9 Tafel 17—19
Akro. 683. Mädchen mit Taube. Gef. 1882 östl. vom Parthenon. Aus vier Fragmenten zusammengesetzt.
Ausgebrochene Stellen in Gips ergänzt, außer an Gesäß, Waden und 1. Arm. Die Einbuchtung an dem vorn
in ganzer Ausdehnung ergänzten Kolpos war wohl nicht vorhanden. An Kopf, Hals, Brust, 1. Oberschenkel
dunkelgrauer Sinter. Oberfläche korrodiert. Weißgelber Marmor mit winzigen Kristallen. Höhe 81,40 cm.
Untersetzter (kindlicher ?), breitschultriger Körper mit rundem Rücken und großem Kopf. Kräftige Tiefen-
entwicklung. Knochige Hände mit Angabe der Venen um die Knöchel. Ungewöhnlicher Weise der r. Fuß
vorgesetzt.
Unregelmäßig ovale, in die Basis einzulassende Plinthe (Breite 19 cm, Tiefe 17,5 cm, Höhe nicht mehr meß-
bar), einst von drei breiten flachen Klammern vorn und an den Seiten gehalten, nach Ausweis der mit dem
Spitzeisen geschlagenen Mulden.
Sehr weiter Chiton mit seitlichen Armlöchern, diese dünn ausgemeißelt, tütenartig die Handwurzel um-
gebend und bis zum Kolpos sackend herabhängend. Glatte breite Borte am Hals und längs der Ärmelnaht.
Das Gewand mit langem Kolpos gegürtet, vorn zu breitem Faltenbündel gerafft, hinten am Boden schleppend.
Breite, glatte, weit vortretende, nach hinten gewellt abgetreppte Mittelfalte, durch das vorgesetzte r. Bein
unten etwas zur Seite gedrängt. Die R. lüpft mit nach außen gedrängtem Ellbogen das Kleid, so daß sich der
Saum über dem r. Knöchel hebt und breite, weich modellierte Falten
sich bilden (Abb. 14). Breite, flache Rippenfalten umgreifen leicht
gewellt die Schenkel, auf der Rückseite sich verlaufend. Am Ober-
körper gleichmäßige eingetiefte Wellenfurchen mit abgeflachtem
Grat. Hinten breiter und weniger sorgfältig. Runder, etwas geneigter
Kopf mit kräftig sich durchmodellierendem Knochengerüst. Nied-
rige Stirn. Horizontal stehende, nach unten blickende, scharf um-
randete Augen. Reliefartig hervortretende, gewölbte Brauen. Nase
mit breitem Rücken und Flügeln. Volle, scharf abgesetzte Lippen.
Mundwinkel kaum hochgezogen. Große Ohren.
Haar durchgehend gescheitelt, über der Stirn voll vorquellend.
Keine Brustlocken. Nackenhaar als Masse geformt, unten horizontal
gestutzt, in einzelnen nach der Scheitelung hin geneigten Strähnen
hängend. Die neben dem Hals sichtbaren Bandsträhnen führen als
gewölbte Fläche zurück. Breites, wenig geschweiftes Diadem.
Rote Schnabelschuhe mit marmorfarbigem Ausschnitt. Schnüre
nicht angegeben. Keine Ganosis, wie Dickins behauptet. Der Tauben-
hals war angestückt in 1,5 cm breitem Bohrloch und angekittet . Die
Brüche auf der Rückseite lassen vermuten, daß die rote Haarfarbe
schon vor der Zerstörung herabgelaufen war. Dickins und Lermann
Tf. 20, erwähnen mehr Farben als heute erhalten. Rot: Haare,
Lippen, Schuhe. Schwarz: Brauen, Lidränder, Pupille. Gelb: Iris.
Vom Blau kaum eine Spur mehr erhalten, aber aus der helleren Färbung der Ornamente noch zu er-
schließen. Vgl. Lermann Taf.20. Die Voluten stehen aber näher beieinander, der Kelch ist nicht so weit nach
unten gerichtet und die Blätter sind dünner. Breitblättrige Rosette an der Ohrscheibe. Nach Lermann
S. 89: am Rand des Gewandes unten sowie am Halssaum schwache Spuren von Rot. Die Taube war blau. Die
Sohlenränder blau. Über das Gewand verstreute Palmettenkreuze. Um 510. Nicht attisch. Eine einleuchtende
Lokalisierung wird Karousos geben. Die Figur ist qualitativ gering. Bei niedriger Aufstellung wirkt sie
besser. Die Proportionen und die Rückenlinie sind mißglückt. Dennoch vertritt das Werk ein viel körper-
licheres Stadium der Plastik als die attischen Koren der Zeit. Der Körper ist breitschultriger, das Gesicht
kräftiger gebaut, die Hand ist sehniger. Die Haltung (vorgesetzter r. Fuß, — wie öfter im Dorischen —
gekrümmter Rücken) ist nicht die attische. Es fehlt ihm die spätarchaische Spannung und die Steifheit
in Haltung und Formgebung. Die Bewegung der Arme ist gelöster. Alle Teile des Körpers sind artikulier-
ter und beherrschen den Gesamteindruck. Man vgl. dagegen besonders Akro. 670. Taf. 14. Das geraffte
Gewand schmiegt sich eng dem Schenkel an, um dessen Form zur Geltung zu bringen. Kein Körperteil
Abb. 14
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Akro. 683. Mädchen mit Taube. Gef. 1882 östl. vom Parthenon. Aus vier Fragmenten zusammengesetzt.
