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Reiners, Heribert
Die Kunstdenkmäler Südbadens (Band 1): Das Münster Unserer Lieben Frau zu Konstanz — Konstanz: Thorbecke, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.51169#0060

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Münster zu Konstanz

Das Langhaus

Der westliche
Abschluß

ergibt schon die Baugeschichte des Goslarer Domes, der 1050 vollendet war, als 2 Jahre
später das Konstanzer Münster einstürzte, und ehe Rumold mit dem Wiederaufbau
begann. Gegen eine Annahme von Schwaben als Ursprungsland des Kapitells spräche
aber auch, daß in Goslar außer in der Stiftskirche, dem sogenannten Dom, auch bei
den durch Kaiser Heinrich III. nach einem Brande von 1065 neu erstellten Kaiserhaus
die gleichen achtseitigen Kapitelle wiederholt wurden, also ein paar Jahre früher, ehe
Otto 1071 zum Bischof von Konstanz ernannt und geweiht worden war und damit
Bauherr des Münsters wurde.
Rumold hatte möglicherweise für den Wiederaufbau Bauleute aus Goslar kommen lassen,
deren Erfahrung er kannte. Daß er den damaligen Leiter des Bauwesens am Goslarer
Kaiserhofe, den aus Schwaben gebürtigen späteren Bischof von Osnabrück, Benno, einen
der besten geistlichen Architekten seiner Zeit, architectus praecipuus, caementarii operis
solertissimus, wie ihn sein Biograph Norbert rühmt, nach Konstanz berufen und mit
dem Neubau der Kathedrale beauftragt habe, wobei man auch die Kapitellform ver-
mutungsweise auf ihn zurückführt, ist eine ansprechende aber geschichtlich nicht ge-
nügend gestützte reine Hypothese.
Daß aber Säulen und Hochschiff nicht einheitlich erstellt wurden, zeigt schon die un-
geschickte Art, wie die Füße der Arkadenbogen auf den Kapitellen sitzen. Neben den
schweren Säulenschäften wirken die Kapitelle fast elegant, so daß es verständlich wird,
wenn Lübke schon Zweifel hatte, ebenso Ostendorf es für fraglich hält, ob die Säulen
wirklich dem Bau nach 1052 angehören, und Kugler die Säulen ins 12. Jh. datiert.
Aus der in Material und Technik abweichenden Mauerung ergibt sich, daß die Hoch-
schiffwand nicht gleichzeitig erstellt ist mit den von Rumold erneuerten Teilen des
Ostbaues (Abb. 85). Auch stehen Langhaus und Querschiffmauern nicht im Verband.
Die Hochschiffwand war ursprünglich breiter vorgesehen als ausgeführt, was aus den um
6 cm vorstehenden Bindersteinen beim Ansatz der Mauer vom Gewölbe der Seitenschiffe
aus und bei den Pilastern auf dem Gesims bei den Vierungspfeilern einwandfrei hervor-
geht (Abb. 88). Vielleicht war diese größere Mauerstärke geplant in Erwägung des Ein-
sturzes. Warum sie nicht ausgeführt wurde, weiß man nicht. Aber in der breiteren Form
der Mauer wäre die erwähnte Unstimmigkeit der Arkaden und Kapitelle noch stärker
hervorgetreten. Die Vermutung Reissers, auf Grund der ursprünglich vorgesehenen
Mauerstärke des Obergadens und der Maße des Schiffs, daß Rumold entsprechend
der Goslarer Kirche vielleicht auch für das Konstanzer Münster den im sächsischen
Gebiet beliebten doppelsäuligen Stützenwechsel vorgesehen, daß aber durch seinen
Nachfolger, der die Säulen erstellt habe, der Plan zur heutigen Form geändert sei,
ist nicht hinreichend begründet, um ihr zuzustimmen. Daß aber das Langhaus später
um ein Joch nach Westen erweitert sei (Hecht), ist ein mehrfach wiederholter Irrtum.
Rumold hatte wohl dem Langhaus die heutige Ausdehnung gegeben (s. u. bei der Be-
schreibung) .
Die frühere Westfassade und der Nordturm, das Problem eines angeblichen Westwerks
An der Nordseite des Turmes in der Welserkapelle und aus dem Baubefund ergibt sich
einwandfrei, daß der Neubau Rumolds keine Türme hatte, er schloß mit einer Fassade
ab. Die Türme sind später vor die fertige Kirche gesetzt worden. Bei der unteren Tür

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