Zwei Spitzbubengeschichten.
beobachtet; zuletzt beugt er sich, legt sein Ohr an den
Rüssel und gibt sich den Anschein, als höre er aufmerksam
auf die letzten Töne des Tieres; dann richtet er sich auf
und sagt: „Es hat ein mündliches Testament gemacht.
Den Messer Filippo setzt es zum Universalerben ein
und mich hat es zum Testamentsvollstrecker ernannt."
Die Signora lacht über diesen Witz so lebhaft, daß sie
rücküber fällt, und wenn Messer Filippo nicht zuge-
sprungen wäre, so hätte sie den Topf mit dem Blut um-
gestoßen. Das ist nun wieder für Pietrino so komisch,
daß er in Lachen verfällt, sich immer vornüber beugt
und den Bauch hält. Da er ein stattlicher Fleischer ist,
so erregt das seinerseits die Heiterkeit des Messer Filippo,
und so lachen denn alle drei eine ganze Zeit, indem
immer, wenn einer aufhört, der andere wieder anfängt.
Nun durchbohrt der Fleischer dem toten Tier die
Kniekehlen und steckt das Krummholz durch; es werden
zwei hölzerne Stühle aus der Küche geholt, auf welche
die beiden Männer treten, und dann heben sie das
Schwein und hängen es am Krummholz auf, damit es
der Fleischer aufschlagen kann.
Wie es da nun so hängt, da beginnt Messer Filippo
zu klagen, indem er sich über die Nachbarn beschwert
und erzählt, welches Interesse sie alle an dem Schwein
haben, wie sie das Gewicht abschätzten und über die Mast
sprachen und ihm Ratschläge für die Würste gaben, und
wie der eine sogar eine Anspielung auf die Schälrippchen
gemacht hat, und wie heutzutage das Leben so teuer
ist, und das Schwein kommt ihm mit allen Nebenaus-
gaben hoch genug.
Pietrino ist hier ganz der Meinung des Messer Filippo;
er findet, wer Schälrippchen essen will, der kann selber
schlachten, denn der Hausschlächter wird ohnehin gedrückt
heutzutage; und er schließt, daß er an der Stelle des
Messer Filippo niemandem eine Schlachtschüssel schicken
würde, sondern er würde sich die Knochen schön einsalzen
und mit Sauerkraut und Erbsen essen, wie das die
Deutschen tun, die kluge Leute sind und wissen, was
gut schmeckt.
Dies ist nun für Messer Filippo eine neue Rede,
denn er hat es bis dahin nicht anders gewußt, als daß
man den Nachbarn die Schlachtschüssel schicken muß,
weil einem der Segen sonst schlecht wird; deshalb fragt
er Pietrino nach dem Näheren, und der erzählt ihm denn
genau, wie man alles macht.
Das versteht nun Messer Filippo sehr gut; aber er
sagt sich, daß die Nachbarn ihm das Übelnehmen würden,
wenn sie die Schlachtschüssel nicht bekämen, denn diese
Leute glauben ja doch ein Anrecht zu haben, wenn einer,
der ein bißchen etwas hat, sich ein Schwein schlachtet,
weil sie selber nichts haben; und das erscheint ihm wirklich
unrecht von den Leuten, denn er denkt gar nicht mehr
daran, daß er selber ja doch auch immer Schlachtschüsseln
bekommen hat. Und so schließt er denn, daß ihm das
Herz zwar blutet über die Ungerechtigkeit, denn er ist
immer ein Feind der Ungerechtigkeit, aber er will die
Knochen doch lieber nicht einpökeln und den Nachbarn
morgen früh jedem seine Schüssel schicken. Die Signora
nickt mit dem Kopf und sagt, ihr Mann sei eben immer
zu gut, aber sie könne dagegen nichts tun, er lasse sich
ja nie in seine Geschäfte hineinreden.
Hier legt Pietrino den Finger an die Nase und sagt:
„Messer, ich habe einen Einfall. Es ist ein Glück, daß ich
nicht heute früh kommen konnte, wie Eure Erzellenz
eigentlich wollten, und Eure Exzellenz haben mich ja
auch sehr darüber gescholten. Denn warum? Jetzt
hacke ich das Schwein noch auf, wir nehmen die Ein-
geweide heraus und waschen die Kaldaunen, ich kann
es auch noch zerteilen, und dann ist Feierabend. Wäre
ich gekommen, wie der Messer wollte, dann würde heute
alles fertig, und ich müßte heute abend die Schlacht-
schüsseln Herumtragen, wofür ich ja dann freilich von
jedem Nachbar einen Soldo Trinkgeld zu erwarten habe.
Aber so bringen wir das Schwein in den Keller, und
wenn wir morgen früh mit der Arbeit fortfahren wollen,
dann sagt Messer Filippo: „Das Schwein ist mir diese
Nacht gestohlen."
Die Unverschämtheit der Nachbarn muß natür-
lich den Messer Filippo ärgern, und um ihnen einen
Possen zu spielen, geht er auf Pietrinos Vorschlag
ein, und es wird alles so gemacht, wie Pietrino vor-
geschlagen hat.
