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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 15.1912

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Praschniker, Camillo: Bronzene Spiegelstütze im Wiener Hofmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.45420#0235

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Bronzene Spiegelstütze im Wiener Hofmuseum.
Tafel V.
Zu den zahlreichen Erwerbungen, die die Sammlung der Kleinbronzen des
Wiener Hofmuseums Robert von Schneiders feinem Verständnisse verdankt,
gehört auch die im folgenden besprochene kleine Figur, deren Veröffentlichung
mir Direktor Schrader freundlichst gestattet hat, kein Meisterwerk zwar, aber
uns gleichwohl wert als liebenswürdiges Erzeugnis altgriechischen Kunsthand-
werkes und vielleicht nicht ganz unwichtig innerhalb des Entwicklungsganges
der altgriechischen Plastik.
Die Statuette — sie trägt die Inventarnummer 2925, ihre ganze Höhe beträgt
0-17“, die der Figur allein 0-14“ — ist im Jahre 1900 in Athen erworben worden,
als Fundort wurde von dem Verkäufer Nemea angegeben. Ihre Erhaltung ist
leider nicht die beste. Es fehlen ihr beide Füße von den Knöcheln an, ebenso
beide Arme bis auf die Stümpfe der Oberarme. Die Beine sind unten durch seit-
lichen Druck zusammengebogen und in den Knieen dementsprechend auseinander
gegangen, so daß sie eine gewiß nicht ursprüngliche Form zeigen. Die von
einer hellen, gelblichgrünen Patina überzogene Oberfläche der Figur ist in gutem
Zustande.
Ein nacktes Mädchen steht vor uns, das linke Bein ist etwas vorgesetzt,
der schlanke, kraftvolle Körper in stramm-gerader Haltung. Auf dem verhältnis-
mäßig langen Unterkörper sitzt ein kurzer Oberkörper mit zurückgenommenen
Schultern, die im Verein mit dem vortretenden Gesäß das Kreuz stark einge-
bogen erscheinen lassen. Der Körper ist auch in den Einzelformen recht kräftig
geraten und besonders in der Seitenansicht (Fig. 146 und T. V) kommen die
sehnigen Waden, die muskulösen, breiten Oberschenkel und die kräftigen Glutäen
zur Geltung, ebenso auch die übermäßige Kürze und Knappheit des Oberkörpers,
die zierliche Schlankheit der Taille, der wenig vortretende flache Bauch, dessen
Kontur der Geraden nahe kommt. Um so schwerer wirkt die Breite des Brust-
korbes und der Schultern (bei einer Hüftbreite von 0-025“ beträgt die Schulter-
breite volle 0-04“). Wie man sieht, entsprechen diese Verhältniszahlen wenig
den natürlichen des weiblichen Körpers und es stimmt dazu die Art, wie
die Brüste nur als ziemlich flache Erhöhungen angegeben sind. Dabei ist die
Modellierung in den Einzelformen recht gut durchgeführt. Man beachte nur, wie
an den Unterschenkeln die harte Linie der Schienbeine durch die Haut sichtbar
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