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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Fünftes Heft
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Knoblauch, Adolf: Ramas Klagen: nachgedichtet aus dem Ramayana
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0082

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zündet die Liebe. Wenn ich meine Süße wiederfinde, mögen
wir hier unser Bleiben einrichten
und ich werde nicht beneiden weder Indras Wohnung noch die
Königstadt Ayodhya.
Auf dem reizenden Rasen nähme ich meine Lust mit ihr,
Gedanken und Wünsche würden mir nirgends anders hingehen.
Betrachte die frischen Wellen, die Lotos, mit denen sie erfüllt
sind,
die Cakravakas, die sie besuchen, die Karandavas, die sie be-
wohnen.
Mit Plavas, Meervögeln, die in ihr sich mehren,
den großen Wildtieren, die an ihr leben, und dem Vogel-
gezwitscher ist die Pampa wundersam schön!
Zahlreiche Vögel mit ihrer frohen Lust entflammen meine Liebe
um Gedanken der jungen Frau von mondglänzendem Angesicht,
meiner lotosäugigen Geliebten. Sieh die Gazellen auf den ent-
zückenden Hügeln zu Paaren vereint!
Ich bin getrennt von Vaidehi mit den Augen des Gazellen-
kälbchens.
Sie verwirren meine Gedanken, wie sie hierher, dahin tänzeln.
Sähe ich auf dem reizenden Hügel, erfüllt von Flügen liebes-
trunkener Vögelgeschwader,
meine Süße, würde ich glücklich sein. Ich würde gewißlich
wieder aufleben,
wenn Vaidehi zierlichen Wuchses den glückseligen linden
Wind der Pampa mit mir atmete,
den glücklichen Wind der Pampahaine, der den Lotosduft
herzuträgt
und den Kummer zerstreut, glücklich die, welche ihn atmen.
Die junge Frau mit Augen von Lotosblättem, Janakas liebe
Tochter,
wie mag sie fern von mir das Dasein der Sklavin ertragen?
Was werde ich dem tugendhaften König, dem gerechten
Janaka sagen,
wenn er in Gegenwart seiner Leute mich fragen wird, ob für
Sita Alles gut gehe?
Die in den traurigen Wald mir folgte, wohin mich der Vater
bannte,
wo ist die Sita, die ihren Pflichten treu blieb, meine Wohl-
geliebte?
Getrennt von ihr zu meinem Unglück, wie soll ich das ertragen.
Die an meine Schritte sich heftete, als ich vom Reich verbannt,
außer mir selbst war?
Das anmutige Gesicht mit schönen Lotosaugen, duftend, schim-
mernd, unveränderlich,
seit ich es nicht mehr schaue, verliert sich mein Verstand.
Vaidehis unvergleichliche Stimme, die liebliches Lächeln ge-
leitete,
voll Reiz, Süße, Empfindung: wann darf ich sie von neuem
hören?
Obwohl sie nur Unglück im Walde fand, ergötzte mich die junge
Frau liebend, zärtlich,
mich den Liebe verzehrte, als hätte sie aufgehört unglücklich
zu sein und wäre von Freude erfüllt.
Was soll ich in Ayodhya antworten, der Königin Mutter
Kausalya,
wenn die Verehrungswürdige mich fragen wird:
„Wo ist meine Schwiegertochter, was geschah ihr?"
Geh Lakshmana und suche Bharata den zärtlichen Bruder auf.
Um meinetwegen, der nicht leben mag ohne Janakas Tochter.
So klagte der großherzige Rama, als sei er jeder Stütze beraubt.
Sein Bruder Lakshmana antwortete ihm einsichtig, denkwürdig:
„Ermanne dich Rama. Sei glücklich, sei nicht trostlos, Bester
der Männer.
Die in deiner Lage nichts sich vorzuwerfen haben, dürfen nicht
schwach sein.
In Erinnerung an den durch ihre Entfernung verursachten
Schmerz
banne die übermäßige Neigung zu dem Wesen, das dir teuer ist.
