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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 15.1912

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v. Netoliczka, Ada: Die Manteltracht der archaischen Frauenfiguren
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https://doi.org/10.11588/diglit.45420#0269

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253

Die Manteltracht der archaischen Frauenfiguren.
Um die Mitte des sechsten Jahrhunderts erscheint in der griechischen Frauen-
tracht ein merkwürdiges Gewandstück, das, durch etwa zwei Generationen sehr
beliebt, mit dem Ausleben des archaischen Stils wieder verschwindet. Unter der
linken Achsel durchgezogen, auf der rechten Schulter und dem rechten Oberarm
durch Knöpfe zusammengehalten, reicht es links nur wenig über die Hüfte,
während es rechts mit langen Zipfeln etwa bis zur Mitte der Unterschenkel
herabhängt. Die durch die konventionelle Gewandbehandlung der archaischen
Kunst erschwerte Frage nach der Konstruktion dieses Gewandstückes ist viel
verhandelt worden, ohne daß bisher eine sichere Entscheidung erreicht worden
wäre. Bald hat man an den übergeschlagenen Teil eines den ganzen Körper
verhüllenden, um die Hüfte gegürteten Kleidungsstückes gedacht, bald an einen
einfachen Umhang, der über dem Chiton getragen wurde (vgl. E. Pernice in
seiner kurzen aber vortrefflichen Darstellung der griechischen Tracht in Gercke-
Nordens Handbuch II 41 f.).
Für die erste Lösung ist neben anderen Holwerda (Jahrbuch 1904 S. 10)
eingetreten. Er bekleidete ein Modell mit dem Gewände, wie er es sich zusam-
mengesetzt denkt, und indem er die Abbildungen desselben mit denen der Akro-
polisfigur 680 zusammenstellt, spricht er die Überzeugung aus, daß sein Versuch
in großen Zügen wiedergebe, was wir an der Statue sehen. Dieselbe Lösung
hat noch kürzlich — anscheinend ohne Holwerdas Aufsatz zu kennen — Guy
Dickins vorgeschlagen (Catalogue of the Acropolis Museum I Cambridge 1912
S. 45). Für den einfachen geknöpften Umhang dagegen entscheiden sich haupt-
sächlich Kalkmann (Jahrbuch 1896 S. 19) und Miss Abrahams (Greek Dress,
London 1908 S. 90 ff.), letztere auf Grund von praktischen Versuchen. Auch
Studniczka neigte in seinen Beiträgen zur griechischen Tracht (Abhandlungen
des archäolog.-epigraph. Seminars der Universität Wien 1886 S. 80 Anm. 34)
zu der Annahme, daß es sich um ein Mäntelchen handelt, hat aber seine
Meinung zugunsten eines großen, mit Überschlag versehenen Gewandes geändert,
das er ionisierenden Peplos nennt. (Athen Mitteilungen 1896 S. 355 Anm. 2).
Kalkmann unterscheidet zu wenig zwischen dem einfachen, schrägen, bis
zum Ellbogen geknöpften Mantel, der uns hier beschäftigt, und der nur auf der
Schulter gehefteten, schrägen Dip lax, die ihn im fünften Jahrhundert ablöst. Er
geht hauptsächlich von Vasendarstellungen aus und meint a. a. O. S. 33, daß
 
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