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Oberrheinische Kunst — 3.1928

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Berichte

Basel: Öffentlidie Kunstsammlung
Das erste Halbjahr 1928 brachte den Auszug der Ge-
mäldegalerie und der Verwaltungsräume aus ihrem alten
Heim im Obergeschoß des Museums, in dem unsere Samm-
lung seit seiner Erbauung im Jahre 1849 untergebracht war
und dessen Räume ihren äußeren Eindruck bisher bestimmt
hatten. In den Bildersälen der neueren Meister konnte zuvor
noch von Januar bis März eine Reihe bedeutender fran-
zösischer Bilder von Ingres, Delacroix, Corot, Courbet und
Renoir, großenteils als Leihgaben von Dr. Hans Graber, aus-
gestellt und in dem Raum der lebenden Schweizer Maler
unserer jüngsten Generation eine recht erwünschte Um-
hängung vorgenommen werden. Mitte Mai wurden die
Museumsräume geleert, und es begann die Einrichtung der
bisherigen Ausstellungsräume des Kunstvereins in der Kunst-
halle für die Zwecke unserer Sammlung. Am 50. Juni waren
die Arbeiten beendigt und das Museum konnte in neuer
Gestalt wieder eröffnet werden,
Die fünf Säle des Erdgeschoßflügels sind den Werken
der altdeutschen Malerei eingeräumt. Der erste bildet mit
Altarflügeln und kleineren Bildern aus der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts sowie von Holbein d. Ä. und Hans
Fries den Auftakt, während der nächste lichte Raum die
farbige Pracht der Konrad Witz-Tafeln entfaltet. Es folgt
der Hauptsaal mit den Werken Hans Holbeins d. J., zu denen
sich einzelne besonders wichtige Bilder Ambrosius Holbeins,
Baldung Griens, Cranachs und Grünewalds gesellen. Der
vierte Saal enthält die größeren Tafeln Baldungs, die Bilder
Breus und Altdorfers und vor allem die der Schweizer Zeit-
und Artgenossen: des Niklaus Manuel, Urs Graf, Hans Leu,
Hans Funk, endlich die großen Bildnisse Tobias Stimmers.
Der letzte Raum ist für die ständige Ausstellung der Hand-
zeichnungen Hans Holbeins eingerichtet worden, die an den
Oberwänden von den fünf Passionsbildern aus Holbeins Werk-
statt begleitet sind.
Im Treppenhaus und im Vorraum des Obergeschosses
sind größere Skulpturen von Johannes Hoffmann und Karl
Burckhardt aufgestellt und ist mit Bildern von Hodler, Welti.
Buri, Amiet, Giacometti und Huber auf die neueren Schweizer
hingewiesen. Im ersten Teile des großen Hauptsaals sind
unsere Hauptwerke von Koller, Stäbli und Schider, vor allem
aber die stattlichen Werke der Deutschrömer Feuerbach
und Hans von Marees zur Geltung gebracht. Sie führen
hinüber zu unserer reichen Sammlung von Bildern Arnold
Böcklins, denen der größte Teil des festlichen Raums ein-

geräumt ist und deren farbige Kraft ihm sein Gepräge gibt.
Der anschließende kleinere Raum beherbergt Thoma, Se-
gantini, Stauffer-Bern, Welti, Brühlmann, vor allem aber
Hodler und Munch. Ein kleineres Seitenlichtkabinett ent-
hält unseren Besitz an französischen Meistern (Daumier,
Courbet, Pissaro und Renoir), daneben Werke von Franz
Buchser, Hans Sandreuter u. a.
Eine Reihe bezeichnender Bilder der älteren Schweizer
Meister des 19. Jahrhunderts wurden in einem Erdgeschoß-
raum des Bachofen-Hauses im Anschluß an die Nazarener
der Sammlung Lindner neu gehängt, so insbesondere Zünd,
Vautier, Gleyre, Koller, Anker, Stückelberg, Schider, Sand-
reuter u. a. Die Werke der lebenden Basler und Schweizer
Maler haben bisher noch keine befriedigende Unterkunft ge-
funden; es ist möglich, daß im Untergeschoß der Kunst-
halle geeignete Räume für sie eingerichtet werden können.
Der bedeutendste Besitz der Kunstsammlung, durch die Namen
Witz, Holbein und Böcklin angedeutet, ist jedenfalls durch
seine neue, als Provisorium bis zur Vollendung des geplanten
Kunstmuseums gedachte Aufstellung in einer anständigen und
würdigen Form der Öffentlichkeit wieder zugänglich ge-
macht.
Das Programm für den Museumsbau selber ist nunmehr
so weit festgestellt, daß es als Grundlage für einen Ideen-
wettbewerb unter sämtlichen schweizerischen Architekten
Anfang August veröffentlicht werden konnte. Das Ergebnis
ist bis zum Ende des Jahres zu erwarten.
Die Neuerwerbungen der Sammlung bewegten sich einmal
auf dem Gebiet der neueren, insbesondere der gegenwärtigen
Malerei. Außer einer sehr frischen Landschaft am Starn-
berger See von J. G. Steffan (um 1850) wurde das im letzten
Bericht schon genannte Hauptwerk »Die Trinker« von J. J.
Lüscher, sodann aus den Nachlaß-Ausstellungen der jung
verstorbenen Basler Maler Hermann Scherer und Albert
Müller, drei wichtige Bilder des ersteren und zwei des
letzteren erworben. Außerdem gelangten Bilder von Breiten-
stein, Stöcklin und Hindenlang in unseren Besitz. Ein Bild-
chen von Daumier wurde der Sammlung gestiftet, ebenso
ein Werk des älteren Holländers J. C. Droochsloot.
Wichtiger noch sind die Neuerwerbungen auf dem Ge-
biet der heimischen altdeutschen Kunst. Einer Anregung
Dr. Riggenbachs zufolge gelang es,r einige sehr bedeutende
Fragmente von Wandgemälden, die sich unbeachtet unter
den Dächern der St. Peterskirche erhalten hatten und vom
Untergang bedroht waren, abnehmen und auf Leinwand

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