Buchbesprechungen
beobachtung zu leisten hat (wobei sich von selbst durch eine
Fülle von Nebenbeziehungen noch eine Menge Aufschlüsse
über das ganze Straßenquadrat und viele andere Häuser der
Stadt und ihre Eigentümer ergeben), und man bedauert nur,
daß durch die Absicht einer abrechnenden Auseinandersetzung
das große Material in einer Form dargeboten wird, die es
nur mit vieler Mühe benutzbar macht. — Stadtarchivar
Dr. Friedrich Hefele gibt eine sehr genau und zuverlässig
gearbeitete Zusammenstellung der urkundlichen Nachrichten:
Zur Baugeschichte des Freiburger Kaufhauses. Dabei wer-
den vor allem zwei kunstgeschichtlich wichtige Feststellungen
gemacht: einmal die archivalisch gesicherte Zuweisung der
Fürstenfiguren und wahrscheinlich auch die der Wappenreliefs
an Sixt von Staufen, womit dieser bisher nur für den Locherer
Altar des Münsters belegte Bildhauer ein bestimmteres
Gesicht bekommt; sodann der Nachweis von Arbeiten der- zwei
Stukkatoren: Franz Joseph und Franz Anton Vogel, jener von
1710—1756, dieser von 1747—1777 in Freiburgtätig, wodurch
ein Ansatz gegeben ist für die Bearbeitung der in reicher
Zahl und Originalität in Freiburg noch vorhandenen Stuck-
dekorationen des 18. Jahrhunderts. — An kleineren Arbeiten
enthält das Heft: Wappenskulpturen des Klosters Günterstal.
Von Dr. h. c. Fritz Ziegler. Mit einem Zusatz von Prof.
Dr. h. c. Fritz Geiges. — Die Miniaturen des Tennenbacher
Güterbuches und sein Verfasser, Abt Johann Zenlin. Von
Lehramtassessor Dr. Max Weber (ein unter bestimmtem Ge-
sichtswinkel gemachter Auszug aus des Verfassers Dissertation
(Freiburg 1922) und größerem Aufsatz in Ztschr. f. Gesch.
des Oberrheines N. F. 40, 1925). — Das Mittelbild der Decken-
fresken in dei- Kirche zu St. Ulrich. Von Dr. h. c. Fritz Ziegler
(ein Werk des nach Stichen des Andrea del Pozzo arbeiten-
den Franz Ludwig Hermann, 1767). — Unter den kleinen
Mitteilungen wird ein im Museum in Theben befindliches
Relief mit der Darstellung von Alexanders Greifenfabrt
wegen des ikonographischen Zusammenhanges mit der roma-
nischen dekorativen Skulptur in der Nikolauskapelle des
Münsters veröffentlicht.
Kunstwissenschaftliches Jahrbuch der Görresgesellschaft
Herausgegeben von Professor Dr. Sauer. I. Jahrgang.
Dr. Benno Filser Verlag Augsburg 1928.
Das Jahrbuch ist eine späte Einlösung eines auf der Gene-
ralversammlung der Gesellschaft zu Würzburg 1922 aus-
gestellten Wechsels. In einem vorausgehenden Excausis recht-
fertigt der Herausgeber das Erscheinen des nur scheinbar
als Konkurrenz auftretenden Jahrbuches: Pflege der geistes-
wissenschaftlichen Seite der Kunstgeschichte, somit
Deutung vergangenen Kunstschaffens nach der stofflichen
und ikonographischen Seite aus der Geisteskultur des Mittel-
alters, aus Liturgie, Kult, Mystik, Schauspiel. Eine zweite
Besonderheit soll eine umfassende Bibliographie der Kunst-
wissenschaft des Auslandes sein, von der der erste Jahrgang
bereits beachtenswerte Proben bringt (Kunstliteratur in
Frankreich, Belgien, Luxemburg von Dr. Staud, in Italien
von Ludwig Schudt, in Rußland von M. Alpatoff und N. Bru-
noff, in Spanien von J. F. Rafols).
32
Josef Sauer eröffnet den Reigen der Aufsätze. Er han-
delt über Mystik und Kunst, unter besonderer
Berücksichtigung des Oberrheins. Man war
bislang gewohnt, den Einfluß der Mystik auf die Kunst in
der stofflich ikonographischen Bereicherung erschöpft zu
sehen. Sauer weist u. E. in zwingenden Gedankengängen
nach, daß die Mystik dank ihrer emotionalen, gefühlsbetonten
Auffassung der religiösen Gehalte eine völlig neue, mehr
gefühlsmäßige Einstellung zur religiösen Stoffwelt brachte,
die weithin auch die Form der Darstellung beeinflußte und
eine Ausdruckskunst im besten Sinne schuf. Diese wichtigen
Feststellungen werden an der Entwicklung des Madonnen-
bildes, des Kruzifixes und der Geburtsdarstellung aufgezeigt,
wobei der von Paul Weber u. a. viel zu stark betonte primäre
Einfluß des geistlichen Schauspiels endlich und erfreulicher-
weise auf das richtige Maß zurückgeführt wird. Erwähnt
werden mußte u. E. auch der weithin bis an den Oberrhein
spürbare Einfluß der aufpeitschenden Gesichte der hl. Birgitta
von Schweden, ohne den die neue Form der Geburtsdar-
stellung sowie Einzelheiten bei Meister Franke, Herlin (das
Nördlinger Bild ist nicht die Anbetung, sondern der Augen-
blick der Geburt!) und M. Grünewald (Isenheimer Altar)
unverständlich bleiben.
