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Oberrheinische Kunst — 3.1928

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Cohn, Werner: Ein unbekanntes Frühwerk des Meisters des Breisacher Hochaltares
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https://doi.org/10.11588/diglit.53860#0117

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Notizen: Ein unbekanntes Frühwerk des Meisters des Breisacher Hochaltares

Ein unbekanntes Frühwerk des Meisters des Breisacher Hochaltares
Von Werner Cohn
Im Museum Unterlinden zu Kolmar befindet sich ein Relief „Das Martyrium der hl. Katharina“,
(Taf. 52 und 53) \ das durch seine hervorragende Qualität zu einer näheren Untersuchung herausfordert.
Es stammt aus dem Katharinettenkloster zu Kolmar und soll als einziges Ausstattungsstück dieses Klosters
erhalten sein. Die Fassung ist alt1 2; auch sonst ist der Erhaltungszustand ein guter. Das Relief mißt 55 X 65 cm,
man könnte es sich also als die eine (obere oder untere) Hälfte eines Altarflügels denken.
Die Frage nach dem Meister ist nicht schwer zu beantworten. Auf den ersten Blick gibt das
Relief sich als ein Werk des Meisters des Breisacher Hochaltares zu erkennen, und eingehende Vergleiche
können dies Urteil nur bestätigen.
Schon der Reliefstiel ist mit authentischen Werken des Meisters HL, etwa den Niederrotweiler
Flügeln, sehr verwandt. Es ist dieselbe lückenlose Füllung der Fläche von unten bis oben. Es ist keine
Rücksicht genommen auf das Vor und Zurück der einzelnen Figuren. Die ganze Komposition breitet sich
teppichartig übereinander in einer Ebene aus.
Ebenso zeigt die Gewandbehandlung dieselbe spätgotisch-barocke Faltenbildung, die für den
Breisacher Meister so charakteristisch ist. Nur ganz wenige Beispiele: Die Parallelfaltenmotive am Ärmel
des Schergen rechts unten wiederholen sich fast wörtlich am Ärmel des rechten Engels auf dem Engels-
kampf in Niederrotweil. Die geknotete Schärpe des vom Pferde zurückstürzenden Orientalen findet sich
fast identisch beim Joachim des Annenaltares im Freiburger Münster, und die wilde Schleife, die das
Gewand der hl. Katharina wirft, läßt sich durch zahlreiche ähnliche Bildungen auf Werken des Meisters
HL belegen.
Und ähnlich verwandt erscheint der Typus der Köpfe. Man vergleiche den alten Mann ganz
oben links auf dem Katharinenrelief mit dem Joseph des Annenaltares und den Tatarenkopf oben in der
Mitte mit dem Herodes auf dem Salometanz in Niederrotweil.
Ebenso zeigt die Behandlung des Nackten Übereinstimmungen. Wie das Knie des stürzenden
Reiters in seiner plastischen Bildung durchmodelliert ist, das erinnert unmittelbar an den hl. Florian auf
dem Holzschnitt Lößnitzer Nr. 27 (Taf. 13)3.
Auch die Kleidung stimmt in Einzelheiten in einer Weise überein, die über das der Zeittracht
Gemeinsame hinausgeht. Etwa der in zwei dicken Wulsten gedrehte Turban des Stürzenden, der auf dem
Kupferstich Lößnitzer Nr. 8 (Taf. 3) genau wiederkehrt.
Am schlagendsten beweist jedoch die Identität des Künstlers das Motiv des von Cherubim
umgebenen, die Arme aus breitenden Gottvater, das unser Meister ganz besonders zu lieben scheint. Auf
den Niederrotweiler Flügeln wiederholt er es ganz getreu gleich zweimal. Diese Einzelheiten zusammen
mit der gesamten Reliefauffassung lassen die Zuschreibung des Reliefs an den Meister HL als vollkommen
gesichert erscheinen.
1 Die Photos stellte in denkenswerter Weise Herr cand. hist. art. Joseph Ernst zur Verfügung.
2 Entgegen der Angabe von Fr. X. Kraus, Kunst und Altertum in Elsaß-Lothringen II, S. 377.
3 Hans Leinberger, herausg. von Max Lößnitzer. Graph. Gesellschaft XVIII. Veröffentlichung. Berlin 1913.
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