oft bete, indem er nemlich mit Erhe-
bung seines Herzens zu Gott Selbstgespräche in seinem
Herzen hielte, sich zur Beybehaltung und mehrerer
Berichtigung seiner Gesinnungen ermunterte und Gott
auch selbst anredete und ihn um Beystand und Gnade
für sich und seine Freunde anriefe.
Er bat wich um einige Predigten von Cramer. Zu-
gleich möchte ich ihm doch den Meßias mitbringen. Er
habe es mehr als etnmahl versucht dieß Gedicht zu le-
sen , aber nie Geschmack daran finden können. Ohne
Zweifel aber habe die Schuld an ihm gelegen, weil er
sich mit den Wahrheiten der Religion, auf die es ge-
gründet sey, nicht bekannt gemacht gehabt, sie auch
nicht für wichtig gehalten habe. Itzt da er mehr
Erkenntniß davon habe , und ganz anders dar-
über denke, welle er es doch wieder versuchen, ob
nicht auch Klopstock gute Empfindungen in seiner See-
le veranlassen würde.
Dreyßrgste Unterredung, den 2isten April.
/K^O weit ich nun den Grafen Struensee beurtheilen
konnte, und ich sah ihn fast täglich, beobachtete
ihn sehr genau und verglich sein ganzes Verhalten mit
seinen 2vorlen glaubte ich mit ihm zufrieden feyu zu
dürfen. Wenigstens war ich gewiß» daß alle/dierhu
vor-