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Repertorium für Kunstwissenschaft — 21.1898

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Doren, Alfred: Zum Bau der Florentiner Domkuppel
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https://doi.org/10.11588/diglit.68268#0262

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250

Alfred Doren:

nach von Brunellesco und Ghiberti gemeinsam hergestellten — Kuppelmodells
vom Jahre 1420 angewiesen, die uns in der, lange Zeit nach Milanesi’s
Vorgang dem berühmten Florentiner Humanisten Manetti zugeschriebenen
Vita Brunellesco’s erhalten, von Vasari mit rhetorischen, nichtssagenden
Zusätzen und sinnentstellenden Abänderungen versehen und seitdem von
fast allen neueren Bearbeitern der Frage wieder abgedruckt und commentirt
resp. übersetzt worden ist. — Nun hat allerdings die im letzten Jahre
durch Chiapelli in Pistoia entdeckte und von ihm publicirte zweite Hand-
schrift der Vita — durch die der Beweis gegen Manetti’s Autorschaft
geführt wurde — zugleich mit andern werthvollen Ergänzungen und
besseren Lesarten auch in der Wiedergabe unserer Denkschrift manche
Textvarianten gebracht, die sich zum Theil wenigstens als Verbesserungen* * 11)
erwiesen; und man wäre bei weiteren Deutungsversuchen jedenfalls ge-
zwungen worden, diese Handschrift neben derjenigen der Magliabecchiana
mit in Betracht zu ziehen.
Immerhin blieb auch so die Ueberlieferung der wichtigen Urkunde
selbst nach den Forderungen historischer Quellenkritik die denkbar ungün-
stigste: sie liegt uns vor in dem Werke eines aller Wahrscheinlichkeit
nach etwa 50 Jahre später schreibenden Schriftstellers, der wiederum nicht
in der Originalfassung, sondern in secundärer oder gar, wie Chiapelli be-
wiesen zu haben scheint12), tertiärer Form auf uns gekommen ist; sie
giebt sich zwar ausdrücklich als Copie eines Documents aus, das sich in einem
vom Proveditore dell’ opera angefertigten Libro di creditori e debitori di
legnami e di marmi befinden soll; aber dieses Buch ist auf irgend
eine Art aus dem sonst so reichhaltigen Archiv verschwunden. Eine gleich-
zeitige Niederschrift des Memorandum schien nicht mehr vorhanden. Und
doch existirt eine solche — und man darf sich vielleicht wundern, dass
es Niemandem bisher eingefallen ist, die Bücher der Wollenzunft aus der da-
maligen Zeit, als die der eigentlichen Leiterin und Beaufsichtigerin des Baues,
alle einer gründlichen Durchsicht zu unterwerfen, nachdem Guasti in seinem
verdienstvollen Buche nur die „Deliberazioni“ derselben zu diesem Zwecke
durchsucht und abgeschrieben hatte. So konnte es kommen, dass diese,
vielleicht die einzige erhaltene gleichzeitige Copie der Denkschrift Brunel-
lesco’s wie durch Zufall mir, dessen Studien auf ganz anderen, wirthschaft-
geschichtlichen Gebieten liegen, in die Hände fiel.
Indem ich dieselbe nun im Folgenden publicire, muss ich es als
Laie in der Kunst- und Baugeschichte den besser Unterrichteten über-
lassen, alle die Folgerungen zu ziehen, die der in Manchem veränderte
Text für die Erklärung der technischen Schwierigkeiten zu ziehen gestattet.
Nur einige Worte mehr historisch-kritischer Natur dürfen wohl in Kürze
vorausgesandt werden.
n) Allerdings zum Theil auch als Verschlechterungen, z. B. alteza statt el
terzo in Abschnitt 6; il beccatello statt imbeccatellato, und % statt % in Abschnitt 9;
fare statt murare in Abschnitt 12.
12) Vgl. auch unten S. 254.
 
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