Pietrino ist, wie der Leser schon gemerkt haben wird,
ein kluger Mensch. Er sorgt also dafür, daß das Schwein
im Keller versteckt wird, in den man durch das Fenster
leicht einsteigen kann, damit der Diebstahl glaubhaft
ist; und als es Nacht geworden ist und Messer Filippo
und seine Gattin fest schlafen, da erscheint er still vor dem
Hause mit seinem kleinen Handwagen. „Es war doch
gut, daß ich es noch zerteilt habe, es trägt sich so leichter,"
spricht er für sich, als er es herausholt und auf seinen
Wagen legt. Er nimmt auch Herz, Lunge und Leber
mit, die in einer Schüssel liegen, und die Kaldaunen, die
noch im Wasser schwimmen, und den Topf mit dem Blut.
Dann zieht er seinen Wagen fröhlichen Herzens nach
Hause.
Am andern Morgen in der Frühe geht er zu Messer
Filippo; vor dem Hause stehen die Nachbarn und sprechen
untereinander, indem sie auf das Haus zeigen; ein
Polizist hockt vor dem Kellerfenster, die Hände auf die
Knie gestützt, und sieht in den Keller; die Tür öffnet
sich, und aufgeregt erscheint Messer Filippo, einem
andern Polizisten eine Erzählung machend; der Polizist
schüttelt ruhig den Kopf und hört ihn an.
Pietrino tritt neben ihn und sagt leise: „Ausgezeich-
net! Ganz recht!"
„Das Schwein ist diese Nacht gestohlen!" schreit ihm
Messer Filippo zu.
„Was? Gestohlen? Das Schwein?" fragt Pietrino
laut, und leise fügt er hinzu: „So ist es richtig! Kein
Mensch schöpft Argwohn!"
Dem Messer Filippo kommen die Tränen, er faßt
mit beiden Händen die Hand Pietrinos und sagt: „Ge-
stohlen, wirklich gestohlen!"
„Sehr gut, das ist der richtige Ton," erwidert leise
Pietrino.
„Nein, wirklich gestohlen!" ruft der Messer.
„Und die Tränen! Ganz echt!" sagt Pietrino.
„Heute morgen, ich denke, ich will es mir doch einmal
ansehen, ich gehe in den Keller..." erzählt Messer Filippo
den Nachbarn. „Nichts. Nichts. Da liegt das weiße
Tuch, es ist noch blutig. Nichts weiter. Nichts."
beobachtet; zuletzt beugt er sich, legt sein Ohr an den
Rüssel und gibt sich den Anschein, als höre er aufmerksam
auf die letzten Töne des Tieres; dann richtet er sich auf
und sagt: „Es hat ein mündliches Testament gemacht.
Den Messer Filippo setzt es zum Universalerben ein
und mich hat es zum Testamentsvollstrecker ernannt."
Die Signora lacht über diesen Witz so lebhaft, daß sie
rücküber fällt, und wenn Messer Filippo nicht zuge-
sprungen wäre, so hätte sie den Topf mit dem Blut um-
gestoßen. Das ist nun wieder für Pietrino so komisch,
daß er in Lachen verfällt, sich immer vornüber beugt
und den Bauch hält. Da er ein stattlicher Fleischer ist,
so erregt das seinerseits die Heiterkeit des Messer Filippo,
und so lachen denn alle drei eine ganze Zeit, indem
immer, wenn einer aufhört, der andere wieder anfängt.
Nun durchbohrt der Fleischer dem toten Tier die
Kniekehlen und steckt das Krummholz durch; es werden
zwei hölzerne Stühle aus der Küche geholt, auf welche
die beiden Männer treten, und dann heben sie das
Schwein und hängen es am Krummholz auf, damit es
der Fleischer aufschlagen kann.
Wie es da nun so hängt, da beginnt Messer Filippo
zu klagen, indem er sich über die Nachbarn beschwert
und erzählt, welches Interesse sie alle an dem Schwein
haben, wie sie das Gewicht abschätzten und über die Mast
sprachen und ihm Ratschläge für die Würste gaben, und
wie der eine sogar eine Anspielung auf die Schälrippchen
gemacht hat, und wie heutzutage das Leben so teuer
ist, und das Schwein kommt ihm mit allen Nebenaus-
gaben hoch genug.
Pietrino ist hier ganz der Meinung des Messer Filippo;
er findet, wer Schälrippchen essen will, der kann selber
schlachten, denn der Hausschlächter wird ohnehin gedrückt
heutzutage; und er schließt, daß er an der Stelle des
Messer Filippo niemandem eine Schlachtschüssel schicken
würde, sondern er würde sich die Knochen schön einsalzen
und mit Sauerkraut und Erbsen essen, wie das die
Deutschen tun, die kluge Leute sind und wissen, was
gut schmeckt.
