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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 2 (März u. April)
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Kropatscheck, Gerhard: Zwei römische Amulette
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0038

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„dem Reinen ist alles rein“ halb scherzhaft gerade auf einem Phallusamulett ein-
graviert sei, würde weder der antiken Grundvorstellung noch dem Ernst des Fund-
ortes entsprochen haben. Wir haben zweifellos eine Besitzerinschrift vor uns.
Aber dürfen wir die einfachste Deutung annehmen, dass das Amulett einem Mann

mit dem Beinamen „Purus“ gehörte ? Wir kennen,
soweit ich sehe, kein Cognomen Purus bisher.
Unter diesen Umständen möchte ich eine andere
Deutung vorschlagen, die mir viel für sich zu
haben scheint. Ich lese nicht
Piiro, sondern „püro“. Püro
könnte für puero verschrieben
sein ; es könnte aber auch unter
dem Einfluss der Aussprache das
e absichtlich fortgelassen sein.

Das e in puer ist stets sehr kurz gesprochen.
In Verbindungen wie Marci-por schwindet es
bekanntlich ganz. Bei Plautus wird puer mehr-
fach als Monosyllabon gebraucht. Ebenso sei
in diesem Zusammenhang erwähnt, dass Varro das Wort puer von purus ableitet
(bei Censorinus de die natali 14; vergl. Isid. 11 und Orig. 2, 10; hier zitiert nach
Forcellini’s Lexikon). So wäre das Fehlen des e nicht auffällig. Inschriftlich ist
uns allerdings diese Form sonst nicht bezeugt. Doch würde das Phallusamulett
bei dieser Lesung seiner Inschrift bedeutend an Reiz gewinnen. AIs Amulett eines
Kindes würde unser Stück eine schöne Illustration zu den Worten Varros sein (de
ling. lat. VII, 97): „ . . . . potest vel ab eo, quod pueris turpicula res in collo quae-
dam suspenditur, ne quid obsit, bonae scaevae causa „scaevola“ appellata.“ Vergl.
dazu noch Plinius n. h. 28, 39 „illos (infantes) religione tutatur et fascinus“.
Weitere Literatur bei Jahn a. a. O. S. 68 ff. und in meiner Dissertation a. a. O. p. 27,
Anm. 4. Das Grab, zu dem der Phallus gehörte, ist leider zerstört, so dass wir
nach andern Beigaben nicht sagen können, ob es sich wirklich um ein Kindergrab
handeln kann. Die zierliche Form könnte wohl darauf hindeuten. Wie wir aber
auch die Inschrift deuten, ob als Cognomen oder in dem angedeuteten Sinne als
puero, in beiden Fällen bringt sie uns etwas Singuläres, das wohl Beachtung verdient.

Abb. 11.

Abb. 12.
 
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