Die Ikonographie des Dreikönigenschreines
behandelt Josef Braun (München). Dieses Glanzstück der
Jahrtausendausstellung in Köln ist heute infolge von Ver-
lusten, Verkürzung und unverstandener Restaurierung leider
ein Torso. Braun sucht aus literarischen Quellen die ur-
sprüngliche Form dieser hervorragendsten Goldschmiede-
arbeit aus vorgotischer Zeit festzustellen und zeigt, daß wir
es hier mit einem großartigen Gesamtzyklus der Heils-
geschichte zu tun haben, zu dem nur ein geschulter Zeit-
theologe das Programm geliefert haben kann.
In einer kleinen Studie führt uns Frau Dr. Sommer
von Seckendorf in den um 1350 reich ausgemalten
Kapitelsaal von S. Maria Novella in Florenz,
der als ein »Assisi dell’ Ordine Domenicano« gedacht war.
Die Verfasserin bringt in Anlehnung an die verdienstlichen
Forschungen des P. Innocenzo Taurisano den Nachweis, daß
der stilkritisch erschlossene Maler Andrea di Bonaiuto auch
urkundlich als solcher gesichert ist. Die Umgehung der be-
deutenderen Florentiner Zeitgenossen Gaddi und Orcagna
überrascht in der Tat nicht, da die genannten starken Maler-
persönlichkeiten eine Bindung, wie sie durch das beengend
reiche ikonographische Programm gegeben war, nicht ein-
gegangen hätten.
Ikonographische Studien an den kirch-
lichen Fresken von Kosmas Damian Asam unter-
nimmt Johann Georg, Herzog von Sachsen. Verf.
empfindet mit Recht den Mangel eines deutschen Analogons
zu H. Bremonds Histoire litteraire du Sentiment religieux
en France angesichts der stofflich so reichen Liste der vor
allem auch in ihrer religiösen Symbolik noch völlig un-
erforschten süddeutschen Barockmalerei. Auch hier muß an-
genommen werden, daß der kaum zu überschätzende Kosmas
Damian Asam, der übrigens in 25 Sommern 29(1) große
beobachtung zu leisten hat (wobei sich von selbst durch eine
Fülle von Nebenbeziehungen noch eine Menge Aufschlüsse
über das ganze Straßenquadrat und viele andere Häuser der
Stadt und ihre Eigentümer ergeben), und man bedauert nur,
daß durch die Absicht einer abrechnenden Auseinandersetzung
das große Material in einer Form dargeboten wird, die es
nur mit vieler Mühe benutzbar macht. — Stadtarchivar
Dr. Friedrich Hefele gibt eine sehr genau und zuverlässig
gearbeitete Zusammenstellung der urkundlichen Nachrichten:
Zur Baugeschichte des Freiburger Kaufhauses. Dabei wer-
den vor allem zwei kunstgeschichtlich wichtige Feststellungen
gemacht: einmal die archivalisch gesicherte Zuweisung der
Fürstenfiguren und wahrscheinlich auch die der Wappenreliefs
an Sixt von Staufen, womit dieser bisher nur für den Locherer
Altar des Münsters belegte Bildhauer ein bestimmteres
Gesicht bekommt; sodann der Nachweis von Arbeiten der- zwei
Stukkatoren: Franz Joseph und Franz Anton Vogel, jener von
1710—1756, dieser von 1747—1777 in Freiburgtätig, wodurch
ein Ansatz gegeben ist für die Bearbeitung der in reicher
Zahl und Originalität in Freiburg noch vorhandenen Stuck-
dekorationen des 18. Jahrhunderts. — An kleineren Arbeiten
enthält das Heft: Wappenskulpturen des Klosters Günterstal.
Von Dr. h. c. Fritz Ziegler. Mit einem Zusatz von Prof.
Dr. h. c. Fritz Geiges. — Die Miniaturen des Tennenbacher
Güterbuches und sein Verfasser, Abt Johann Zenlin. Von
Lehramtassessor Dr. Max Weber (ein unter bestimmtem Ge-
sichtswinkel gemachter Auszug aus des Verfassers Dissertation
(Freiburg 1922) und größerem Aufsatz in Ztschr. f. Gesch.
des Oberrheines N. F. 40, 1925). — Das Mittelbild der Decken-
fresken in dei- Kirche zu St. Ulrich. Von Dr. h. c. Fritz Ziegler
(ein Werk des nach Stichen des Andrea del Pozzo arbeiten-
den Franz Ludwig Hermann, 1767). — Unter den kleinen
Mitteilungen wird ein im Museum in Theben befindliches
Relief mit der Darstellung von Alexanders Greifenfabrt
wegen des ikonographischen Zusammenhanges mit der roma-
nischen dekorativen Skulptur in der Nikolauskapelle des
Münsters veröffentlicht.
