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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 1.1921

DOI issue:
Heft 1
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Friedländer, Max J.: Über das Kunstsammeln
DOI issue:
Heft 2/3
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Behrens, Peter: Carl Ernst Osthaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.62259#0112

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Und alles dieses verstand der bewerkenswerte junge Mensch
aus der westfälischen Industriestadt Hagen, stimmte ihm zu,
bekräftigte es und erzählte, daß er in seiner Stadt ein Museum
gebaut habe und es von van de Velde ausbauen lassen wolle, um
die allermodernste Kunst darin aufzunehmen.
Einem solchen Menschen zur damaligen Zeit zu begegnen,
mußte wie ein Ereignis wirken, auch wenn man noch nichts von der
Art seines Sammelns und allen seinen anderen Plänen wußte.
Später dann, als ich und andere Gleichgesinnte und Strebende
in Freundschaft mit ihm verbunden waren, lernten wir seinen
schaffenden Geist bewundern. Denn natürlich von größerer
Bedeutung als durch alle reichen und anregenden Schätze seiner
Sammlung, als durch den stärkenden Meinungsaustausch, wurde er
für uns als der Vermittler von gemeinsamer Arbeit. Die Aufgaben,
die an uns herantraten, standen nicht immer außerhalb wirtschaftlicher
Notwendigkeit, durch den besonderen Bauherrn und Vermittler aber
wurden sie fast ganz zu Problemen der Kunst.
Es mag mir vergönnt sein, in dieser Stunde der Erinnerung
im Namen aller derer, die durch ihn zu künstlerischem Wirken
kamen, die Schuld tiefer Dankbarkeit zu bekennen.
Wie er nicht durch Freundschaft verbunden, nur einen
einzigen Künstler zu Wort kommen ließ, sondern neben aller
Herzensfreundlichkeit, die von ihm ausging, sich von ernster Sach-
lichkeit leiten ließ, wie er in der damaligen noch unklaren Zeit sich
nicht nur einer Persönlichkeit verschrieb, sondern die Synthese der
verschieden gearteten Begabungen erstrebte, ebenso lag ihm auch
nicht an der Architektur allein, sondern er faßte auch sie auf als
ein Teil vom gesamten künstlerischen Geschehen seiner Zeit. Wohl
war sie für ihn die Kunst, die die Gesetzmäßigkeit des Kunstwollens
am meisten verriet, in der das Abstrakte am klarsten zu Tage trat,
aber er wollte sie zudem durchwoben sehen und aufleuchten lassen
mit allen Mitteln, die ihr zu einer plastisch sinnlichen Erscheinung
verhelfen konnten.
Auch die Synthese aller Kunstäußerungen suchte er. So
wurden seine Freunde nicht nur die Baukünstler, sondern auch die
Schaffenden auf allen anderen Gebieten der Kunst.
Wenn es uns heute als eine der wichtigsten Erkenntnisse, ja
die wichtigste Forderung für künstlerische Entwicklung gilt, nämlich
im Zusammenklang der Künste, im Gesamtkünstlerischen, die Grund-
bedingungen für eine ästhetische Kultur zu erblicken, so ist man
wahrhaft erstaunt, wie diese Einsicht so früh schon durch Osthaus
gewonnen und in die Tat umgesetzt wurde.

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