Baubeschreibung
115. Das Kapitell der nördlichen Mittelsäule der Krypta
Stanzer Kapitelle ins Ende des 10. Jh., während sie höchstwahrscheinlich noch vor-
karolingisch sind. Aber abgesehen davon ist die angebliche Beziehung abzulehnen. Die
Werdener Kapitelle sind hinterschnitten, also vom Grund gelöst und zeigen darin einen
stärkeren Zusammenhang mit dem plastisch behandelten antiken Vorbild. Dem gegen-
über sind die Konstanzer Kapitelle als geschlossener, einheitlicher Körper aufgefaßt,
der Schmuck bleibt rein flächig. Man hat bisher immer wieder auf das Einzelkapitell
in Mittelzell als verwandt hingewiesen, das noch aus der karolingischen Basilika des
9.Jh. stammt, aber man übersah dabei, daß sich bei ihm ebenfalls eine andere Ge-
sinnung äußert als bei den Konstanzer Kapitellen. Das Mittelblatt ist hier in einer
lanzettförmigen flachen Mulde gegeben, an deren Rand Halbpalmetten ansetzen. Da-
durch wird es von den andern Blättern isoliert. Ebenso im aufgemalten Schmuck der
Kapitelle von Oberzell, Ende des 9.Jh. Vor allem aber hat das Kapitell in Mittelzell
eine andere Form, ist leicht gekehlt. Die Konstanzer Kapitelle aber stellen die Über-
leitung aus dem Rund zum Quadrat durch den Karnies her, wobei die Ausladung außer
dem ästhetischen Wert mit einer lebendigeren Erscheinung auch eine struktive Bedeu-
tung hat, indem durch diese das Abdrücken der Ecken vermieden werden soll (Reisser).
Daß aber diese Schmuckformen nicht völlig vereinzelt sind, zeigt der Palmettenfries an
den Überresten eines Altares aus der Kirche Saint-Germain in Genf, im dortigen Musee
d’Art et d’Histoire (J. P. Kirsch, in: Genava III [1925], S. 111), die man ins 5. Jh.
datiert und als bodenständige Arbeit anspricht (Gantner I, S. 53). Sie stehen altbyzan-
tinischen Werken nahe (s. Wulff II, S. 413), wie auch Reisser schon die Möglichkeit
byzantinischer Einflüsse bei diesen Kapitellen vermutet und die man mit aus diesem
Grunde als vorkarolingische ansehen möchte.
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115. Das Kapitell der nördlichen Mittelsäule der Krypta
Stanzer Kapitelle ins Ende des 10. Jh., während sie höchstwahrscheinlich noch vor-
karolingisch sind. Aber abgesehen davon ist die angebliche Beziehung abzulehnen. Die
Werdener Kapitelle sind hinterschnitten, also vom Grund gelöst und zeigen darin einen
stärkeren Zusammenhang mit dem plastisch behandelten antiken Vorbild. Dem gegen-
über sind die Konstanzer Kapitelle als geschlossener, einheitlicher Körper aufgefaßt,
der Schmuck bleibt rein flächig. Man hat bisher immer wieder auf das Einzelkapitell
in Mittelzell als verwandt hingewiesen, das noch aus der karolingischen Basilika des
9.Jh. stammt, aber man übersah dabei, daß sich bei ihm ebenfalls eine andere Ge-
sinnung äußert als bei den Konstanzer Kapitellen. Das Mittelblatt ist hier in einer
lanzettförmigen flachen Mulde gegeben, an deren Rand Halbpalmetten ansetzen. Da-
durch wird es von den andern Blättern isoliert. Ebenso im aufgemalten Schmuck der
Kapitelle von Oberzell, Ende des 9.Jh. Vor allem aber hat das Kapitell in Mittelzell
eine andere Form, ist leicht gekehlt. Die Konstanzer Kapitelle aber stellen die Über-
leitung aus dem Rund zum Quadrat durch den Karnies her, wobei die Ausladung außer
dem ästhetischen Wert mit einer lebendigeren Erscheinung auch eine struktive Bedeu-
tung hat, indem durch diese das Abdrücken der Ecken vermieden werden soll (Reisser).
Daß aber diese Schmuckformen nicht völlig vereinzelt sind, zeigt der Palmettenfries an
den Überresten eines Altares aus der Kirche Saint-Germain in Genf, im dortigen Musee
d’Art et d’Histoire (J. P. Kirsch, in: Genava III [1925], S. 111), die man ins 5. Jh.
datiert und als bodenständige Arbeit anspricht (Gantner I, S. 53). Sie stehen altbyzan-
tinischen Werken nahe (s. Wulff II, S. 413), wie auch Reisser schon die Möglichkeit
byzantinischer Einflüsse bei diesen Kapitellen vermutet und die man mit aus diesem
Grunde als vorkarolingische ansehen möchte.
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