Dies ist nun für Messer Filippo eine neue Rede,
denn er hat es bis dahin nicht anders gewußt, als daß
man den Nachbarn die Schlachtschüssel schicken muß,
weil einem der Segen sonst schlecht wird; deshalb fragt
er Pietrino nach dem Näheren, und der erzählt ihm denn
genau, wie man alles macht.
Das versteht nun Messer Filippo sehr gut; aber er
sagt sich, daß die Nachbarn ihm das Übelnehmen würden,
wenn sie die Schlachtschüssel nicht bekämen, denn diese
Leute glauben ja doch ein Anrecht zu haben, wenn einer,
der ein bißchen etwas hat, sich ein Schwein schlachtet,
weil sie selber nichts haben; und das erscheint ihm wirklich
unrecht von den Leuten, denn er denkt gar nicht mehr
daran, daß er selber ja doch auch immer Schlachtschüsseln
bekommen hat. Und so schließt er denn, daß ihm das
Herz zwar blutet über die Ungerechtigkeit, denn er ist
immer ein Feind der Ungerechtigkeit, aber er will die
Knochen doch lieber nicht einpökeln und den Nachbarn
morgen früh jedem seine Schüssel schicken. Die Signora
nickt mit dem Kopf und sagt, ihr Mann sei eben immer
zu gut, aber sie könne dagegen nichts tun, er lasse sich
ja nie in seine Geschäfte hineinreden.
Hier legt Pietrino den Finger an die Nase und sagt:
„Messer, ich habe einen Einfall. Es ist ein Glück, daß ich
nicht heute früh kommen konnte, wie Eure Erzellenz
eigentlich wollten, und Eure Exzellenz haben mich ja
auch sehr darüber gescholten. Denn warum? Jetzt
hacke ich das Schwein noch auf, wir nehmen die Ein-
geweide heraus und waschen die Kaldaunen, ich kann
es auch noch zerteilen, und dann ist Feierabend. Wäre
ich gekommen, wie der Messer wollte, dann würde heute
alles fertig, und ich müßte heute abend die Schlacht-
schüsseln Herumtragen, wofür ich ja dann freilich von
jedem Nachbar einen Soldo Trinkgeld zu erwarten habe.
Aber so bringen wir das Schwein in den Keller, und
wenn wir morgen früh mit der Arbeit fortfahren wollen,
dann sagt Messer Filippo: „Das Schwein ist mir diese
Nacht gestohlen."
Die Unverschämtheit der Nachbarn muß natür-
lich den Messer Filippo ärgern, und um ihnen einen
Possen zu spielen, geht er auf Pietrinos Vorschlag
ein, und es wird alles so gemacht, wie Pietrino vor-
geschlagen hat.
Pietrino ist, wie der Leser schon gemerkt haben wird,
ein kluger Mensch. Er sorgt also dafür, daß das Schwein
im Keller versteckt wird, in den man durch das Fenster
leicht einsteigen kann, damit der Diebstahl glaubhaft
ist; und als es Nacht geworden ist und Messer Filippo
und seine Gattin fest schlafen, da erscheint er still vor dem
Hause mit seinem kleinen Handwagen. „Es war doch
gut, daß ich es noch zerteilt habe, es trägt sich so leichter,"
spricht er für sich, als er es herausholt und auf seinen
Wagen legt. Er nimmt auch Herz, Lunge und Leber
mit, die in einer Schüssel liegen, und die Kaldaunen, die
noch im Wasser schwimmen, und den Topf mit dem Blut.
Dann zieht er seinen Wagen fröhlichen Herzens nach
Hause.
Am andern Morgen in der Frühe geht er zu Messer
Filippo; vor dem Hause stehen die Nachbarn und sprechen
untereinander, indem sie auf das Haus zeigen; ein
Polizist hockt vor dem Kellerfenster, die Hände auf die
Knie gestützt, und sieht in den Keller; die Tür öffnet
sich, und aufgeregt erscheint Messer Filippo, einem
andern Polizisten eine Erzählung machend; der Polizist
schüttelt ruhig den Kopf und hört ihn an.
Pietrino tritt neben ihn und sagt leise: „Ausgezeich-
net! Ganz recht!"
„Das Schwein ist diese Nacht gestohlen!" schreit ihm
Messer Filippo zu.
„Was? Gestohlen? Das Schwein?" fragt Pietrino
laut, und leise fügt er hinzu: „So ist es richtig! Kein
Mensch schöpft Argwohn!"
Dem Messer Filippo kommen die Tränen, er faßt
mit beiden Händen die Hand Pietrinos und sagt: „Ge-
stohlen, wirklich gestohlen!"
„Sehr gut, das ist der richtige Ton," erwidert leise
Pietrino.
„Nein, wirklich gestohlen!" ruft der Messer.
„Und die Tränen! Ganz echt!" sagt Pietrino.
„Heute morgen, ich denke, ich will es mir doch einmal
ansehen, ich gehe in den Keller..." erzählt Messer Filippo
den Nachbarn. „Nichts. Nichts. Da liegt das weiße
Tuch, es ist noch blutig. Nichts weiter. Nichts."