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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 31.1921

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Heft 4
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Johst, Hans: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.26485#0182

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Gedichte von HannS Iohst.,
Geburt bricht dir den Leib
Und segnet Fleisch und Lust.
Und wandelt Blut der Brust
Au süßer Milch, mein Weib.
Alle Umarmung wurde
Schicksal in dir.
Von deinem Blute lebt.
Was je ich gedacht.
Das Gute und Böse fiel
Von mir
In jener ungewußten Nacht.
Du aber, Geliebte, was zg dir kam,
Dürstet sehr. Gib ihm zu trinken, rein
und klar!
Noch ist alles Geheimnis und Scham.
Aber bald"
Fällt es vom Herzen.
Und alles wird offenbar!
Wie es um mich steht
Und wie es in dir war!
Ich erhebe
Das Auge
Au den Bergen,
Daß mein Kind groß werde.
Steil und schwer.
Ich bade viel
In den weißen Wellen
Des Sees,
Daß es tief werde
Und klar.
Ich schreite viel.
Daß es voll Sehnsucht sei
Nach unterwegs.
Ob aber mein Kind
Von den Bergen den Trotz,
Von der Welle den Leichtsinn
Und vom Schritt das Vergehen
Wählt?
Ich weiß es nicht.
Aller Wille in mir
Ist nur Gebet.
Die Wolke wird ihm Wiege,
Windel der Wind.
In meinen beiden Brunnen
Die Milch schon rinnt.
Ich möchte wirklich wissen.
Wem es reicher ging,
Als unter meinem Herzen
Dem geliebten Ding.
Und wenn es später hungert.
Neun Monde hat es gepraßt;
Da war es tief im Herzblut
Seiner Mutter zu Gast.

Wie grausam ist das:
Wir wurden alle in einer Umarmung empfangen.
Sind alle durch den mütterlichen Leib der
Liebe gegangen?
Und alle wurden wir zu Haß.
Irrsinn und Pein!
Durch zweier Menschen Zärtlichkeit
Wurden wir Fleisch, wurden wir Leid
Und sehr allein.
Die Mutter spricht:
Unter meinem Herzen regt sich,
Was du mir gegeben hast;
Endlich hält dein stolzes Einsam
Tief in mir geliebte Rast.
Und ich kann, was du gegeben.
Die Verheißung, die du warst.
Das, was du an Geist gebarst.
Wandeln in ein neues Leben.
II. Aus „Rolandsruf".
Wie schön du bist,
meine silberne Buche,
mit dem bräutlichen Schleier
der Knospen,
den über rötliche Scham
bebend der Frühling geworfen.
Siehe, wogender Baum,
deines Herzens
flüsternde Hände
rühren der Seele Verwirrung.
Alle Verzweiflung der Stadt
bricht in die Knie
vor dir.
Trägt deines Wipfels Atem
nicht des herrischen Himmels
stürmische Willkür und Laune?
Sollte die menschliche Brust
ihres Geschickes Wunder
elender tragen als Du?
Hubertus.
Als meines Stechers Heft
zwischen den steilen Ohren
in dein knirschendes Hirn
zitternd sich vergrub,
stieg deines Auges
dunkler
und geängsteter Blick
nach der gewölbten Braue.
Bläuliche Schatten sanken
gütig über das blinde,
innen gewendete
Weiß.
Dann schriest du, Reh!
Deiner Stimme
begegnen stockend die Träume,

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