Earl Burckhardt.
Aufsteigende Amazone. Relief am Zürcher Kunsthaus. (Abb. 1.)
Carl Burckhardt.
n den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
war es das Gegebene, daß ein junger Basler, der
Maler werden wollte, sich nach der zunächst ge-
legenen großen Kunststadt, nach München, auf den
Weg machte. Ebenso selbstverständlich war es, daß die Welt
von Vorstellungen, die ihn begleiteten, sich um drei
Namen bewegte: Böcklin — Klinger — Stuck. Und un-
vermeidlich war es auch, daß auf die Verehrung dieser
Götter allmählich eine Ernüchterring folgte, je öfter den
heißhungrigen jungen Augen das eigentlich Malerische,
fern von aller Romantik, in großen Vorbildern wie
Frans Hals und Velasquez begegnete.
So erging es Carl Burckhardt und seinem Freunde
Heinrich Altherr, die beide im Alter von l8 Jahren zu
einem, wie sie glaubten, mehrjährigen Studienaufenthalt
im Herbst 1896 in München eintrafen. Das damalige
München konnte ihnen aber nicht etwa eine Schulung
bieten, die eine klare Erkenntnis der malerischen Mittel
jener alten Meister, eine Erziehung zu malerischer
Disziplin vermittelt hätte. Akademie und Privatschulen
waren vielmehr von einem Dogma beherrscht, an das
damals die ganze Malerwelt wie an ein Evangelium
glaubte, und das sich ungefähr in folgendem Satz zu-
sammcnfasscn läßt: Malerei ist ein Heruntermalen nlln
prima vor der Natur, mit möglichst wenigen nachzähl-
baren Pinsclstrichen, mit breiten:, pastosem Auftrag der
Ölfarben. Diese Überschätzung äußerlicher Bravour und
firer Technik führte zu einem Kultus des Talentes, dem
die beiden Freunde in der Knirrschule anheimfielen.
Das Ergebnis war, daß schon nach einem Jahre Altherr
den Genossen dazu überreden konnte, nach Hause zurück-
zukehren und sich als selbständige Künstler aufzutun.
Fast zwei Jahre lang blieben sie nun in Basel.
Carl Burckbardt begann sofort eine überlebensgroße
„Kreuzigung" zu malen. Es braucht kaum beigefügt zu
werden, daß sie wieder zerstört wurde. Allmählich kehrte
überhaupt die Besonnenheit zurück und die Einsicht, daß
noch etwas müsse gelernt werden. Ein glücklicher Instinkt
ließ nun aber die Freunde nicht wieder nach München
ziehen, wo sie sich einen Geist künstlerischer Ungebunden-
beit statt jeder strengeren Schulung geholt hatten. Ihre
Gedanken wandten sich dem Orte zu, der ihnen von
Kind an als einzige große Kunststätte erschienen und
durch Böcklins Schöpfungen immer wieder nahe ge-
bracht worden war. In: Jahre 1899 sind Burckhardt
und Altherr in Rom.
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