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R. C. Kukula, Brände des ephesischen Artemisions
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a. a. O. S. 7 Anm. 2), sondern nur um ein Weihe-
fest im „alten“ Tempel handeln kann, der schon im
sechsten Jahrhundert vollendet worden war. Halten
wir ferner mit dieser Erkenntnis die oben besprochene
Notiz bei Eusebius-Hieronymus, daß etwa 398—395
v. Chr. der Dianatempel gebrannt habe, dann die
Nachricht des Macrobius, beziehungsweise Alexanders,
daß Timotheos an einem Weihefeste des Artemisions
mitgewirkt habe, und endlich die von Wilamowitz
a. a. O. S. 63 festgelegte Tatsache zusammen, daß just
um 398—396 Timotheos, der gerade damals (398) auf
der Höhe seines Ruhmes stand (vgl. Diod. XIV 46
und die zwei ersten Verse des Alexanderfragments),
in nächster Nähe von Ephesos geweilt und an den
beim Bundestempel des Poseidon an der Mykale ge-
feierten Panionien seine „Perser“ vorgetragen habe:
so wird man sich, wie ich glaube, bei dem glatten In-
einandergreifen von so verschiedenen, sowohl ihrem
Inhalte als ihrer Herkunft nach ganz unabhängigen
Nachrichten und besonders in Anbetracht der über-
raschenden Coincidenz dieser Mitteilungen auf die
Zeit zwischen 398 und 395 v. Chr. kaum mehr der
hohen Wahrscheinlichkeit des Schlusses entziehen
dürfen, daß in der Tat um 395 v. Chr. der Tempel
durch einen Brandschaden exauguriert worden sein mag
(Eusebius ad ann. Abr. ιόιρκ) und somit nach er-
folgter Wiederherstellung von neuem „geweiht“ wer-
den mußte (Macrob. Sat. V 22, 4). Denn solche
Brände sind ja gewiß nicht bloß durch Frevler- oder
Feindeshand, wie im siebenten Jahrhundert durch
den Kimmerierfürsten Lygdamis,4) 356 v. Chr. durch
Herostratos, 262 n. Chr. durch die Goten und circa
400 durch Iohannes Chrysostomus gelegt worden, son-
dern dürften bei der feuergefährlichen Art der Opfer-
handlungen wie anderwärts (vgl. z. B. Suet. Aug. 30;
Hör. carm.III 6,4, Mon. Anc. IV 17) so auch in Ephesos
verhältnismäßig oft entstanden sein und besonders in
den reichen und kostbaren Holzbestandteilen des
Tempels größeren oder kleineren Schaden angerichtet
haben. Nicht anders als durch den Hinweis auf derlei
mehr oder weniger umfassende, durch Feuer, Wasser,
Abnützung beim Gebrauche und dergleichen Be-
schädigungen veranlaßte „liäufigeWiederherstellungen“
scheint mir auch der Ausdruck septies restituto
templo bei Plin. N. Η. XVI 79 seine einfache Er-
klärung zu finden. Gewiß nicht an einen „sieben-
maligen Neubau“ des Artemisions, wie noch E.Curtius
,Ephesos1 1874 S. 30 und 38, Anm. 19, und G. A.
Zimmermann, Ephesos im I. christl. Jahrh. 1874 S. 149
meinten (vgl. auch Falkener, Ephesus 1862 S. 210ff.),
oder gar an die Siebenzahl der am Artemision be-
teiligten Architekten (Theodoros, Chersiphron, Meta-
genes, Demetrios, Paionios, Deinokrates, Thrason),
wie E. Guhl ,Epl:esiaca‘ 1843, p. 167 vermutet hat,
auch nicht etwa an eine uns unbekannte epliesische
Cultlegende, wie sie z. B. Pausanias X 5, 9 vom
delphischen Tempel erzählt, wird man denken dürfen,
sondern vielmehr septies als „hyperbolisches“ Zahl-
adverb (Arch. f. lat. Lexik, und Gramm. IX 342 ff.;
Diels in der Festschrift f. Gomperz 1902 S. 10 f.;
Maass, Die Tagesgötter 1902 S. 289) im Sinne von
saepius (vgl. επτάκις z. B. bei Aristoph. Lys. 698
oder Lucian. Piscat. 2) nur ganz allgemein auf „wieder-
holte“ Renovierungen des Tempels und seiner cult-
lichen Einrichtungsstücke beziehen müssen.
W ien. R. C. KUKULA
Archäologische Untersuchungen in Norddalmatien.
1. Grabungen auf der ,Cvijina gradina* bei
Obrovazzo.
Die dalmatinische Küste gibt sich geologisch als
richtige, in einen Schärensaum aufgelöste Fjordküste
zu erkennen: eine Reihe langgestreckter Inseln, die in
gleicher Richtung mit der Gebirgsformation des Fest-
landes streichend, schmale Meeresarme zwischen sich
4) Vgl. Hesychius s. v. Αύγδαμις; die Nachricht
kann sich jedesfalls nicht auf den Marmorbau, dessen
Beginn erst in das Ende des VII. Jahrhunderts fällt,
lassen. Ein solcher zwängt sich als Fortsetzung des
von den Inseln des Quarnero und dem kroatischen
Festlande gebildeten Canale della Morlacca weiterhin
in das dalmatinische Binnenland ein, um sich nach
einer Einschnürung zum Felsengolfe von Novigrad
zu weiten, der den Küstenstrom Zrmanja aufnimmt.
Seine Talfurche bildet die Scheide zwischen dem
vielgipfeligen Dolomitkamme des Velebitgebirges, das
sondern nur auf ein früheres templum oder sacellum
beziehen, über dessen Geschichte nähere Angaben
fehlen.
