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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 1.1921

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Heft 1
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Friedländer, Max J.: Über das Kunstsammeln
DOI issue:
Heft 2/3
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Wedderkop, Hermann von: Karl Sternheims neues Stück: Der entfesselte Zeitgenosse: (Uraufführung in Darmstadt)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62259#0122

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^ausgezeichnet durch Nichtschwimmkunst. Dieser rettet Fräulein
Cassati und steigt einige Zeit später zu ihr ins Fenster.
Die sämtliche Elite hat nach der Blamage auf dem Bodensee
schleunigst abzubrausen. Herr von Schmettow hat aber nur einen
Teil des Rezepts der Reispunschtorte. Er kann ein Ingrediens nicht
verstehen, das ausschlaggebend ist. Es ist in dem Rezept die Rede
von Marillensalse. Daß Marillen Aprikosen sind, hat er heraus-
bekommen. Wegen der Salse kehrt er bei Nacht nochmals zurück,
und der jüdische Mahre d’Hötel, Herr Mayer, gibt ihm die ergänzende
Auskunft. Diese Szene wird in der Nacht gespielt bei dem Schein
einer Blendlaterne und ist von ausschlaggebender Wirkung.
Den Admiral schmückt Sternheim stets. Er sitzt zuerst beiHavanna und

HERMANN HALLER
Marie Laurencin
(Terra cotta)


Cognak in großer Uniform in dem
schwarzweißroten Klubsessel. Zum weißen
flanellenen Golfdreß darf Er allein große
goldene Epauletten mit Fransen und einen
goldenen Taillengürtel tragen. Der Tenor
trägt den Golfschläger verzückt. Schmettow
hat ein langes weißes Golfcape, innen
mit roter Seide ausgeschlagen.
Die Güte, Konservativismus mit mildem
Vorwärtsgehen repräsentiert der jüdische
Maitre d’Hötel, Herr Mayer, der Sternheim
selbst bei der Aufführung rührte. Dieser
macht alles. Er zieht den Haushalt
seines Fräuleins wie einen großen fran-
zösischen aus dem XVIII. Jahrhundert auf,
hat durch sanfte Kommandos sämtliche
Diener in der Hand, hilft Herrn v.Schmettow
zu derReispunschtorte und redet schließlich,
als Klette sein Glück übersympathischer

Weise noch nicht einmal begreifen will, diesem zu, einzusteigen. Er
findet hier weiche, schmelzende, rührende jüdischeTöne, bei denen Klette
schließlich das Wasser im Munde zusammenläuft.
Was die Darmstädter zu dieser Komödie sagen, ist unklar.
Sie wurde freundlich aufgenommen jedenfalls. In Darmstadt drängt
sich wirklich viel zusammen. Von der Mathildenhöhe her drohen
jährlich expressionistische Ausstellungen. Kasimir Edschmidt sitzt
hier fest, und Graf Keyserling will wieder etwas anderes. Nun
kommt auch noch Sternheim, der sich bekanntlich an garnichts kehrt.
Schließlich hat der Darmstädter ganz recht, wenn er alle diese
Herrschaften sich gegeneinander durchsetzen läßt und bei Hans
Heilin» ble,bl H. v. Wedderkop.

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