Hans Rott
zu Baden-Baden ab, so ist bis jetzt für die Hauptstadt der unteren Markgrafschaften kein greifbarer
Künstlername für diese Epoche bekannt geworden. Aus Akten und Rechnungen der ehemaligen freien
Reichsstadt Hagenau, dem Sitz der einstigen Landvogtei, und aus spärlichen Urkunden der Oosstadt taucht
nun für das letzte Viertel dieses Jahrhunderts die Persönlichkeit eines Malers und Bildhauers auf, den wir
füglicherweise als Hofmaler Clemens von Baden bezeichnen können, da seine besondere Stellung
zum badischen Hof diese Benennung rechtfertigt.
Im Jahre 1478 wird sein Name erstmalig genannt; wir erfahren hierbei, daß er mit seiner Frau
Barbara zwei Häuser unterhalb des fürstlichen Bades, am vornehmsten Platz der Stadt, etwa an der Stelle
der späteren Jesuitenkirche (jetzt Darmstädter Hof) besaß1, von denen er das rückwärts gelegene 1479
seinem Gönner, dem Markgrafen Christof, um 50 rheinische Gulden ab trat, was darauf hindeutet, daß
Meister Clemens kein unvermögender Künstler am Orte war. Der ihm gewogene Fürst befreite ihn damals,
wie die Urkunde vom 1. Mai 1478 besagt, »von sundern unsern Gnaden und williger Dienste wegen,
die Clemens, Maler, mit sinem Handtwerck uns bisher getan hat und furbaßer tun sol«, auf Lebenszeit
von allen Steuern und Frondiensten; wenige Tage später erließ Christof seinem »Werckman« Clemens in
gleich anerkennenden Worten die Abgabesteuer für den Verkaufsladen (»Gaden«) am Chor der dortigen
Stiftskirche, den er dem Maler vor kurzem in Pacht gegeben hatte. Und alljährlich ließ er ihm auf
Martini 6 Malter Korn aus dem fürstlichen Speicher umsonst verabreichen, »umb das der genant Clemens
desterbaß zu Baden bliben möge2 3«.
Clemens beschäftigte dauernd mehrere Gesellen, und seine Badener Werkstatt arbeitete, wie wir
im folgenden sehen werden, für einen weiten Umkreis, namentlich auch überrheinisch8. Gerade für sein
linksrheinisches Arbeitsgebiet stehen uns, im Gegensatz zu dem kümmerlichen Aktenmaterial Alt-Badens,
reiche und in seltener Vollständigkeit erhaltene Rechnungsbestände samt den Kirchenakten von St. Georg in
Hagenau zur Verfügung, die für die oberrheinische Kunstgeschichte hier zum erstenmal verwertet werden4.
Sämtliche einheimischen und auch Straßburger Künstler wie unseren Badener Meister beschäftigte das
dortige reiche St. Georgen werk5 * *, und wir können angesichts der lückenlosen Rechnungsreihe (von ca. 1450
an) fast mit Sicherheit behaupten, daß darin kein eingesessener Hagenauer Künstler dem Namen nach
fehlt, was von Wichtigkeit ist im Hinblick auf Personen wie Nicolaus von Hagenau bzw. Hagenauer,
Lux Kotter, Veit und Hans Wagner, Georg Töber u. a. ortsentstammte, aber auswärts tätige Meister.
Spätestens mit dem Jahr 1484 beginnt die Tätigkeit des Malers Clemens für den Vorort der elsässischen
Landvogtei. Damals malte er für die dortige St. Georgskirche um 22 Gulden ein großes Fastentuch —
»Hungertuch« — mit Darstellungen aus dem alten und neuen Testament und brachte es am 16. Juni 1485
1 Vgl. H. Rott, Baden-Baden im 16. u. 17. Jahrhundert, in Z. für die Gesch. d. Oberrh.2, XLI (1927), 43.
2 Karlsr., G. L. Arch., Kpb. 58, fol. 66 zum 25. April 1478 u. fol. 67 zum 4. Mai 1478; Kpb. 54, fol. 33 zum 1. Mai
1478 und Urk., Baden-Stadt 13/8 zum 22. April 1479; teilw. abgedruckt bei Rott, 1. c. p. 44 u. 52 f. — Anzeiger f. Kunde d. d.
Vorzeit V (1836), 376 f. — Vollständiger Abdruck dieser Stücke sowie des gesamten urkundlichen, auf Hagenau bezüglichen
Materials für das Folgende in dem in Vorbereitung befindlichen Jahresheft des Bulletin de la socidte d’histoire et d’archeo-
logie von Hagenau 1928.
3 Hagenau, Stadtarch., G. G. zu 1485/86 u. 1488.
4 Ich danke an dieser Stelle in besonderem Maße Dr. Gromer, dem um die Heimatgeschichte verdienten Direktor
des Hagenauer Stadtarchivs und -museums, für seine liebevolle Mithilfe.
B »La fabrique ou Oeuvre de Saint-George dtait au XVe sifecle des plus florissantes«. A. Hanauer, Le protest. ä
Haguenau, in Revue d’Alsace. Suppl. IV (1905), 30 f.
