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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 3 (Mai u. Juni)
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Kramer, ...: Giessen: Neolithische Siedlung am Südausgang von Leihgestern 7 Kil. südlich von Giessen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0046

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aufgedeckt. Mehrere Steinbeile, es sollen s. Z. im ganzen 16 gewesen sein, wurden
von den Arbeitern wieder abgeliefert. Erwâhnenswert ist ein Schuhleistenbeil
23 cm lang, 4 cm breit und hoch und ein Schuhleistenschmalmeissel 19 cm lang,

2 cm br., 1,5 cm h., (Abb.
14,3 und 2). Beide Werk-
zeuge waren sorgfâltig po-
liert. AufeinemBeil,(Abb.
14,1), befinden sich Ein-
drücke einer versuchten
Durchbohrung. Sâmtliche
Steinbeile pp. haben einen
einerseits gewôlbten, ander-
seits glatt geschliffenen
Körper. Die Bodenverhalt-
nisse waren jedoch so un-
günstig, dass von Woh-
nungs-, Herd- und Abfall - Anlagen nur geringe Spuren festgestellt werden
konnten, u. a. hart gebrannter, gestrichener Lehmboden. Etwa 30 cm tief
wurde am ôstlichen Ende des Ackers der untere Teil mit Standring einer
mit Rosetten verzierten terra sigillata-Schale gefunden, wobei zu beachten ist,
dass der Pfahlgraben etwa 2,5 Kil. vom Südausgang von Leihgestern entfernt
ist. Die neolithische Siedelung, an den sanften Abhângen des Schafbachtales
gelegen, ist gegen rauhe Winde geschützt, hat fruchtbaren Boden und eignet
sich vorzüglich zu Ackerbau und Viehzucht. Im Juni 1908 wurde 25 m
bezw. 250 m nôrdlich von oben beschriebener Siedelung entfernt, ebenfalls
beim Ausschachten für Bauzwecke, Scherben neolithischer Gefâsse und Tier-
knochen aufgedeckt. Im Boden der ersten Fundstelle befand sich unter
anderen unverzierten Scherben ein Gefâssteil mit Winkelbandverzierung ; die
Vertiefungen sind mit weisser Paste ausgefüllt. Ein Scherben mit Schnurôse
zeigt das gleiche Ornament ohne Ausfüllung. Eine kleine Urne mit kugel-
fôrmigem Boden, 4 cm hoch, grôsster Bauchumfang 13 cm, nach der Mündung
zu wenig ausladend, lag in unmittelbarer Nâhe der oben beschriebenen Ge-
fâssreste.

B. Latène-Grab auf dem Exerzierplatz.

Der Exerzierplatz (Trieb) I km ôstlich von Giessen, ist eine Nekropole,
die sich von der neolithischen Zeit bis in das 5. nachchristliche Jahrhundert
nachweisen lässt. (Vergl. Röm. Germ. Korr.-Bl. I, 1908, S. 17.) Im Juni-Juli
1908 wurden vom Oberhess. Geschichtsverein mehrere Ausgrabungen auf dem
ôstlichen Teil vorgenommen.

Grab I hob sich von dem Erdboden kaum ab, nur einzelne aus dem
Rasen hervorragende Steine wiesen auf eine Grabstâtte, bezw. eine künstliche
Anlage hin. Nach Hinwegrâumung der Rasenschicht zeigte sich eine Stein-
packung von kopfgrossen und darüber hinausgehenden Basalten untermischt
mit vereinzeltem anderem Gestein. Die nâchste Fundstelle derartiger Basalt-
steine befindet sich im Schiffenberger Walde, von diesen Grâbern etwa 3 km
entfernt. An der Nordostecke der rechteckigen 2:3 m messenden, 1,90 m
tiefen Steindeckung, stand ein grosser, unregelmâssig geformter Stein, dessen
hôchste Breite 37 cm, Lânge 53 cm und dessen Hôhe 23 cm betrug. Die
eingeknickte Spitze zeigte nach Norden. Bei nâherer Besichtigung dieses
Steines ergab sich, dass auf allen Seiten, besonders aber auf der Oberflâche.
zahlreiche Vertiefungen von verschiedener Breite und Tiefe, gleichsam „Zeichen“,
angebracht waren. Im Laufe der Ausgrabung wurden noch mehrfach solche
„Zeichensteine“ gefunden. Nach Abhebung dieser Steinpackung schachtete
 
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