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Oberrheinische Kunst — 3.1928

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Haupt, Georg: Nachträgliches zur deutschen Kaiserkrone
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https://doi.org/10.11588/diglit.53860#0115

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Notizen

Nachträgliches zur deutschen Kaiserkrone
Von Georg Haupt
Im ersten Band der neuen Folge des Jahrbuches der kunsthistorischen Sammlungen in Wien hat
Weixlgärtner den Beständen der weltlichen Schatzkammer eine umfassende und inhaltreiche Untersuchung
gewidmet. Auch zur Entstehung der deutschen Kaiserkrone bringt er neues Material. Seine Arbeit hat
sich mit unserem Aufsatz auf S. 79 ff. des vorigen Jahrganges unserer Zeitschrift gekreuzt. Soweit die
Ergebnisse beider Untersuchungen sich zu widersprechen scheinen, sei daher eine kurze Nachprüfung gestattet.
Weixlgärtner kommt auf die alte Hypothese von Bock zurück, der Kronreif der deutschen Kaiser-
krone sei identisch mit der Burgunderkrone, die Rudolf der Träge 103s an Konrad II. überwiesen hat. Diese von
Bock lose geäußerte Vermutung sucht Weixlgärtner durch eine eingehendere Prüfung zu stützen. Nach seiner
Ansicht steht es fest, daß die Krone, die Konrad II. bei seiner Krönung in Rom 1027 getragen hat, von
ihm an das Kloster in Cluny gegeben und dort 1030 bei einer Hungersnot eingeschmolzen wurde. Der
vorhandene Kronreif der deutschen Kaiserkrone kann daher nach Bock-Weixlgärtner nicht bei der Kaiser-
krönung 1027 benutzt worden sein. Diese Angabe stützt sich auf zwei Notizen in den Acta Sanctorum.
Dort heißt es in der Lebensbeschreibung des hl. Hugo, des Abtes von Cluny (1049—1109), Acta SL tom. III,
d. 19. April, p 655: Ilio in tempore Henricus secundus Imperator (das ist Heinrich III.) regni apicem
strenuissime gubernabat: cuius pater Augustus (das ist Konrad II.) insignia, quae Romae gestavit in regni
adeptione, Cluniaco delegavit. Die eingeklammerten Worte sind Zusätze von Weixlgärtner. In diesem
Bericht beruhen nun die Worte pater Augustus zweifellos auf einem Irrtum des Biographen. Nicht der
kaiserliche Vater Heinrich III., sondern sein zweiter Vorgänger Heinrich II. hatte die insignia, quae Romae
gestavit in regni adeptione dem Abt Odilo von Cluny geschenkt. Diese Tatsache ist durch verschiedene
eingehende Berichte bezeugt (s. oben S. 81 und 82). Daß sein Nachfolger Konrad diese Schenkung nach-
geahmt hätte, wird außer an unserer Stelle nirgends erwähnt, ist auch bei dessen Gesinnung so unwahr-
scheinlich wie möglich. Es ist immer mißlich, den Wortlaut einer Quelle zu korrigieren. Aber in diesem
Fall ist der Sachverhalt so deutlich, daß an der Richtigkeit der Korrektur kein Zweifel bestehen kann.
Die zweite Notiz steht im Leben des hl. Odilo, Abt von Cluny, 994—1049 (Acta SL. tom, I,
d. 1. Jan., p. 72): Praesertim quodam tempore, dum fames valida Aquitaniae fines vehementer affligeret, ac
plurimas Galliarum provincias pestilenter arctaret, exhaustis iam in pauperum usus aerariis — mox etiam
plurima sacrarii vasa confregit, insignia ecclesiae ornamenta distraxit, coronae quoque quam sibi
Imperator Henricus ob sui memoriam destinaverat, non pepercit. Übereinstimmend mit
der sonstigen Tradition von Cluny steht hier ganz deutlich, daß die Krone vom Kaiser Heinrich geschenkt
war, nämlich von Heinrich II. Weixlgärtner nimmt aber an, in diesem Fall handele es sich um ein
Versehen des Biographen und statt Heinrich sei Konrad zu schreiben. Dieses ganze Mißverständnis ist nur
entstanden, weil Bock und Weixlgärtner bei ihrer Untersuchung die Daten über die Schenkung Heinrich II.
nicht zur Hand hatten. Tatsächlich besitzen wir kein historisches Zeugnis dafür, daß die Krone von 1027
drei Jahre später in Cluny zu Grunde gegangen sei. Einer Annahme, sie sei uns in der deutschen Kaiser-
krone erhalten, steht von dieser Seite nichts im Wege.
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