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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 6 (Nov. u. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0105

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umgekehrt etwa weiterem, vergeblichem
Aufwand von Mühe vorzubeugen. Dass die
Ergebnisse der eigenen Arbeiten des Ver-
fassers einen wesentlichen Teil des Werkes
ausmachen, ist bei seiner langjâhrigen und
hervorragenden Beteiligung an den vor- und
frühgeschichtlichen Untersuchungen in un-
serem Lande selbstverstândlich, ein beson-
deres Interesse aber verleiht diesem ersten
Bande noch die Mitteilung einer Reihe er-
gebnisreicher Ausgrabungen, die, erst jüngst
unter der persônlichen Leitung des Ver-
fassers ausgefiihrt, hier zum erstenmal ver-
ôffentlicht werden. Es sind Grabfunde
alamannischer Zeit darunter, so von Weil,
Welschingen, Oehningen, auch ein im Nach-
trag geschilderter Fund prâchtiger, irdener
Urnen der ausgehenden Bronzezeit, vor allem
aber Hügelgrâber der Hallstattperiode, bei
Blumenfeld, Rielasingen und Wahlwies.
Gerade diese letzte Nekropole sei hervor-
gehoben, da sie, auffâllig auch durch andere
Besonderheiten, eine eigenartige lokale
Spielart hallstâttischer Keramik geliefert hat.

Durch drei Lichtdrucktafeln und überaus
klare Zeichnungen im Text reichlich illu-
striert, eingeleitet durch die erwâhnte Dar-
legung der prâhistorischen Entwicklung
des Landes, ist somit das gesamte reiche
Material zweckmässig zu einem erschôpfen-
denHandbuchfürdiefernereEinzelforschung
vereinigt, der es, wie gesagt, vor allem
dienen soll. Doch auch demjenigen, der
an dem Fundmaterial ein Gesamtbild der
einzelnen Perioden zu gewinnen sucht, ist
die Arbeit durch dies Werk betrâchtlich
erleichtert, und der Verfasser selbst kommt
gerade diesem Bedürfnis durch die beige-
fügten archâologischen Karten, von denen
die eine alle vorgeschichtlichen, die zweite
alle rômischen und alamannischen Fund-
stätten enthâlt, und durch die schematische
nach Perioden geordnete Inhalts-Übersicht
am Ende des Buches noch besonders ent-
gegen.

Einige Resultate ergeben sich aus dieser
Zusammenstellung für die Forschung ganz
von selbst, und auf manches weist der
Verfasser schon in seiner Einleitung hin.
Ist doch selbst das Verhâltnis, in dem die
einzelnen Perioden durch Funde vertreten
sind, bedeutsam: 95 steinzeitliche, 78 bronze-
zeitliche, 85 hallstâttische, 18 keltische
(La Tène), 205 rômische, 145 alamannische
Fundorte werden in Oberbaden aufgezâhlt.
Wenn da die Latènekultur so auffallend
hinter den übrigen zurücksteht, so wird dies
kaum auf noch mangelnde Erforschung
zurückzuführen sein, man muss daraus wohl
auf geringere Besiedelung des Gebiets wâh-
rend der letzten vorrômischen Epoche
schliessen. Doch auch sonst wird schon bei
oberflâchlicher Betrachtung manches auf-
fallen. So halten sich in fast allen Perioden
die Funde der oberrheinischen Tiefebene
eng ans Gebirge an, vermeiden im allge-

meinen die Niederung. Nur um den Kaiser-
stuhl gruppiert sich inselahnlich eine Anzahl
Gräber und Wohnstätten, wâhrend andere
sich an die langgestreckten Lôsshügel wie
den Tuniberg u. a. anlehnen. Die Ursache
dazu ist zweifelhaft, sie liegt vielleicht an
dem dicht bewakleten Sumpfland, das noch
heute einen grossen Teil der Ebene bedeckt
und sie fiir primitivere Kultur fast unbe-
wohnbar gemacht haben mag. Dass indessen
der unwirtliche Schwarzwald keine Bewoh-
ner angelockt hat und darum keine Funde
aufweist, ist natürlich genug. Um so mehr
werden einige Steinwerkzeuge überraschen,
die tiefer im Gebirg als irgend ein Zeugnis
spâterer Perioden zum Vorschein gekommen
sind, Steinbeile bei Immenaich an der Alb,
bei Tegernau (angeblich aus Serpentin, wie
er unweit Todtmoos ansteht), bei der Simitz
zu Füssen des Belchen und eine Feuerstein-
pfeilspitze selbst in nächsterNähe des Feld-
bergs S. 173 (identisch mit dem unter
„Donaueschingen“ vermerkten Exemplar
S. 92?). Dass sich Pfahlbauten der neo-
lithischen Periode nicht nur am Bodensee,
feondern auch im Quellgebiet der Donau im
,,Ried“ bei Dürrheim, Brâunlingen und
Pfohren — die beiden letzten allerdings
sind zweifelhaft — gefunden haben, ist W'ohl
schon weiter bekannt; aber vielleicht ver-
lohnt sich ein Hinweis auf gewaltige Stein-
blôcke und -Platten, die, zum Teil unfern
neolithischer Fundstellen gelegen (bei Her-
dern S. 136, bei Tiengen der ,,Chindlistein“
S. 143, Niederschwörstadt S. 125, alle am
Rhein zwischen Konstanz und Basel, und
bei Reiselfingen der „Bettnerstein“ S. 121)
fast an nordische Megalithkultur gemahnen.
Von den Sorten neolithischer Tôpferware
endlich ist, vom Pfahlbautypus abgesehen,
die Winkelspiralbandkeramik in Hocker-
grâbern bei Bischoffingen am Kaiserstuhl
und bei Opfingen (S. 180 und S. 219) ein
Glockenbecher in einem Hügelgrabe bei
Wahlwies (S. 71) und allerdings noch zweifel-
hafte Spuren von Schnurkeramik bei Grenz-
ach (S. 154 Hügel H) und Endingen (S. 200)
nachweisbar.

In der Hallstattzeit ziehen natürlich,
abgesehen von der Keramik, die gerade im
Süden des behandelten Gebiets eine be-
sonders reiche und glânzende Entwicklung
zeigt, dieBeigabendersogenannten„Fürsten-
gräber“ die Aufmerksamkeit auf sich, und
mehr als anderes verdienen vielleicht die
Reste von Streitwagen unsere Beachtung
— denn nur auf Streitwagen kônnen doch
wohl die meist mit Waffenstücken zusammen
gefundenen Teile von Râderpaaren zurück-
gehen; ich finde in dem Werke ihrer vier
allein im badischen Oberland aufgezâhlt, so
bei Buchheim S. 39, Villingen S. 109, Günd-
lingen S. 185 und Kappel a. Rh. S. 212. Ein
fünftes, das der Verfasser nicht mit anführt,
darf man vielleicht in den bei Allensbach
aus einem Hallstattfriedhof zum Vorschein
 
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