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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 6 (Nov. u. Dezember)
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Koepp, Friedrich: Haltern i. W.: Ausgrabungen im Sommer 1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0099

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87

sein konnte, der dann freilich, wenn er Wasser gefunden haben sollte, etwa
zwanzig Meter tief hinabgeführt gewesen sein müsste. Es ist das erst der
zweite Brunnen, der auf dem Lagergebiet gefunden worden ist. Der erste
(Mitteilungen der Altertumskommission für Westfalen IV S. 5) gehôrte dem
âltesten Lager an und war nicht bis auf die wasserführende Schicht hinab-
getrieben worden. Jenes lâsst sich auch bei unserem zweiten Brunnen wahr-
scheinlich machen — da er innerhalb der Kasernenbauten des spâteren Lagers
liegt, dagegen an der via principalis des âlteren Lagers wie der früher ge-
fundene an dessen via praetoria —, dieses ist auch bei ihm wenigstens môg-
lich; ja man wird es sogar wahrscheinlich finden. weil sich in der von uns
erreichten Tiefe die Grube schon zu dem engen Umriss eines Brunnens zu-
sammengezogen hatte, der dann nur unter Anwendung von Verschalung noch
etwa vierzehn Meter tiefer geführt werden konnte, wâhrend von solcher Ver-
schalung keine Spur zu sehen war. Vielleicht also hâtten wir zwei dem
ältesten Lager zugehôrige Bohrungen, die aufgegeben worden sind wegen der
allzugrossen Tiefe. Auf jeden Fall haben wir bis jetzt keinen nachweislich
zum späteren Lager gehôrigen Brunnen. Das muss auffallen. Môglicher-
weise waren es die früher gemachten Erfahrungen, die bei der Anlage des
„grossen Lagers“ auf Bohrungen verzichten liessen, und vielleicht ist nun die
Umdrehung des Lagers nach Siiden um so eher durch die Rücksicht auf die
schon bei Polybios überlieferte Forderung zu erklâren, nach der die Prae-
torialfront des Lagers die für die Zufuhr und das Wasserholen bequemste
sein sollte (s. Mitteilungen V S. 27).

In dem bewegten Boden des Brunnentrichters mussten uns die Spuren
etwaiger Bauten entgehen. Weiter nôrdlich aber fanden sich wieder deut-
liche Fundamentgruben der zum grossen Lager passenden Richtung, die sich
zum Teil zu verständlichen Gebâudegrundrissen zusammenschlossen. Teil-
weise abgedeckt, teilweise durch Versuchsschnitte ermittelt wurde der (Abb. 29)
Grundriss einer Kaserne — oder sind es vielmehr zwei halbe Kasernen 1)? —

der sich in einer Breite von c. 15,
Metern übereine Länge von ôoMetern
(von Osten nach Westen) erstreckte.

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Das sind die rômischen Maasse 50 und
200 Fuss. Den grôsseren Teil des

Abb. 29. Kaserne. 1 : 1000. , , 0 ,, D ·,

Baus nahm eine doppelte Reihe vonje
zehn Zimmern gleicher Breite ein, wâhrend das westliche
Ende zwei grössere Râume aufwies. Die Verwandtschaft
dieses Grundrisses mit dem der Kasernen von Novaesium
(Abb. 30 nach Bonner Jahrbücher 118 S. 87) und Carnuntum
ist unverkennbar, zugleich aber auch die grôssere Einfachheit
und die Beschrânkung auf ?/e des dort einer Kaserne zuge-
wiesenen Raumes, durch die allein schon der Unterschied der
Grösse unseres und des Neusser Legionslagers erklârt wer-
den kann.

Auf dem selben Feld, auf dem das ôstliche Ende dieser
Kaserne lag, kam dann auch, wie erwartet wurde, eine deut-
liche Spur der via principalis des altesten Lagers zum Vorschein,
ein Abzugsgraben, der in der Richtung von Tor zu Tor
verlief. Aber eine Reihung von Gruben neben diesem Graben

3..L

Abb. 30. Kaserne
in Neuss. 1 : 2000.

’) Diese Frage muss in Zukunft geprüft werden. Einstweilen haben sich weder
südlich noch nôrdlich von den aufgedeckten Zimmerreihen deutliche Spuren einer gegen-
über liegenden gleichen Reihe, die durch einen Gang vor den Reihen des aufgedeckten
Grundrisses getrennt wâren, erkennen lassen.
 
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