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Repertorium für Kunstwissenschaft — 21.1898

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Joseph, David: Die Fresken von Meysse
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https://doi.org/10.11588/diglit.68268#0477

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Die Fresken von Meysse.

Wer kennt Meysse? Vergebens wird man den Ort in den land-
läufigen Kunsthandbüchern aufsuchen, aber selbst die Speciallitteratur lässt
uns hier in Stich. Wie könnte es auch anders sein; ist doch Meysse nur
ein kleines Dorf in Brabant, etwa zwei Meilen nördlich von Brüssel ge-
legen, und erst neuerdings für die Kunst entdeckt worden. Wohl waren
und sind die landschaftlichen Reize des Dörfchens anziehend genug, um
hin und wieder einen Naturschwärmer hinzulocken, wer aber hätte ver-
muthet, dass die kleine gothische Kirche des Ortes ein über das gewöhn-
liche hinausgehendes Interesse erwecken werde. Allerdings hat diese
Kirche vor vielen andern den Vorzug aus dem XVI. Jahrhundert zu stammen
und da das Gebäude auf ein so hohes Alter zurückblicken darf, so wat
es natürlich auch etwas mürbe geworden. Die Mönche der Abtei Grim-
berghen, zu deren Sprengel das kleine Gotteshaus gehörte, werden wohl
ihr Möglichstes zur Conservirung beigetragen haben, ja es wurde sogar im
XVII. Jahrhundert vergrössert, aber ein Theil wurde durch, eine Feuers-
brunst i. J. 1730 zu Grunde gerichtet.
Der antiquarische Werth der Kirche hat nun die belgische Regier-
ung veranlasst eine sorgsame Restauration vornehmen zu lassen, welcher
die bewährte Kraft des bekannten Architekten Van Ysendijk vorstand,
während mit der speciellen Leitung der in Wiederherstellungsarbeiten ge-
übte Baumeister Jules Barbier betraut wurde. Im Verlaufe der Reinigungs-
arbeiten im Querschiff kam man hinter den Altären auf Spuren von Fresken.
Nach Beseitigung des Kalküberwurfs, der sich im Verfolg der Jahrhunderte
dort in vielen Schichten festgelegt hatte, wurde der Maler Joseph
Middeleer mit der Restaurirung der Fresken, die sich bis auf zwei
wiederfanden, beauftragt. Die beiden zerstörten Fresken befanden sich
am äussersten Ende der Wandflächen.
Der restaurirende Künstler hat offenbar seine Aufgabe befriedigend
gelöst. Wir erkennen in dem linken Transept die Anbetung der
Hirten und die Verkündigung und darüber den Tod der Jungfrau
und ihre Himmelfahrt. Die Mutter Gottes wird von den Aposteln be-
weint, während andererseits Engel ihre Gestalt emporheben. Die Stifter-
familie schaut den Vorgängen zu. In dem Transept zur Rechten erscheint

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