Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 21.1898

DOI Artikel:
Loeser, Charles: Paolo Uccello
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.68268#0095

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Paolo Uccello.

Von Charles Loeser.
Die Zahl der anerkannten Werke Paolo Uccello’s ist angesichts der
Notorietät seines Namens und seiner langen Lebensdauer eine auffallend
geringe. Wie wir im Verlaufe unserer Ausführungen sehen werden,
sind die bekanntesten seiner Arbeiten zugleich die am wenigst gut er-
haltenen. Man war deshalb, zur Würdigung des Meisters, auf das Urtheil
Vasari’s angewiesen. Diese Biographie giebt aber zu verschiedener
Auslegung Anlass. Gleich zu Beginn derselben lesen wir: „Paolo
Uccello wäre das einschmeichelndste und phantasievollste Talent (il piu
leggiadro e capriccioso ingegno) gewesen, welches die Malerei von
Giotto bis auf unsere Tage gehabt hat, wenn er sich bei den mensch-
lichen Gestalten und Thieren die gleiche Mühe gegeben hätte, wie er sie
auf die Perspective verwendete und dabei seine Zeit vergeudete
Von der Natur mit einem spitzfindigen und flinken Geiste begabt, fand
er nur Freude im Grübeln über schwere und ganz ungewöhnliche
Probleme der Perspective, die, obwohl sie geistreich und schön sind,
beim Zeichnen der Figuren ihm so sehr im Wege waren, dass ihm diese,
je älter er wurde, desto schlechter gelangen.“ Damit schildert Vasari im
Einzelnen die Erfolge des Malers in der Linearperspective und schliesst
mit der Bemerkung, dass, wenn er die daran gewandte Zeit für das
Studium der Figuren ausgenutzt hätte, er darin die allerhöchste Voll-
kommenheit erlangt haben würde, obwohl er auch ohne dies die Figuren
sehr gut darzustellen vermochte.
In diesen Aeusserungen Vasari’s zeigt sich ein gewisses Schwanken
seines Urtheils. Er ist unsicher im Standpunkt den er Paolo gegenüber
einnehmen soll. Im Ganzen will er eher seinem Bedauern als seiner Freude
an dessen Leistungen Ausdruck geben. Andererseits fühlt er sich ge-
zwungen, ihm als geborenem Künstler eine hohe Begabung zuzuerkennen.
Sein Lob zielt nicht auf die wissenschaftlichen Bestrebungen Paolo’s,
sondern hebt gerade das hervor, was er in den Werken des Meisters als
wesentlich künstlerische Leistung erkannt hat, und worin die Perspective
keine Rolle spielt. Wie kommt Vasari nun dazu, unserm Paolo trotz
seiner strengen Kritik dennoch so hohes Lob zu spenden? Es kann nicht
anders sein, als dass er Arbeiten von ihm zu Gesicht bekam, die seine
XXI 7
 
Annotationen