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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 31.1921

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Heft 4
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Schäfer, Wilhelm: Siedlung Essen Stadtwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.26485#0171

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Josef Rings.

Abb. l: Grundplan der Siedlung Essen Stadtwald.

Siedlung Essen Stadtwald.

in Aufenthalt in Essen gab mir die willkommene
Gelegenheit, wieder einmal nach der Margareten-
höhe hinauszufahren, wo der Baumeister Georg
Metzendorf unermüdlich an seiner in Deutschland einzigen
Wohnstadt gestaltet. Wieder einmal kam ich über die lange
Brücke in sein Stadttor hinein, wieder einmal war ich
überrascht, wie sich das enge Schaubild der ersten Straße
mit jedem Schritt weitet, bis endlich die ländliche Klein-
stadt in ihrer behaglichen Entfaltung daliegt. Die Zeit
hat auch hier das Bauwerk zu einer teuren Notwendig-
keit gemacht: so wird ein weit geworfener Kranz von
„Mietshäusern" das Bild abschließcn, das so eigenbröd-
lerisch beginnt; aber gerade dieser Kranz gibt eine Steige-
rung, das geschlossene Straßenbild wächst sich darin zu
einer größeren Stetigkeit aus als sie die Kleinhäuser zu
geben vermochten. Und schließlich sind wir ja nun so weit,
einzusehen, daß das „Eigenhaus" nicht nur zu teuer ist,
um die Wohnfrage sozial zu lösen, sondern daß es auch
nicht jedem Wohnbedürfnis entgegenkommt. Es gibt
nun einmal Arbeiter und andere kleine Leute, die keinen
Garten haben wollen und — kurz gesagt — nichts anderes
als auf der Etage wohnen möchten; leider muß man nun
sagen: glücklicherweise; denn für die nun kommenden
Aeiten dürfte das Eigenhaus ein Luxus geworden sein.
Altere Leser der „Nheinlande" werden sich erinnern,
daß die Laufbahn von Georg Metzendorf, einem jüngeren
Bruder des bekannten Bergstraßen-Baumeisters Heinrich
Metzendorf, in Darmstadt 1908 begann, als er dort mit
seinem Arbeiter-Wohnhaus Ansehen gewann. Ich habe
damals eins der sechs Häuser abgebildet, aber einem ganz
Unbekannten, dem jungen Josef Rings, gegen Olbrich,
7^

Walde, Wienkop u. a. den Preis gegeben für eine Lösung,
die ich für die durchdachteste hielt. Metzendorf hat damals
gleich seinen Weg nach Essen gefunden, die großgeplante
Stiftung von Frau Margarete Krupp in die Wirklichkeit
zu setzen; Rings mußte erst noch an der Kunstgewerbe-
schule in Offenbach einen Awischenposten antreten. Und
wiederum werden sich ältere Leser der „Rheinlande" er-
innern, daß ich ihm danach (Januarheft 1914) noch einmal
den Weg zu ebnen versuchte; diesmal konnten es aber
in der Hauptsache nur Entwürfe sein. Nun, er hat
seinen Weg nach Essen auch gefunden, und es wird
einmal ein Ruhm für diese Stadt sein — der zum größten
Teil freilich auf den Namen Krupp zurückfällt —, daß sie
nicht nur das Siedlungswesen großzügiger als sonst eine
Stelle in Deutschland angriff, sondern daß sie sich auch
solche Männer wie Metzendorf und Rings rechtzeitig
zu gewinnen wußte.
Josef Rings, der aus Honnef gebürtig, also ein echter
Rheinländer ist, setzt als Baumeister gewissermaßen da
ein, wo Metzendorf aufhörte — wenigstens für heute. An
ihm gemessen ist Metzendorf liebenswürdig, wenn man
will romantisch in dem Sinn, daß er die poetische Wir-
kung alter Bauweisen bewußt nachklingen laßt, wahrend
Rings, wenn man so sagen darf, unerbittlich modern ist.
Ein Vergleich beider muß insofern immer ein Unrecht
enthalten, als sie in verschiedenen Perioden der modernen
Baukunst stehen; auch zeitlich setzte Rings erst ein, als
die Stadt Metzendorfs in ihrem Haupteindruck schon der
Kritik standgehalten hatte. Aber davon abgesehen ist der
Baumeister Josef Rings auch aus härterem Holz ge-
schnitzt, und schließlich hatte er das Glück, seine „Stadt"

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