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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 1.1921

DOI issue:
Heft 1
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Megerle, Ulrich: Interregnum
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https://doi.org/10.11588/diglit.62259#0044

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INTERREGNUM
Wir vermögen die Transzendenz der Zusammenhänge nicht
zu definieren, aber wir können sie nicht leugnen. Kräfte, die außerhalb
unseres dreidimensionierten Begriffsvermögens wirksam sind, bauen
an einem Genie, dessen plötzliches Erscheinen, meteorhaft, dennoch
bedingt ist aus einem höheren Sinn der Zeit - von der es keine
Loslösung gibt.
Zu San Callista tünchten beim Schein von Oellämpchen in
fünfstöckiger Nacht ungeübte Hände die Mauern, beschrieben sie mit
Arabesken und dem Symbol des Fisch’s. Christliche Kunst wurde
aus Christentum geboren. Die Maulwürfe sprengten den Palatin an


GEORGES BRAQUE Siilleben, Rötel (1920)
(Hamburg,^Sammlung Flemming)

die Wolken. Aber päpstliches Rom verfiel in ärgeres Heidentum mit
Putten-Liebesgötfern, Engeln-Feinfüßigen Nymphen und der süßen
Maria zwischen Gold, Brokaten und Parfums. So irdisch verzückt
die heilige Therese gebildet wird, bleibt es doch Kult noch. Von der
Wand zum Altarflügel wandelte das Bild bis zum losgelösten Porträt
der Donatoren breit an Wände der Paläste des Adels und des
Patriziats. Die Mantelverlosung zu Füßen des Gekreuzigten wurde
zum Genre. Aber dem profanen Gemälde stand eine Gesellschaft
Modell, die über Watteau und die großen Engländer die Kultur trug.
In landschaftlichem wurde die Farbe innig oder düster, stimmungs-
bildend. Mit der Verflachung der Gesellschaft kam die große Oede
der Verlegenheitsmalerei.

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