R. C. Kukula, Brände des ephesischen Artemisions
32
a. a. O. S. 7 Anm. 2), sondern nur um ein Weihe-
fest im „alten“ Tempel handeln kann, der schon im
sechsten Jahrhundert vollendet worden war. Halten
wir ferner mit dieser Erkenntnis die oben besprochene
Notiz bei Eusebius-Hieronymus, daß etwa 398—395
v. Chr. der Dianatempel gebrannt habe, dann die
Nachricht des Macrobius, beziehungsweise Alexanders,
daß Timotheos an einem Weihefeste des Artemisions
mitgewirkt habe, und endlich die von Wilamowitz
a. a. O. S. 63 festgelegte Tatsache zusammen, daß just
um 398—396 Timotheos, der gerade damals (398) auf
der Höhe seines Ruhmes stand (vgl. Diod. XIV 46
und die zwei ersten Verse des Alexanderfragments),
in nächster Nähe von Ephesos geweilt und an den
beim Bundestempel des Poseidon an der Mykale ge-
feierten Panionien seine „Perser“ vorgetragen habe:
so wird man sich, wie ich glaube, bei dem glatten In-
einandergreifen von so verschiedenen, sowohl ihrem
Inhalte als ihrer Herkunft nach ganz unabhängigen
Nachrichten und besonders in Anbetracht der über-
raschenden Coincidenz dieser Mitteilungen auf die
Zeit zwischen 398 und 395 v. Chr. kaum mehr der
hohen Wahrscheinlichkeit des Schlusses entziehen
dürfen, daß in der Tat um 395 v. Chr. der Tempel
durch einen Brandschaden exauguriert worden sein mag
(Eusebius ad ann. Abr. ιόιρκ) und somit nach er-
folgter Wiederherstellung von neuem „geweiht“ wer-
den mußte (Macrob. Sat. V 22, 4). Denn solche
Brände sind ja gewiß nicht bloß durch Frevler- oder
Feindeshand, wie im siebenten Jahrhundert durch
den Kimmerierfürsten Lygdamis,4) 356 v. Chr. durch
Herostratos, 262 n. Chr. durch die Goten und circa
400 durch Iohannes Chrysostomus gelegt worden, son-
dern dürften bei der feuergefährlichen Art der Opfer-
handlungen wie anderwärts (vgl. z. B. Suet. Aug. 30;
Hör. carm.III 6,4, Mon. Anc. IV 17) so auch in Ephesos
verhältnismäßig oft entstanden sein und besonders in
den reichen und kostbaren Holzbestandteilen des
Tempels größeren oder kleineren Schaden angerichtet
haben. Nicht anders als durch den Hinweis auf derlei
mehr oder weniger umfassende, durch Feuer, Wasser,
Abnützung beim Gebrauche und dergleichen Be-
schädigungen veranlaßte „liäufigeWiederherstellungen“
scheint mir auch der Ausdruck septies restituto
templo bei Plin. N. Η. XVI 79 seine einfache Er-
klärung zu finden. Gewiß nicht an einen „sieben-
maligen Neubau“ des Artemisions, wie noch E.Curtius
,Ephesos1 1874 S. 30 und 38, Anm. 19, und G. A.
Zimmermann, Ephesos im I. christl. Jahrh. 1874 S. 149
meinten (vgl. auch Falkener, Ephesus 1862 S. 210ff.),
oder gar an die Siebenzahl der am Artemision be-
teiligten Architekten (Theodoros, Chersiphron, Meta-
genes, Demetrios, Paionios, Deinokrates, Thrason),
wie E. Guhl ,Epl:esiaca‘ 1843, p. 167 vermutet hat,
auch nicht etwa an eine uns unbekannte epliesische
Cultlegende, wie sie z. B. Pausanias X 5, 9 vom
delphischen Tempel erzählt, wird man denken dürfen,
sondern vielmehr septies als „hyperbolisches“ Zahl-
adverb (Arch. f. lat. Lexik, und Gramm. IX 342 ff.;
Diels in der Festschrift f. Gomperz 1902 S. 10 f.;
Maass, Die Tagesgötter 1902 S. 289) im Sinne von
saepius (vgl. επτάκις z. B. bei Aristoph. Lys. 698
oder Lucian. Piscat. 2) nur ganz allgemein auf „wieder-
holte“ Renovierungen des Tempels und seiner cult-
lichen Einrichtungsstücke beziehen müssen.
W ien. R. C. KUKULA
Archäologische Untersuchungen in Norddalmatien.
1. Grabungen auf der ,Cvijina gradina* bei
Obrovazzo.
Die dalmatinische Küste gibt sich geologisch als
richtige, in einen Schärensaum aufgelöste Fjordküste
zu erkennen: eine Reihe langgestreckter Inseln, die in
gleicher Richtung mit der Gebirgsformation des Fest-
landes streichend, schmale Meeresarme zwischen sich
4) Vgl. Hesychius s. v. Αύγδαμις; die Nachricht
kann sich jedesfalls nicht auf den Marmorbau, dessen
Beginn erst in das Ende des VII. Jahrhunderts fällt,
lassen. Ein solcher zwängt sich als Fortsetzung des
von den Inseln des Quarnero und dem kroatischen
Festlande gebildeten Canale della Morlacca weiterhin
in das dalmatinische Binnenland ein, um sich nach
einer Einschnürung zum Felsengolfe von Novigrad
zu weiten, der den Küstenstrom Zrmanja aufnimmt.
Seine Talfurche bildet die Scheide zwischen dem
vielgipfeligen Dolomitkamme des Velebitgebirges, das
sondern nur auf ein früheres templum oder sacellum
beziehen, über dessen Geschichte nähere Angaben
fehlen.