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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 5.1902

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Puschi, Alberto; Winter, Franz: Silbernes Trinkhorn aus Tarent in Triest
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https://doi.org/10.11588/diglit.31257#0135

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den äußeren Zügen zum Ausdruck kommt, bis in die Fingerspitzen und in die
Haarspitzen hinein, wie wir es in der Mittelgruppe än der gespreizten Hand des
heftig- gerade ausgestreckten linken Armes der Frau und an dem zurückgeworfenen
Ivopfe des Mannes mit dem hochgesträubten Haar sehen. Auch die beiden
Figuren neben der Mittelgruppe sind lebhaft bewegt, als wenn sie soeben auf-
geregt und eilig herzuträten. Dächte man sich das Bild etwa in eine der Kunst-
stufe nach entsprechende rothfigurig attische Yasenzeichnung, also vom Stil der
Kodrosscliale, so würden diese Figuren, wie stark immer ihre in der Sage
begründete Theilnahme an dem Vorgange auch sein mochte, vermuthlich in dem
Standmotiv mit ausgebogener Hüfte und zur Seite gestelltem Spielbein dastehend
zu denken sein. Eine der Darstellung des Rhytons verwandte Art naiv heftiger
Ausdrucksweise treffen wir dagegen in den Friesen von Gjölbaschi, besonders
charakteristisch in den Scenen der Penelope mit ihren Mägden und des Freier-
mordes, und hier finden sich denn auch für Einzelmotive wie für den gerade
ausgestreckten Arm mit der gespreizten Hand und für die Schrittstellung der
beiden Seitenfig-uren des Rhytons die entsprechenden Analogien.

So werden wir auf die ionische Kunst hingeführt und erkennen nun auch
in Einzelheiten der Ausführung charakteristische Eigentliümlichkeiten der Werke
dieser Kunst wieder, so in der rippenartigen Faltenzeichnung an dem Mantel der
Athena und der gelagerten Frau, für die u. a. auf das Nere'idenmonument und
die nordgriechische Nike von Olympia hingewiesen werden kann, so auch in der
Art, wie das Haar in langen Strähnen gegliedert ist, wozu der lykische Sarko-
phag von Sidon gute Analogien bietet, ’) an dem sich tiuch ein Beispiel für die
Bewegung des Haares in einzelnen, vom ganzen sich ablösenden und gleich
flackernden Flämmchen aufstrebenden Spitzen findet. ä)

Manches in der Zeichnung muthet, wie auch Puschi bemerkt, alterthümlich
an: die Bildung der hochsitzenden Brust der Athena und das Eckige in den
gesammten Formen dieser Figur, auch in der Composition des gelagerten Paares;
in der weiblichen Figur dieser Gruppe meint man die kraftvolle Herbigkeit des
strengen Stils wie in einem leisen Nachklang zu spüren, während der stehende
Mann links leichter und freier im Eindruck ist, ähnlich den Bildern des lykischen
Sarkophags von Sidon, der der Kunststufe nach auf den Parthenonfries hinweist.
Es treten hier dieselben Momente zusammen, die Benndorf in den Reliefs von

b Hamdy Bey et Th. Reinach, Une necropole Kunst bis in die archaische Zeit zurückzuverfolgen,
royale ä .Sidon I Taf. XYII n. I. 3. 6. 8. 10. Diese vgl. Arch. Jahrbuch 1900 S. 86.

Art der Darstellung des Haares ist in der ionischen 2) Necropole ä Sidon I Taf. XIV 2.
 
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