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zu Baden-Baden ab, so ist bis jetzt für die Hauptstadt der unteren Markgrafschaften kein greifbarer
Künstlername für diese Epoche bekannt geworden. Aus Akten und Rechnungen der ehemaligen freien
Reichsstadt Hagenau, dem Sitz der einstigen Landvogtei, und aus spärlichen Urkunden der Oosstadt taucht
nun für das letzte Viertel dieses Jahrhunderts die Persönlichkeit eines Malers und Bildhauers auf, den wir
füglicherweise als Hofmaler Clemens von Baden bezeichnen können, da seine besondere Stellung
zum badischen Hof diese Benennung rechtfertigt.
Im Jahre 1478 wird sein Name erstmalig genannt; wir erfahren hierbei, daß er mit seiner Frau
Barbara zwei Häuser unterhalb des fürstlichen Bades, am vornehmsten Platz der Stadt, etwa an der Stelle
der späteren Jesuitenkirche (jetzt Darmstädter Hof) besaß1, von denen er das rückwärts gelegene 1479
seinem Gönner, dem Markgrafen Christof, um 50 rheinische Gulden ab trat, was darauf hindeutet, daß
Meister Clemens kein unvermögender Künstler am Orte war. Der ihm gewogene Fürst befreite ihn damals,
wie die Urkunde vom 1. Mai 1478 besagt, »von sundern unsern Gnaden und williger Dienste wegen,
die Clemens, Maler, mit sinem Handtwerck uns bisher getan hat und furbaßer tun sol«, auf Lebenszeit
von allen Steuern und Frondiensten; wenige Tage später erließ Christof seinem »Werckman« Clemens in
gleich anerkennenden Worten die Abgabesteuer für den Verkaufsladen (»Gaden«) am Chor der dortigen
Stiftskirche, den er dem Maler vor kurzem in Pacht gegeben hatte. Und alljährlich ließ er ihm auf
Martini 6 Malter Korn aus dem fürstlichen Speicher umsonst verabreichen, »umb das der genant Clemens
desterbaß zu Baden bliben möge2 3«.
Clemens beschäftigte dauernd mehrere Gesellen, und seine Badener Werkstatt arbeitete, wie wir
im folgenden sehen werden, für einen weiten Umkreis, namentlich auch überrheinisch8. Gerade für sein
linksrheinisches Arbeitsgebiet stehen uns, im Gegensatz zu dem kümmerlichen Aktenmaterial Alt-Badens,
reiche und in seltener Vollständigkeit erhaltene Rechnungsbestände samt den Kirchenakten von St. Georg in
Hagenau zur Verfügung, die für die oberrheinische Kunstgeschichte hier zum erstenmal verwertet werden4.
Sämtliche einheimischen und auch Straßburger Künstler wie unseren Badener Meister beschäftigte das
dortige reiche St. Georgen werk5 * *, und wir können angesichts der lückenlosen Rechnungsreihe (von ca. 1450
an) fast mit Sicherheit behaupten, daß darin kein eingesessener Hagenauer Künstler dem Namen nach
fehlt, was von Wichtigkeit ist im Hinblick auf Personen wie Nicolaus von Hagenau bzw. Hagenauer,
Lux Kotter, Veit und Hans Wagner, Georg Töber u. a. ortsentstammte, aber auswärts tätige Meister.
Spätestens mit dem Jahr 1484 beginnt die Tätigkeit des Malers Clemens für den Vorort der elsässischen
Landvogtei. Damals malte er für die dortige St. Georgskirche um 22 Gulden ein großes Fastentuch —
»Hungertuch« — mit Darstellungen aus dem alten und neuen Testament und brachte es am 16. Juni 1485
1 Vgl. H. Rott, Baden-Baden im 16. u. 17. Jahrhundert, in Z. für die Gesch. d. Oberrh.2, XLI (1927), 43.
2 Karlsr., G. L. Arch., Kpb. 58, fol. 66 zum 25. April 1478 u. fol. 67 zum 4. Mai 1478; Kpb. 54, fol. 33 zum 1. Mai
1478 und Urk., Baden-Stadt 13/8 zum 22. April 1479; teilw. abgedruckt bei Rott, 1. c. p. 44 u. 52 f. — Anzeiger f. Kunde d. d.
Vorzeit V (1836), 376 f. — Vollständiger Abdruck dieser Stücke sowie des gesamten urkundlichen, auf Hagenau bezüglichen
Materials für das Folgende in dem in Vorbereitung befindlichen Jahresheft des Bulletin de la socidte d’histoire et d’archeo-
logie von Hagenau 1928.
3 Hagenau, Stadtarch., G. G. zu 1485/86 u. 1488.
4 Ich danke an dieser Stelle in besonderem Maße Dr. Gromer, dem um die Heimatgeschichte verdienten Direktor
des Hagenauer Stadtarchivs und -museums, für seine liebevolle Mithilfe.
B »La fabrique ou Oeuvre de Saint-George dtait au XVe sifecle des plus florissantes«. A. Hanauer, Le protest. ä
Haguenau, in Revue d’Alsace. Suppl. IV (1905), 30 f.
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