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Repertorium für Kunstwissenschaft — 21.1898

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Daun, Berthold: Was stellt das Vischer'sche Tucher-Epitaph dar?
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https://doi.org/10.11588/diglit.68268#0210

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Was stellt das Vischer’sclie Tucher-Epitapli dar?
Fast durch alle über Peter Vischer und dessen Söhne handelnden
Schriften zieht sich ein alter Irrthum hindurch, der merkwürdiger Weise
bis heute noch nicht beseitigt worden ist. Bekanntlich befindet sich im
Dome zu Regensburg an der Wand der nördlichen Chorseite ein zum Ge-
dächtniss der Frau Margarethe Tücher gestiftetes Epitaphium aus Erz, das,
wie in der unteren linken Ecke die lateinischen Anfangsbuchstaben P. V.
mit dem Vischer’schen Meisterzeichen in ihrer Mitte und der Zusatz Norm-
berge erkennen lassen, aus der Giesshütte jener berühmten Nürnbergischen
Erzgiesserfamilie hervorging. Die Gedächtnissschrift1) darauf lässt
schliessen, dass es vielleicht schon 1521, dem Todesjahre der Frau Margarethe
Tücher, entstanden sein wird oder auch etwas später bestellt sein könnte.
Nach neuester Ansicht2) ist dieses Erzwerk eine Arbeit Peter Vischer’s
d. J., der sich als Jüngling im ersten Jahrzehnt des sechzehnten Jahr-
hunderts in Oberitalien aufhielt.3) Er soll es gewesen sein, der zuerst den
Vater auf die neue italienische Kunstrichtung führte und, von der Schön-
heit der Frührenaissance-Gebilde begeistert, mit feinem Verständniss in
dieser reizvollen Formensprache arbeitete. Später soll besonders er
dann durch Vermittlung seines Bruders Hermann, welcher sich in Rom
aufgehalten hatte, aber schon 1516 bald nach seiner Rückkehr aus
Italien in Nürnberg von einem Schlitten überfahren und dabei getödtet
wurde, in den Geist der nun beginnenden Hochrenaissance eingedrungen
sein.4) Die Grabtafel stellt dar, wie Christus in Begleitung von vier
Aposteln mit einer Frau, die von zwei Begleiterinnen umgeben ist, im
Gespräche begriffen ist, und darin erkannte man die Begegnung Christi
4) Anno domini 1521, am XI. tag des Monats januari starb die erber und
tugennthafft frau Margareth Mertein Tucherin von Nürmberg, hie begraben, der
gott genedig sey, amen: Ir all die mit andacht hie für gett, sprecht für die ge-
storben ein gepett.
2) Dr. phil. Georg Seeger: Peter Vischer der Jüngere, Leipzig 1897.
3) Mit Geschick sucht Seeger nachzuweisen, dass Peter Vischer d. J. 1507
bis 1508 in Oberitalien war.
4) Die Ansicht, die in ausgesprochenen Renaissanceformen gehaltenen Werke
seien Erzeugnisse des jüngeren Vischer hat manche Wahrscheinlichkeit für sich,
ist aber noch nicht ausgemachte Thatsache. Der alte Vischer stand der Giess-
 
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