Zum Drama und Theater der Gegenwart.
sie leistet. Soll der Schauspieler gegenüber dem Spiel-
leiter autonom gemacht werden? O nein! Aber das
in ihm liegende Können, wenn er geistiger Mensch und
ein Könner ist, soll voll ausgeschöpft werden. Der
Spielleiter ist und bleibt darum doch der Dirigent des
Orchesters. Auch der Verantwortliche und darum der
Leitende. Man begreife nur endlich, daß auch dieser
enge Raum, die Bühne, Platz hat für alles gute und
reine Wollen und Können.
Manchmal fällt es uns auf und wir staunen: wie die
Sprache ja für uns besseren und richtigeren, kürzeren und
überzeugenderen Ausdruck schafft für das, was da ist
oder da sein sollte. Auf einmal sagen wir uns, wie
treffend dies Wort der Sprache, das wir gedankenlos
so oft angewendet haben! So ist es auch mit dem Worte
„Spielen", das die Tätigkeit des Schauspielers bezeichnet.
In der Tat, er spielt, wie ein Kind, aber auf einer
anderen Ebene als ein Kind. Ein Bühnenleiter und aus-
gezeichneter Spielleiter und Schauspieler erzählte mir,
wie er seinen kleinen Jungen, vier bis fünf Jahre, mit
in der Garderobe hatte, wie er plötzlich hinter einem
Schirm hervortrat, kostümiert als einer von den Rüpeln
im Sommernachtstraum und dem Jungen ein ent-
sprechendes Gesicht machte — und wie der Junge aus
tiefstem Herzen sagte: „Na, Vater, du kannst aber auch
schön Unfug machen, . ."
Wie Kinder spielen untereinander, wer hat nicht bei
ihrer manchem schon die Intuition und Erfindungs-
gabe bewundert? Wesenhaft nicht anders, aber auf
anderer Ebene, „spielt" der Schauspieler, d. h. er macht
Bewegung, Rhythmus mit dem Körper, mit jeder Faser
seines Herzens und seines Leibes, mit seiner ganzen
Seele, die aus seinem Munde die Rhythmen der Worte
spricht . . . und das Ganze seines Tuns zusammen-
hält.
Wie aber das Sprechen des Schauspielers — nun
dies einmal momentan für sich betrachtet, — auch wieder
adäquat dem Dichterwort sein muß, wie auch hier Platz
für alle Möglichkeiten ist und sein muß, davon muß noch
in einem besonderen Kapitel gesprochen werden. Ost
ist das Sprechen auf der Bühne nach einer Sprech-
mode reguliert worden, und das ist nicht immer gut ge-
wesen. Karl Röttger (Düsseldorf-Wersten).
^Okkultismus.
Der Okkultismus grassiert heute wie eine schlimme
Seuche, immer neue Opfer fordernd. Er behauptet
einmal, Wissenschaft zu sein. Doch ist diese „Wissen-
schaft" der landläufigen Okkultisten und Theosophen
Produkt einer derartigen kritiklosen Phantasterei und
einer alles vermanschenden wissenschaftlichen Unzuläng-
lichkeit, daß sie — milde gesprochen — nur als eine vor-
wissenschaftliche, oder richtiger unterwissenschaftliche
„Wissenschaft" der aus Schicksal oder geistiger Unzuläng-
lichkeit nicht an die große Wissenschaft Herangekommenen
aufgefaßt werden kann. Methodisch bleibt das unver-
hüllte Vorbild die moderne Naturwissenschaft und Technik,
zu denen man trotz aller gespielten geringschätzigen
Herablassung im Grunde mit dem scheuen Respekt der
wissenschaftlich Ausgeschlossenen aufsieht.
Aus diesen wissenschaftlichen Gehversuchen der Okkul-
tisten als geistig Unmündiger hebt sich allerdings die
anthroposophische „Wissenschaft" Rudolf Steiners nach
systematischer Grundlegung und systematischem Aufbau,
propagandistischer Stoßkraft, Ehrgeiz und Erfolg so merk-
lich und gewichtig heraus, daß sie eine besondere Betrach-
tung verlangen kann. Wir unterlassen sie hier, weil sie
in der hier uns gebotenen Kürze unfruchtbar sein würde
und weil uns der Okkultismus als Wissenschaft hier
weniger beschäftigen soll. Doch müssen die anthropo-
sophischen Wissenschaftler dem Nichtanthroposophen die
Bemerkung schon gestatten, daß ihm die Art wie trotz
aller äußeren Gelehrsamtcit und trotz allen grüblerischen
Scharfsinns die in den Aufbau ibres Systems hinein-
gezogenen wissenschaftlichen Begriffe, sei es der Natur-
wissenschaft, Psychologie, sei es der Philosophie und
Geschichte, eigentlich durchweg hoffnungslos in ihrem
Wesen mißverstanden und in geradezu entwaffnender
Weise äußerlich und schief verwandt werden, daß ihm
diese allen ibren wissenschaftlichen Bemühungen zu-
grunde liegende bedauernswerte Unzulänglichkeit gerade
kein Vertrauen in die spezifisch antbroposophischen Er-
kenntnisse gibt, die durch die Ausbildung sog. „seelisch-
geistiger" Organe als angeblich „übersinnliche" gewonnen
sein sollen. Sollte hier wirklich etwas Reales „gesehen"
werden — der Nichtanthroposoph wird ja nun mal eher
geneigt sein anzunebmen, es handele sich um Halluzina-
tionen, die aus der Tiefe der durch die„Geistcsschulung"
vergewaltigten Psyche in Verbindung mit Autosuggestio-
nen aufsteigen —, so würde er schließen, daß auch in
diesen Wahrnehmungswelten voraussichtlich vom An-
throposophen alles von Grund aus mißverstanden wird.
