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Oberrheinische Kunst — 3.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.53860#0197

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Berichte: Heidelberg (Kurpfälzisches Musum)

zahlreichen, zum Teil wertvollen Zuweisungen wurden käuflich
erworben: mehrere Schnitzereien aus Kamerun und Soruba;
eine Anzahl nord- und ostafrikanischer sowie persischer Waffen,
darunter 2 schöne Massai-Schilde; für den Ausbau der be-
deutenden Sammlungen aus Melanesien und der Südsee
wichtige, meist aus Neu-Guinea und Neu-Pommern stammende
Stücke: Tanz und Ceremonialgeräte, eine große Signal-
trommel, alte zum Teil prachtvolle Ahnenfiguren, Idole und
Ahnenschädel, ornamentierte Balken- und Rindenstücke,
Hausgeräte und Waffen. — In der ostasiatischen und
naturwissenschaftlichen Abteilung waren einige
Zugänge durch Geschenke zu verzeichnen. Pf.-G.
Ausstellungen: Im Augustinermuseum wurde vom
8. Juli bis 14. August 1927 das graphische Werk von Käthe
Kollwitz gezeigt. — Aus dem Wenzingerhaus waren von den
reichen Beständen an Lugobildern 15 Stück mehrere Monate
hindurch zu Ausstellungen in Baden-Baden und Göttingen
ausgeliehen; der freigewordene Raum wurde benutzt, um
durch eine Auswahl aus dem malerischen Nachlaß des 1915
gefallenen Freiburgers Adolf Krebs die Erinnerung wach-
zuhalten an diesen begabten, nur 2 kurze Jahre als Maler
schaffenden, vorher zum fertigen Architekten ausgebildeten
Künstler, dessen gesamte graphische Produktion gleichzeitig
im Augustinermuseum ausgestellt war. — Vom 18. September
bis 15. November waren fast die sämtlichen Räumlichkeiten
des Augustinermuseums belegt durch die vom Erzbischöflichen
Ordinariat veranstaltete Jahrhundert-Ausstellung der Erz-
diöcese Freiburg.
Veranstaltungen der Gesellschaft der Freunde der
Städtischen Sammlungen: am 21. November 1927 Prof.
Dr.Rüth, Darmstadt über die Sicherungsarbeiten am Mainzer
Dom (gemeinsam mit dem Badischen Architekten und In-
genieurverein veranstaltet); am 15. Dezember 1927 Ober-
baurat Dr. Schmieder, Heidelberg über: Das Kloster St. Blasien.
Neubau und Kunstgeschichtliche Aufschlüsse (gemeinsam
mit dem Historischen Verein); am 10. Dezember 1927 Führung
durch die Theater-Ausstellung im Colombischlößchen (ge-
meinsam mit der Kunstwissenschaftlichen Gesellschaft).
Heidelberg: Kurpfäfzisches Museum
NEUERWERBUNGEN. Dem Heidelberger Museum ist
als Vermächtnis des verstorbenen Konservators des Louvre,
Fröhner, eine sehr wertvolle und reichhaltige Sammlung
von badischen und pfälzischen Münzen und Medaillen
zugegangen. Wir erwähnen hieraus die berühmte und
äußerst seltene Medaille der sogenannten »Jacqueline de
Bavifere«, der mit einem Pfalzgrafen verheirateten Prinzessin
Jacobäa von Baden.
Aus dem reichen, stets anwachsenden Schatz der Hand-
zeichnungen sei eine besondere Gruppe interessanter Heidel-
berger Landschaften hervorgehoben.
Es ist dies einmal die wichtige, geschlossene Folge von
29 englischen Feder- und Bleistiftzeichnungen von der Hand
eines noch zu bestimmenden Künstlers. Wohl auf einer Rhein-
Neckar-Reise entstanden — eines der Blätter zeigt den

