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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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wache zu erhalten, das Brot entlehnen mußte.
Endlich — in dem Törschen Boos hoben die
Unmenschen ein Kruzifix nber das Feuer nnd
trieben es unter dem rohesten Spottgejohle hin
und her, wie man einen Braten arn Spieße
dreht. Schreckliches erduldete der Pfarrer dieses
Lrtes, ein Greis von 83 Jahren (Matthias
Rehm? 1805). Er ward nicht nur beraubt,
sondern mit Schlägen und Stößen mißhandclt,
zum Lohne, daß er die Ränber reichlich bewirtet
hatte. Empörend ist es, daß sie mit wenigen
Ausnahmen die größten Ausschweifungen und
die brulalsten Handlungen gerade da begingen,
wo man durch zuvorkommende Bereitwilligkeit und
durch schnelle Ersüllnng alles dessen, was sie sor-
derten, Wohlwollen und Schonung zu gewinnen
bemüht war.

lZok. Der Abenteurer Paul Skalich
aus Kroatien in Tübingen ic. Dieser war
im Jahre 1534 als Sohn des Schulmeisters
Jellenchych und der geb. Skalyka in Zagrab bei
Agram geboren. Nach dem frühen Tode seines
Vaters kam er nach Laibach, wo sich der Bischof
Urbanus: wegen seiner Versolgungssucht, gen.
?sxtor et mulleus Imtlisranoruin, seiner an°
nahm und, nach vollendetem Unterrichte, den
jungen Skalich, der ein gewandter Kopf war
und Anlage zu blendender Beredsamkeit besaß,
als Stipendiaten auf dcr Universität von Wien
unterbrachte. Mit 15 Jahren wurde Skalich
Baccalaureus, mit 17 Jahren Magister und mit
18 Jahren zu Bologna Ur. der Theologie (1552).
Dann lnelt cr sich in Rom auf. wo er sich im
Jahre 1554 mit dcn Jesuiten disputierte. Auf
Empfehlung des Papstes Julius III kam er
uach Wien nnd wurde im Jahre 1555 mit 21
Jahren Hoskaplan des römischen Königs Ferdi-
nand I., nachmaligen (von 1558—64) Kaisers.
Derselbe bestätigte ihm im Jahre 1555 ein dem
Kaiser vorgelegtes Diplom, durch welches König
Bela von Ungarn i. I 1263 dem Philippus
und Barthol. Skalich de Lika wegen Tapserkeit
im Tatarcnkriege das Wappen vermehrt halte,
übertrug diescs anf Paul Skalich und gestattete
ihm sogar in alle Würden und Güter, die die
Fllrsten und Herren de la Sxala aus dem alt-
berühmten Mailander-Hause in Ungarn und an-
dcrn Ländern innegchabt, einzulreten! Aber
aus unbekannten, bis jetzt nicht aufgehellten
Gründen — und hieriu liegt eiue starke Lücke
in seiner Lebensbeschreibung — floh Skalich
nach k-um 2 Jahren heimlich aus Wicn; viel-
lcicht hielt er sich schon damals wegen seiner
Gcschlechts- und Wappensälschereien verdächtigt;
und finden wir ihn jeit dem Jahre 1558—1561
auf einmal aus der Universität in TUbingen
theologischen Studien obliegend; vielleicht war
cs das Weibliche, wclches ihn den Katholizis-
mus aufgeben ließ und in die Arme des Pro-
testantismus trieb. Während seines Ausenthaltes
in Tübingen teilte er seinen Freunden und
Bekannten seine angebliche hohe Abstammung
mit; er gab an, dem edlen altberühmten Ge-
schlechte der S^aliger (öella Scala in Verona —
von der Leiter — altes daselbst von 1260—1387
herrschendes Ghibellinengcschlccht, dessen Stam-
mesletzter 1598 in Bayern starb) entsprossen zu

sein, und nanute sich großartig „Paul Skalich
oder Skaliger, Fürst della Scala oder von der
Leiter, Landherr des Römischen und Hörgras
des Ungarischen Reiches, Hörgraf zu Hunn und
Markgraf zu Verona", wollte auch infolge seiner
Abstammung mit den meisten fürstlichen Häusern
Europas verwandt sein. Er verfaßte eine süist-
liche Genealogie, nach welcher er, Paul Skalich,
der Sohn des Fürsten Michael de la S^ala und
der Katharina, Tochter des Herzogs Sigismund
von Benevent wäre, und die er bis zum letzten
Fürsten vou Verona Bartholomeo de la Sxala
foriführte. Er gab vor, donach mit dem grie-
chischen Kaiser Ändronicus Palaeologus, serner
niit den Königen von Neapel und Aragonien,
von Sizilien, auch mit dem Bayerischen Fürsten-
hause verwandt zu sein und Anspruch auf vielc
und große Güter zu haben. Solche genealogische
Fälschungen ic. waren zu jener Zeit nichts
so Seltenes! Er nannte sich ferner einen Or-
pliniriis st Lxnl Ollristi, da er wegen der
Annahme des Protestantismus vertrieben sei;
auch behauptete er, dcr römische König habe ihn
erziehen lassen und bewogen, in den geistlichen
Stand zu trcten, um ihm auf diese Weise den
Rest seiner väterlichen Güter zn entziehen, denn
seine andern ererbten Güter in Jtalien, Ungarn,
Deutschland, Kroatien hätten schon seine Vor-
fahren, insbcsondere sein Vater verloren. Nach-
dem er seine Studien zu Tübingen gemacht,
wurde Herzog Albrecht von Preußen auf ihn
aufmerksam gemacht und berief ihn durcy ein
Schreiben voni 6. September 1561 an seinen
Hof. Mit den Empfehlungsschreiben des Frei-
herrn Hans v. Ungnad aus Urach, ehemali-
gen oberstcn Feldhauptmanns und Landeshaupt-
manns zu Steier und ebensalls Exulanten, und
des Herzogs Christoph von Württemberg ver-
sehen, reiste Skalich im November 1561 von
Tübingen nach Preußen ab und langte Ende
dss. Js. in Königsberg an. Der Herzog nahm
ihn freundlich auf; seine gute Gestalt, seine
fremde Sprache, seine anscheinend tiefe Gelehr-
samkeit, die Menge Empfehlungsschreiben, machten
tiefcn Eindruck. Zudem wußte er dcn Hcrzog
glauben zu machen, daß cr mit ihm verwandt
sei, dcnn Beatrix, Tochter Martins de la Sxala
von Verona, spätere Gemahlin Bernabo Vis-
contis von Mailand, habe eine Tochter Anglesia
gehabt, von welchcr Elisabeth, die Gemahlin des
Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg ab-
stamme. Bald stieg Skalich nun immer mehr
im Vertrauen und Ansehen beim Herzog; schon
am 18. Januar 1562 bestätigte letzterer ihn als
Rat an seinem Hofe, gab ihm einen reichlichen
lebenslänglichen Jahresgehalt und freie Woh-
nniig. Jn Patenten, Dekreten rc. nannte der
Herzog Skalich „unsern lieben Freundt, Ber-
wanthen, Rath und Sohn HE. Paul von Sca-
lichern, Heergrafen in Hun, vnd Marggrafen
zu Verona" ic. Von hier aus wollte Skalich
auch Schrittc zur Wiedererlangung der ihm von
Kaiser vorenthaltenen und angeblich in Ungarn
seiuer Familie verloren gegangenen Güter unter-
nehmen. Durch Vorlage der in seinem Besitze
befindlichen Bestätigungsbriefe nnd Urkunden
hatte Skalich den Herzog von seiner vornehmen
 
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