2.
Der Okkultismus als Wissenschaft soll uns also hier
weniger interessieren. Wir wollen hier unser Augen-
merk auf den Okkultismus in seinem Anspruch richten,
als gebe er der Welt eine Religion, eine Ethik, eine
Philosophie. In diesem Anspruch finden sich die sich im
übrigen zum Teil bitter befehdenden okkultistischen Rich-
tungen : okkultistische Orden und Zirkel, spiritistische Ver-
einigungen und Kirchen, theosophische Gemeinden und
Anthroposophie. Für die Betrachtung greifen wir
wieder die auch in Hinsicht auf den religiös-ethischen An-
spruch durchaus aus den andern Richtungen hervor-
tretende Anthroposophie Rudolf Steiners heraus.
Jeder Satz der anthroposophischen Schriften beweist
in seiner holprigen, mechanistischen, toten Sprache, die
Robert Michels ein Magazin, gefüllt mit metaphysischen
und mythischen Inhalten, eine unpersönliche Schablonen-
masse genannt hat, jeder Satz beweist in dem, was er
besagt: hier ist eine neue Aufmöblierung des Rationalis-
mus. Wie im Rationalismus überhaupt soll das ganze
Weltwesen und das Heil der Seele rationalistisch ge-
funden, „begriffen" und „bewiesen" werden. Wie im
Rationalismus überhaupt stellt der Ver-stand — in der
Sprache Willy Schlüters gesprochen, auf dessen Werk
„deutsches Tatdenken" als auf ein Werk lebendigen
Geistes hiermit alle anthroposophischen „Geistesschüler"
irs
sie leistet. Soll der Schauspieler gegenüber dem Spiel-
leiter autonom gemacht werden? O nein! Aber das
in ihm liegende Können, wenn er geistiger Mensch und
ein Könner ist, soll voll ausgeschöpft werden. Der
Spielleiter ist und bleibt darum doch der Dirigent des
Orchesters. Auch der Verantwortliche und darum der
Leitende. Man begreife nur endlich, daß auch dieser
enge Raum, die Bühne, Platz hat für alles gute und
reine Wollen und Können.
Manchmal fällt es uns auf und wir staunen: wie die
Sprache ja für uns besseren und richtigeren, kürzeren und
überzeugenderen Ausdruck schafft für das, was da ist
oder da sein sollte. Auf einmal sagen wir uns, wie
treffend dies Wort der Sprache, das wir gedankenlos
so oft angewendet haben! So ist es auch mit dem Worte
„Spielen", das die Tätigkeit des Schauspielers bezeichnet.
In der Tat, er spielt, wie ein Kind, aber auf einer
anderen Ebene als ein Kind. Ein Bühnenleiter und aus-
gezeichneter Spielleiter und Schauspieler erzählte mir,
wie er seinen kleinen Jungen, vier bis fünf Jahre, mit
in der Garderobe hatte, wie er plötzlich hinter einem
Schirm hervortrat, kostümiert als einer von den Rüpeln
im Sommernachtstraum und dem Jungen ein ent-
sprechendes Gesicht machte — und wie der Junge aus
tiefstem Herzen sagte: „Na, Vater, du kannst aber auch
schön Unfug machen, . ."
Wie Kinder spielen untereinander, wer hat nicht bei
ihrer manchem schon die Intuition und Erfindungs-
gabe bewundert? Wesenhaft nicht anders, aber auf
anderer Ebene, „spielt" der Schauspieler, d. h. er macht
Bewegung, Rhythmus mit dem Körper, mit jeder Faser
seines Herzens und seines Leibes, mit seiner ganzen
Seele, die aus seinem Munde die Rhythmen der Worte
spricht . . . und das Ganze seines Tuns zusammen-
hält.
Wie aber das Sprechen des Schauspielers — nun
dies einmal momentan für sich betrachtet, — auch wieder
adäquat dem Dichterwort sein muß, wie auch hier Platz
für alle Möglichkeiten ist und sein muß, davon muß noch
in einem besonderen Kapitel gesprochen werden. Ost
ist das Sprechen auf der Bühne nach einer Sprech-
mode reguliert worden, und das ist nicht immer gut ge-
wesen. Karl Röttger (Düsseldorf-Wersten).
