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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 6 (Nov. u. Dezember)
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Koepp, Friedrich: Haltern i. W.: Ausgrabungen im Sommer 1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0100

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liess sich nicht nachweisen, und bei der Verfoigung des Grabens in den Wald
fand sich auch in zahlreichen Schnitten keine Fundamentgrube, die nach
ihrer Richtung dem Praetorium des âlteren Lagers zugewiesen werden
konnte, so dass die Annahme gerechtfertigt scheint, dass dieser Bau nicht so tief
fundamentiert war, dass er deutliche Spuren hinterlassen konnte. Dass sich
in der Richtung auf das Osttor des âltesten Lagers ein Strassengraben nicht
fand, schien eine Bestâtigung dafür, dass wir es bei der Nord- und Südtor
verbindenden Strasse in der Tat mit der via principalis zu tun haben.

War der Zuwachs unserer Kenntnis des âltesten Lagers sqmit über Er-
warten gering, so war die Ergânzung unserer Vorstellung von der inneren
Einrichtung des spâteren Lagers um so erfreulicher. Die Ermittelung
des Grundrisses einer Kaserne ist ein wichtiger Teil davon, aber nur
ein Teil. Die ungeheure Grôsse des Baus und die Armut an Einzelfunden
lassen die Aufdcckung aller — wohl dreissig — Kasernen als eine sehr wenig
lohnende Aufgabe erscheinen —. man darf wohl sagen überhaupt nicht als
eine wirklich erwägenswerte Aufgabe. Eher kônnte man eine Festlegung
des Strassennetzes fordern, nachdem jetzt die erste Parallelstrasse der
via principalis ca. 400 Fuss nôrdlich von ihr gefunden und auf einer weiten
Strecke verfoigt ist, wobei sich herausgestellt hat, dass auch an dieser Strasse
Gruben aufgereiht sind, die denen an der via principalis an Reichtum kaum
nachstehen, deren eine sogar in den Bruchstücken von nicht weniger als
neun Sigillatakelchen mit Reliefverzierung uns einen Zufallsfund ersten
Rangs beschert hat. S. Loeschcke hat in seinem Bericht über die Keramik
in Haltern (Mitteilungen V S. 156 f.) von solchen Kelchen nur ein paar Bruch-
stiicke anfiihren können und den „Typus“ durch anderwârts gefundene Exem-
plare veranschaulichen miissen. Jetzt tritt das Museum von Haltern für diese
Gefâssgruppe mit einem Schlag an die erste Stelle unter den westdeutschen
Sammlungen. Die Becher sind mit stilisierten Ornamenten wie mit natura-
listischen Ranken, zumeist aber mit figürlichen Darstellungen geschmückt.
Unter diesen finden sich u. a. in vollständigerer Erhaltung die „Knöchel-
spielerinnen“, von denen wir ein paar Bruchstücke (eines anderen Gefâsses)
schon hatten (Mitteilungen V Tafel XVII), dann eine leider besonders unvoll-
ständige in der Art der „neuattischen“ Reliefs, ferner eine für ein Gàbinetto
secreto geeignete Darstellung — „Szenen aus dem biirgerlichen Leben“, wie
eine Zeitung diskret meldete — u. a.

Das wichtigste Ergebnis ist wohl der Nachweis eines grossen hinter
dem Praetorium gelegenen Gebâudes, das seiner Art nach kaum etwas
anderes gewesen sein kann als die Wohnung des Legaten, für die die
paar Zimmer im hinteren Teil des Praetoriums um so weniger geeignet
scheinen konnten, als sie durch den hinteren Ausgang auseinander gerissen
werden. Nun führt von diesem Ausgang, wie die beistehende Skizze zeigt,
ein Säulenweg zu dem stattlichen Eingang eines Gebâudes, und am Anfang
des Sâulenwegs steht ein kleiner Bau von 4.4m, der wo nicht ein Sacellum,
so etwa ein Wachtlokal sein kônnte. Deutlich war der Eingang, auf den die
beiden Pfeilerreihen zuführten. Er erinnerte an die Fauces eines pompejanischen
Hauses. Zu beiden Seiten liegen symmetrische Stuben, und auch die hintere
Begrenzung des Gebâudes schien in einer (wie sich bei der Untersuchung zeigte
doppelten) Fundamentgrube, die das ganze Feld durchquerte, mit Sicherheit
gegeben. Nach Osten hin konnte diese Spur nicht weiter verfolgt werden,
weil der Nachbaracker uns einstweilen unzugânglich war; nach Westen hin
aber wurden einige Schnitte in ein noch nicht freies Kartoffelfeld gezogen
und damit bei beiden Fundamentgruben eine deutliche Ecke aufgedeckt, so
dass hier der ganze Umfang des Baus festgestellt zu sein scheint, wodurch
 
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