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Repertorium für Kunstwissenschaft — 25.1902

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Weizsäcker, Heinrich: Noch einmal der fragliche Dürer in Frankfurt
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https://doi.org/10.11588/diglit.61695#0097

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Heinrich Weizsäcker: Noch einmal der fragliche Dürer in Frankfurt. 83
grösseren Sammlung von Ahnenbildnissen gleichen Alters einreiht, die in
ihrer Mehrzahl sicher auf Frankfurter Boden entstanden sind, so ist
immerhin die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass es mit diesen einem
und demselben Familien- oder wenigstens Ortskreise entstammt. Es sind
jedenfalls locale Beziehnungen und damit auch bestimmte Vortheile der
kritischen Betrachtung gegeben, die sich eine methodische Behandlung
des Gegenstandes nicht entgehen lassen darf. Mögen also noch ein paar
Worte zur Sache vergönnt sein! Vielleicht gelingt es mit den Mitteln
der localen kunstgeschichtlichen Forschung, eine Angelegenheit in’s Reine
zu bringen, die ohnedies, wie ich anzunehmen geneigt bin, im Verhältniss
zu ihrer wahren Bedeutung reichlich, wo nicht schon zu viel von sich
reden gemacht hat.
Mit überzeugenden Gründen hat m. E. Haack in der erwähnten
Studie die zuerst von Thode öffentlich ausgesprochene Ansicht widerlegt,
als sei Albrecht Dürer der Urheber des fraglichen Werkes2), eine An-
sicht, die übrigens nicht, wie H. anzunehmen scheint, irgend eine locale
Tradition hinter sich hat. Das Bild hing früher in einem verlorenen
Winkel des ehemals vor den Thoren Frankfurt’s gelegenen, heute in den
Bereich der Grosstadt hineingezogenen Holzhausen’schen Schlösschens
„auf der Oed’,“ wo sich auch der übrige Kunstbesitz der Familie be-
findet, und es ist nicht viel mehr als zehn Jahre her, dass es dort ganz
zufällig durch den Scharfblick eines einheimischen Kenners entdeckt und
wieder zu Ehren gebracht wurde. Um nun dem Bilde doch einen
Namen zu geben, hat H. an Dürer’s Statt den Hans Baldung Grien als
den wahren Autor bezeichnet, übrigens ohne das Original gesehen zu
haben, nur auf Grund des Lichtdruckes, den Thode s. Z. mitgetheilt hatte.
Ich unterlasse es vorderhand, auf diese neueste Bestimmung einzugehen,
um zunächst noch in dem näher gelegenen einheimischen Kunstbereich
zu verweilen.
In der Sammlung unseres städtischen historischen Museums be-
findet sich ein aus der ehemaligen Predigerkirche in Frankfurt stammendes
Altargemälde mit der Darstellung Christi im Tempel (No. 299), das in
diesem Zusammenhang eine nicht unwichtige Rolle spielt. Gleichzeitig,
jedoch unabhängig von einander sind schon vor Jahren Adolf Bayers-
dörfer und ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass der Urheber dieses
Gemäldes identisch sei mit dem des Holzhausen’schen Bildnisses, und
dass von derselben Hand ausserdem auch eine Anbetung der Könige
nebst einem dazu gehörigen Flügelbilde mit der Steinigung des Stephanus
in der Mainzer städtischen Galerie herrühre (No. 311 und 312), die zu-
erst Rieffel im fünfzehnten Bande des Repertoriums (1892, p. 288 ff.)
einem weiteren Kreise bekannt gemacht hat. Bayersdorfer hat seine
Meinung über die Zusammengehörigkeit dieser Bilder im Text zum
zweiten Jahrgang der Hefte der kunsthistorischen Gesellschaft für photo-
2) Henry Thode, drei Portraits von Albrecht Dürer, Jahrbuch der königl.
preussischen Kunstsammlungen XIV (1893) p. 208 f.

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