^Okkultismus.
Der Okkultismus grassiert heute wie eine schlimme
Seuche, immer neue Opfer fordernd. Er behauptet
einmal, Wissenschaft zu sein. Doch ist diese „Wissen-
schaft" der landläufigen Okkultisten und Theosophen
Produkt einer derartigen kritiklosen Phantasterei und
einer alles vermanschenden wissenschaftlichen Unzuläng-
lichkeit, daß sie — milde gesprochen — nur als eine vor-
wissenschaftliche, oder richtiger unterwissenschaftliche
„Wissenschaft" der aus Schicksal oder geistiger Unzuläng-
lichkeit nicht an die große Wissenschaft Herangekommenen
aufgefaßt werden kann. Methodisch bleibt das unver-
hüllte Vorbild die moderne Naturwissenschaft und Technik,
zu denen man trotz aller gespielten geringschätzigen
Herablassung im Grunde mit dem scheuen Respekt der
wissenschaftlich Ausgeschlossenen aufsieht.
Aus diesen wissenschaftlichen Gehversuchen der Okkul-
tisten als geistig Unmündiger hebt sich allerdings die
anthroposophische „Wissenschaft" Rudolf Steiners nach
systematischer Grundlegung und systematischem Aufbau,
propagandistischer Stoßkraft, Ehrgeiz und Erfolg so merk-
lich und gewichtig heraus, daß sie eine besondere Betrach-
tung verlangen kann. Wir unterlassen sie hier, weil sie
in der hier uns gebotenen Kürze unfruchtbar sein würde
und weil uns der Okkultismus als Wissenschaft hier
weniger beschäftigen soll. Doch müssen die anthropo-
sophischen Wissenschaftler dem Nichtanthroposophen die
Bemerkung schon gestatten, daß ihm die Art wie trotz
aller äußeren Gelehrsamtcit und trotz allen grüblerischen
Scharfsinns die in den Aufbau ibres Systems hinein-
gezogenen wissenschaftlichen Begriffe, sei es der Natur-
wissenschaft, Psychologie, sei es der Philosophie und
Geschichte, eigentlich durchweg hoffnungslos in ihrem
Wesen mißverstanden und in geradezu entwaffnender
Weise äußerlich und schief verwandt werden, daß ihm
diese allen ibren wissenschaftlichen Bemühungen zu-
grunde liegende bedauernswerte Unzulänglichkeit gerade
kein Vertrauen in die spezifisch antbroposophischen Er-
kenntnisse gibt, die durch die Ausbildung sog. „seelisch-
geistiger" Organe als angeblich „übersinnliche" gewonnen
sein sollen. Sollte hier wirklich etwas Reales „gesehen"
werden — der Nichtanthroposoph wird ja nun mal eher
geneigt sein anzunebmen, es handele sich um Halluzina-
tionen, die aus der Tiefe der durch die„Geistcsschulung"
vergewaltigten Psyche in Verbindung mit Autosuggestio-
nen aufsteigen —, so würde er schließen, daß auch in
diesen Wahrnehmungswelten voraussichtlich vom An-
throposophen alles von Grund aus mißverstanden wird.
2.
Der Okkultismus als Wissenschaft soll uns also hier
weniger interessieren. Wir wollen hier unser Augen-
merk auf den Okkultismus in seinem Anspruch richten,
als gebe er der Welt eine Religion, eine Ethik, eine
Philosophie. In diesem Anspruch finden sich die sich im
übrigen zum Teil bitter befehdenden okkultistischen Rich-
tungen : okkultistische Orden und Zirkel, spiritistische Ver-
einigungen und Kirchen, theosophische Gemeinden und
Anthroposophie. Für die Betrachtung greifen wir
wieder die auch in Hinsicht auf den religiös-ethischen An-
spruch durchaus aus den andern Richtungen hervor-
tretende Anthroposophie Rudolf Steiners heraus.
Jeder Satz der anthroposophischen Schriften beweist
in seiner holprigen, mechanistischen, toten Sprache, die
Robert Michels ein Magazin, gefüllt mit metaphysischen
und mythischen Inhalten, eine unpersönliche Schablonen-
masse genannt hat, jeder Satz beweist in dem, was er
besagt: hier ist eine neue Aufmöblierung des Rationalis-
mus. Wie im Rationalismus überhaupt soll das ganze
Weltwesen und das Heil der Seele rationalistisch ge-
funden, „begriffen" und „bewiesen" werden. Wie im
Rationalismus überhaupt stellt der Ver-stand — in der
Sprache Willy Schlüters gesprochen, auf dessen Werk
„deutsches Tatdenken" als auf ein Werk lebendigen
Geistes hiermit alle anthroposophischen „Geistesschüler"
irs