Kunstwissenschaftliches Jahrbuch der Görresgesellschaft
Herausgegeben von Professor Dr. Sauer. I. Jahrgang.
Dr. Benno Filser Verlag Augsburg 1928.
Das Jahrbuch ist eine späte Einlösung eines auf der Gene-
ralversammlung der Gesellschaft zu Würzburg 1922 aus-
gestellten Wechsels. In einem vorausgehenden Excausis recht-
fertigt der Herausgeber das Erscheinen des nur scheinbar
als Konkurrenz auftretenden Jahrbuches: Pflege der geistes-
wissenschaftlichen Seite der Kunstgeschichte, somit
Deutung vergangenen Kunstschaffens nach der stofflichen
und ikonographischen Seite aus der Geisteskultur des Mittel-
alters, aus Liturgie, Kult, Mystik, Schauspiel. Eine zweite
Besonderheit soll eine umfassende Bibliographie der Kunst-
wissenschaft des Auslandes sein, von der der erste Jahrgang
bereits beachtenswerte Proben bringt (Kunstliteratur in
Frankreich, Belgien, Luxemburg von Dr. Staud, in Italien
von Ludwig Schudt, in Rußland von M. Alpatoff und N. Bru-
noff, in Spanien von J. F. Rafols).
32
Josef Sauer eröffnet den Reigen der Aufsätze. Er han-
delt über Mystik und Kunst, unter besonderer
Berücksichtigung des Oberrheins. Man war
bislang gewohnt, den Einfluß der Mystik auf die Kunst in
der stofflich ikonographischen Bereicherung erschöpft zu
sehen. Sauer weist u. E. in zwingenden Gedankengängen
nach, daß die Mystik dank ihrer emotionalen, gefühlsbetonten
Auffassung der religiösen Gehalte eine völlig neue, mehr
gefühlsmäßige Einstellung zur religiösen Stoffwelt brachte,
die weithin auch die Form der Darstellung beeinflußte und
eine Ausdruckskunst im besten Sinne schuf. Diese wichtigen
Feststellungen werden an der Entwicklung des Madonnen-
bildes, des Kruzifixes und der Geburtsdarstellung aufgezeigt,
wobei der von Paul Weber u. a. viel zu stark betonte primäre
Einfluß des geistlichen Schauspiels endlich und erfreulicher-
weise auf das richtige Maß zurückgeführt wird. Erwähnt
werden mußte u. E. auch der weithin bis an den Oberrhein
spürbare Einfluß der aufpeitschenden Gesichte der hl. Birgitta
von Schweden, ohne den die neue Form der Geburtsdar-
stellung sowie Einzelheiten bei Meister Franke, Herlin (das
Nördlinger Bild ist nicht die Anbetung, sondern der Augen-
blick der Geburt!) und M. Grünewald (Isenheimer Altar)
unverständlich bleiben.
Die Ikonographie des Dreikönigenschreines
behandelt Josef Braun (München). Dieses Glanzstück der
Jahrtausendausstellung in Köln ist heute infolge von Ver-
lusten, Verkürzung und unverstandener Restaurierung leider
ein Torso. Braun sucht aus literarischen Quellen die ur-
sprüngliche Form dieser hervorragendsten Goldschmiede-
arbeit aus vorgotischer Zeit festzustellen und zeigt, daß wir
es hier mit einem großartigen Gesamtzyklus der Heils-
geschichte zu tun haben, zu dem nur ein geschulter Zeit-
theologe das Programm geliefert haben kann.
In einer kleinen Studie führt uns Frau Dr. Sommer
von Seckendorf in den um 1350 reich ausgemalten
Kapitelsaal von S. Maria Novella in Florenz,
der als ein »Assisi dell’ Ordine Domenicano« gedacht war.
Die Verfasserin bringt in Anlehnung an die verdienstlichen
Forschungen des P. Innocenzo Taurisano den Nachweis, daß
der stilkritisch erschlossene Maler Andrea di Bonaiuto auch
urkundlich als solcher gesichert ist. Die Umgehung der be-
deutenderen Florentiner Zeitgenossen Gaddi und Orcagna
überrascht in der Tat nicht, da die genannten starken Maler-
persönlichkeiten eine Bindung, wie sie durch das beengend
reiche ikonographische Programm gegeben war, nicht ein-
gegangen hätten.
Ikonographische Studien an den kirch-
lichen Fresken von Kosmas Damian Asam unter-
nimmt Johann Georg, Herzog von Sachsen. Verf.
empfindet mit Recht den Mangel eines deutschen Analogons
zu H. Bremonds Histoire litteraire du Sentiment religieux
en France angesichts der stofflich so reichen Liste der vor
allem auch in ihrer religiösen Symbolik noch völlig un-
erforschten süddeutschen Barockmalerei. Auch hier muß an-
genommen werden, daß der kaum zu überschätzende Kosmas
Damian Asam, der übrigens in 25 Sommern 29(1) große