Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]: Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein (12.1906)

Franz Bramstädt. Alter frierender Mann (Bronze).
Und dann, übergehend zu den ideal gemodel-
ten Porträts, die köstlichen Werke von B.Hoetger
und Franz Löhr. Des ersteren ,,Weiblicher
Kopf" (Marmor) ist das idealisierte Porträt einer
schönen, faszinierend schönen jungen Frau von
exotischem, etwa slawischem Typus. Aus dem
rauhen Block wächst das außerordentlich fein
behandelte, stark vornübergeneigte Gesicht her-
aus, mit seinen eigentümlich geschlitzten, etwas
archaisierenden Augen, mit der vornehmen
Mund- und Nasenpartie und den weichen zarten
Flächen der Wangen. Man vergißt den Ein-
druck nicht, den dieses Gesicht einmal gemacht.
Unter den übrigen Werken Hoetgers fällt dann
namentlich der große ,,weibliche Torso" (in der
Eingangshalle) auf, ein höchst interessant (in
den Haaren freilich zu pelzig) gebildeter Akt
mit geschmackwidrig, weil gewaltsam, abge-
hackten Beinen. Hoetger nennt das Werk zwar
eine Studie, aber warum ist es als solche in
Bronze gegossen? Man kommt über den Ein-

Peter König. Männliche Büste mit Schnurrbart
(Bronzierte Gipsbüste)
druck?,des Geschmacklosen, Barbarischen nicht
hinaus (s. Abbild.). Weniger outriert wirkt der
kleine „weibliche Torso" (ebenfalls Bronze), ein
Werk, das in seiner Wucht sehr wohl ins
Kolossale vergrößert zu denken wäre. Nur wirkt
unangenehm auch hier das „Ausgezogene" —
im Gegensatz zum Nackten — des Modells.
Viel feiner ist der Eindruck des pikanten, frechen
Gesichtchens der kleinen Bronze „Mädchen-
büste" mit ihren reduzierten und doch so sub-
tilen Formen, die an die Mädchenbüsten des
Quattrocento denken lassen, denen sie doch
etwas eigentümlich Nervöses, Modernes hinzu-
fügen. — Einen ähnlichen, nur vielleicht noch
stärkeren Reiz der gebundenen Form atmet der
„Frauenkopf" von F. Löhr. Die Abbildung
verrät nur einen Teil dieses Reizes, der in der
stark patinierten Bronze liegt, in ihrer süßen
Herbigkeit und der graziösen, etwas neugierigen
Wendung des Köpfchens. Im Technischen (Be-
handlung der Haare) ist nicht unangenehm —

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