Ausgebrochene Stellen in Gips ergänzt, außer an Gesäß, Waden und 1. Arm. Die Einbuchtung an dem vorn
in ganzer Ausdehnung ergänzten Kolpos war wohl nicht vorhanden. An Kopf, Hals, Brust, 1. Oberschenkel
dunkelgrauer Sinter. Oberfläche korrodiert. Weißgelber Marmor mit winzigen Kristallen. Höhe 81,40 cm.
Untersetzter (kindlicher ?), breitschultriger Körper mit rundem Rücken und großem Kopf. Kräftige Tiefen-
entwicklung. Knochige Hände mit Angabe der Venen um die Knöchel. Ungewöhnlicher Weise der r. Fuß
vorgesetzt.
Unregelmäßig ovale, in die Basis einzulassende Plinthe (Breite 19 cm, Tiefe 17,5 cm, Höhe nicht mehr meß-
bar), einst von drei breiten flachen Klammern vorn und an den Seiten gehalten, nach Ausweis der mit dem
Spitzeisen geschlagenen Mulden.
Sehr weiter Chiton mit seitlichen Armlöchern, diese dünn ausgemeißelt, tütenartig die Handwurzel um-
gebend und bis zum Kolpos sackend herabhängend. Glatte breite Borte am Hals und längs der Ärmelnaht.
Das Gewand mit langem Kolpos gegürtet, vorn zu breitem Faltenbündel gerafft, hinten am Boden schleppend.
Breite, glatte, weit vortretende, nach hinten gewellt abgetreppte Mittelfalte, durch das vorgesetzte r. Bein
unten etwas zur Seite gedrängt. Die R. lüpft mit nach außen gedrängtem Ellbogen das Kleid, so daß sich der
Saum über dem r. Knöchel hebt und breite, weich modellierte Falten
sich bilden (Abb. 14). Breite, flache Rippenfalten umgreifen leicht
gewellt die Schenkel, auf der Rückseite sich verlaufend. Am Ober-
körper gleichmäßige eingetiefte Wellenfurchen mit abgeflachtem
Grat. Hinten breiter und weniger sorgfältig. Runder, etwas geneigter
Kopf mit kräftig sich durchmodellierendem Knochengerüst. Nied-
rige Stirn. Horizontal stehende, nach unten blickende, scharf um-
randete Augen. Reliefartig hervortretende, gewölbte Brauen. Nase
mit breitem Rücken und Flügeln. Volle, scharf abgesetzte Lippen.
Mundwinkel kaum hochgezogen. Große Ohren.
Haar durchgehend gescheitelt, über der Stirn voll vorquellend.
Keine Brustlocken. Nackenhaar als Masse geformt, unten horizontal
gestutzt, in einzelnen nach der Scheitelung hin geneigten Strähnen
hängend. Die neben dem Hals sichtbaren Bandsträhnen führen als
gewölbte Fläche zurück. Breites, wenig geschweiftes Diadem.
Rote Schnabelschuhe mit marmorfarbigem Ausschnitt. Schnüre
nicht angegeben. Keine Ganosis, wie Dickins behauptet. Der Tauben-
hals war angestückt in 1,5 cm breitem Bohrloch und angekittet . Die
Brüche auf der Rückseite lassen vermuten, daß die rote Haarfarbe
schon vor der Zerstörung herabgelaufen war. Dickins und Lermann
Tf. 20, erwähnen mehr Farben als heute erhalten. Rot: Haare,
Lippen, Schuhe. Schwarz: Brauen, Lidränder, Pupille. Gelb: Iris.
Vom Blau kaum eine Spur mehr erhalten, aber aus der helleren Färbung der Ornamente noch zu er-
schließen. Vgl. Lermann Taf.20. Die Voluten stehen aber näher beieinander, der Kelch ist nicht so weit nach
unten gerichtet und die Blätter sind dünner. Breitblättrige Rosette an der Ohrscheibe. Nach Lermann
S. 89: am Rand des Gewandes unten sowie am Halssaum schwache Spuren von Rot. Die Taube war blau. Die
Sohlenränder blau. Über das Gewand verstreute Palmettenkreuze. Um 510. Nicht attisch. Eine einleuchtende
Lokalisierung wird Karousos geben. Die Figur ist qualitativ gering. Bei niedriger Aufstellung wirkt sie
besser. Die Proportionen und die Rückenlinie sind mißglückt. Dennoch vertritt das Werk ein viel körper-
licheres Stadium der Plastik als die attischen Koren der Zeit. Der Körper ist breitschultriger, das Gesicht
kräftiger gebaut, die Hand ist sehniger. Die Haltung (vorgesetzter r. Fuß, — wie öfter im Dorischen —
gekrümmter Rücken) ist nicht die attische. Es fehlt ihm die spätarchaische Spannung und die Steifheit
in Haltung und Formgebung. Die Bewegung der Arme ist gelöster. Alle Teile des Körpers sind artikulier-
ter und beherrschen den Gesamteindruck. Man vgl. dagegen besonders Akro. 670. Taf. 14. Das geraffte
Gewand schmiegt sich eng dem Schenkel an, um dessen Form zur Geltung zu bringen. Kein Körperteil
Abb. 14
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