Wormser Dom, ein anderes den alten Mannheimer Kran — sie
alle tragen das Datum vom September 1825. Die Größe der
Blätter, teils Hoch-, teils Breitformat, ist 21X27 cm. 11 der
Zeichnungen sind dem Schlosse selbst gewidmet; die Vorliebe
für Gewölbeansichten und die Technik der Blätter verrät
einen Kenner Piranesischer Prospekte. In der leichteren Art
der Umrißzeichnung, vermutlich für spätere Bemalung be-
rechnet, sind die vorzüglichen, höchst malerischen Stadtan-
sichten ausgeführt, die hohen, künstlerischen, wie stadtbau-
geschichtlichen Wert haben. Eine Reihe von Blättern hält
den alten Neckarstaden fest, meist Blicke von dem dicht
über dem Wasser romantisch und trutzig aufsteigenden
Marstallgebäude auf die alte Brücke, Ansichten, die die
Sehnsucht rege machen nach den immer mehr schwindenden
malerischen Ufern des Flusses. Hervorragend ist ein Bild
desSchlosses vom alten Burgweg heraufgesehen, die Ruine hoch
oben hangend über dem Gewinkel der Altstadthäuser. — Dann
8 Blätter, auf denen sich fast Haus für Haus der alten Schloß-
straße vor unseren staunenden Blicken aufbaut, vom alten Kelter-
tor und Klingenteichtor angefangen weiter hinauf, über die mit
drei steinernen Brunnen geschmückte Straße, an der alte
Häuser mit gotischen Statuen stehen, bis zum Torhäuschen
des Schloßeinganges. — Was, wie wir glaubten, nur die
Phantasie der Romantik erdichtete, die Brunnen, die in
Heidelberg rauschen, hier stehen sie in Wirklichkeit vor uns.
Es wäre ein lohnender und lockender Gedanke diese schönen
und interessanten Zeichnungen mit Begleittexten aus der
Romantikerzeit veröffentlicht zu sehen; denn diese pittoresken
Blätter nehmen eine Sonderstellung in der Reihe der Heidel-
berger Ansichten ein. — Diesen englischen Zeichnungen eben-
bürtig ist eine ganz andersartige Folge von 13 Sepiazeich-
nungen, teils großen, teils kleineren Formates, die alle um
1800 entstanden sein müssen. — Leider tragen sie keinerlei
Signatur. Man hat diese Blätter, ihrer malerischen Haltung
wegen, ursprünglich der Turnerschule zuschreiben wollen.
Jedoch eine kleine deutsche Beschriftung auf einer der
Zeichnungen läßt uns davon abkommen; ihre Entstehungs-
zeit ist jedenfalls vor 1808 zu setzen, da das Stadtbild die
später abgebrochene Karmeliterkirche noch zeigt. Von größ-
ter Bedeutung wäre es, wenn sie dem noch wenig bekannten,
sehr begabten Heidelberger Landschafter, Georg Primavesi
zuzuschreiben wären. — Ihre klassische Komposition, sowie
der malerische Zeichenstil, der sich auf keinerlei Einzel-
heiten einläßt, würde die Feststellung Karl Lohmeyers in
dem neuen Heidelberg gewidmeten Bande, Stätten der Kultur
(siehe S. 128) bekräftigen, daß Primavesi es früh schon
verstanden hat, die Heidelberger Landschaft von der Vedute
zu erlösen. — Zeitlich würde diese Zuweisung stimmen,
die erste Folge der Primavesischen Heidelberger Stiche fällt
ebenfalls in die Jahre 1803—1805. —
Dann wäre nicht Wallis, der erst 1810 nach Heidelberg
kam, sondern der Heidelberger Primavesi, dessen Familie
im 18. Jahrhundert aus Italien einwanderte, der erste Maler
der Heidelberger Ideallandschaft. — Die Blätter erinnern
unmittelbar an die Landschaften in Claude Lorrains berühmtem
Über veritatis und bekunden somit deutlich gerade die Zu-

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