Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Oberrheinische Kunst — 3.1928

DOI Artikel:
Reinhardt, Hans: Die Urkunden und Nachrichten über den Basler Münsterbau bis zum Jahre 1300
DOI Artikel:
Kautzsch, Rudolf: Ein frühes Werk des Meisters der Straßburger Ekklesia
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53860#0143

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rudolf Kautzsch / Ein frühes Werk des Meisters der Straßburger Ekklesia
angebaut worden. Sie stammen in der Hauptsache aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die erste ist
1236 in Vorbereitung, es folgen Gründungen bis 1266. Die Kathedrale von Amiens besaß eine erste
Kapelle erst 12Q21. Es ist überraschend, wie früh das Basler Münster dem Vorbild der Pariser Kathe-
drale gefolgt ist.
Wir brechen hier ab. Für die Kapellenanbauten des 14. Jahrhunderts wie für die späteren
Arbeiten am Münster überhaupt hat Stehlin im weiteren die schriftlichen Quellen für die Baugeschichte
des Münsters schon zu Rate gezogen und in vorbildlicher Weise verarbeitet. Aber auch sonst liegt hier
eine Zäsur. Nicht nur ist 1300 die klassische Bauzeit am Münster abgeschlossen, auch im allgemeinen
geht damals die große Epoche des hohen Mittelalters zu Ende. Die Figuren an der Fassade, die aus der
Vorhalle übriggeblieben sind, verfallen bereits in die Manier des 14. Jahrhunderts, und die erste Kapelle
durchbricht den klaren Kathedralplan des spätromanischen Münsters.
Durch die Nachrichten, die wir zusammentragen konnten, werden wir trotz ihrer Spärlichkeit
doch mit mancher interessanten Einzelheit des Münsters bekannt gemacht, ja selbst der Gesamtcharakter
von Bau und Zeit kommt recht lebendig und eindrucksvoll zur Geltung. Wir hören davon, wie im Ende
des 12. Jahrhunderts das Münster aufgerichtet wird von einem heroischen Geschlecht, das noch dem Zeit-
alter der Kreuzzüge angehört, erfahren dann im folgenden Jahrhundert mancherlei, wie das Münster im
Innern eingerichtet und ausgebaut wurde, wie die Heiligtümer endlich anfangen zu überwuchern und die
Zeit der Auflösung, das späte Mittelalter beginnt.
Ein frühes Werk des Meisters der Straßburger Ekklesia
Von Rudolf Kautzsch
Das archäologische Museum der Stadt Besannen, ein typisches französisches Provinzmuseum, be-
wahrt neben allerlei römischem Bildwerk und neben zahlreichen zum Teil herrlichen Tonskizzen der
Barockzeit auch einige schöne mittelalterliche Stücke. Unter ihnen mögen den deutschen Besucher bald
drei „Büsten“ mit besonderer Gewalt anziehen. Wo hat man doch diese stolze entschiedene Wendung
des Kopfes über feinen schmalen Schultern, die der Mantel straff umspannt, gesehen (Taf. 55), wo dieses
seitliche, ein wenig geduckte Vorstoßen eines breiten Gesichts mit dem fächerartig ausgebreiteten Bart
(Taf. 56)? Die Fragen so formulieren heißt eigentlich schon sie beantworten. Die Erinnerung an
Straßburg steigt auf, an Kirche und Synagoge, an den Marientod, an den Engelpfeiler. Wirklich! wir
haben es in diesen Büsten mit dem letzten Überrest eines untergegangenen großen Werks des Meisters
der Straßburger Ekklesia zu tun. Ich will versuchen, das mit aller Umständlichkeit zu beweisen2.
1 Marcel Aubert, Notre-Dame de Paris. Sa place dans l’histoire de l’architecture du XHe au XIVe siede. Paris
1920, S. 159 —141. — Georges Durand, Monographie de l’eglise cathedrale Notre-Dame d’Amiens, Mem. Soc. Antiq.
Picardie. Paris et Amiens 1901 —1905.
2 Kollege Hamann, der in Frankreich alles gesehen und alles photographiert hat, hat natürlich auch diese Büsten
gesehen und photographiert. Er hat auch gesehen, daß sie „mit Straßburg zu tun haben“. Als ich mit ihm von den Büsten
sprach, die mir im Herbst 1927 bekanntgeworden sind, hat er bereitwillig darauf verzichtet, seinerseits der Sache weiter
nachzugehen. Ebenso großzügig hat er mir seine photographischen Aufnahmen zur Verfügung gestellt. Ich danke ihm
auch hier für dieses Entgegenkommen herzlich. Die Büsten sind übrigens schon mehrfach, wenn auch unzulänglich ver-
öffentlicht worden: von Gauthier im Bulletin archeologique du comite des travaux historiques et scientifiques 1895; ebenso
in den Memoires de la Societe d’emulation du Doubs 1897, und von E. M. Blaser s. unten: 1918. Unsere Abbildungen
sind nach neuen Aufnahmen des Photographen M. Meusy in Besancon hergestellt.

133
 
Annotationen