In Berührung mit dichter Glut fängt selbst der feuchte Docht
Feuer.

Ob Ravana in der Hölle oder noch tiefer Zuflucht nimmt,
Keinesfalls soll er sein Verbrechen überleben, lieber Raghava-
Zuerst laß uns den bösen Rakshas finden; er gebe Sita frei
oder er soll verderben.
Wenn Ravana in Ditis Busen mit Sita hinabstiege
würde ich ihn dort töten, gibt er Maithili nicht frei.
Kehr zum gewohnten Stand zurück, edler Gefährte. Verzichte
auf klägliche Gedanken.
Es wird gewiß denen nichts gelingen, die ihr Unternehmen im
Stich lassen, eh sie eine Anstrengung wagen.
Die Kraft ist mächtig, Großherr! Es gibt keine Gewalt, die
ihr überlegen ist.
Mit der Kraft ist in den Welten nichts unmöglich.
Die kraftvollen Menschen erliegen nicht der Aufgabe.
Mit Hilfe unserer einzigen Kraft werden wir Janaki wieder
erlangen.
Laß dich von Liebe nicht beherrschen und wirf den Kummer
hinter dich.
Wirst du deine Seelengröße und Charakterfestigkeit vergessen
können?
Also von Lakshmana gespornt, bannte Rama, der vom Schmerz
sich hatte beugen lassen,
Gram und Verwirrung, um Tapferkeit wiederzufassen.
Ruhig, tapfer, überlegen dem, was eingebildet war,
überschritt Rama die Pampa voll Zauber und Entzücken mit
ihren Bäumen und wogenden Zweigen.
Als er den ganzen Wald, Wasserfälle und Schluchten durch-
forschte,
hielt plötzlich der großherzige Rama inne auf dem Streifzug
mit Lakshmana
von Bestürzung getroffen, überwältigt von Kummer.
Mit dem fröhlichen Gang des vom Liebessaft trunkenen
Elefanten,
stärkte der unerschrockene großherzige Lakshmana in seiner
lebendigen Art
wegbereitend Raghava mit seiner Treue und Tapferkeit.
Das ist im verehrungswürdigen Ramayana dem Ersten der
Gedichte, dem Werke Valmikis des Sehers der erste Abschnitt
des Buches von Kishkinda.
Rama zieht sich mit seinem Bruder auf den Prasravana zurück
Der Berg hallte vom Schrei der Tiger und Gazellen, bevölkert
von Löwen mit furchtbarem Brüllen.
Sträucher und Lianen versperrten ihn. Er war mit zahlreichen
Bäumen bepflanzt.
Bären, Affen, Luchse wohnten auf ihm. Er glich einem Wolken-
ballen, der immer in Licht und Schönheit strahlte.
Auf dem Gipfel war eine große geräumige Höhle, die Rama,
von Saumitri begleitet, zum Bleiben wählte.
Diese Felshöhle ist angenehm, sehr weit und hoch luftig.
Wir müssen in ihr Unterkommen während der Regenzeit,
dieser Gipfel, der höchste des Berges, ist entzückend.
Weiße, schwarze, rote Felsen zieren ihn, er ist reich an allen
Metallen.
Viele Baumgruppen mit reizenden Lianen erfüllen ihn,
bunte Vögelscharen zwitschern droben, wir hören stolze
Pfauen.
Dort ist ein wunderbarer Teich, in Bögen geschnitten von Lotos
und der Höhle benachbart.
Der gehöhlte Fels senkt sich nach Nordost, das macht den
Aufenthalt angenehm,
da er sich im Westen erhebt, werden wir vor Winden sicher
sein.
Der Bergkamm im Norden ist prächtig, eine unbewegliche
Wolke.
Im Süden dehnt er sich mit weißem Gewirk gleich dem Gipfel
des heiligen Berges, blendend von Metallen.
Sieh im Osten den Strom vor der Grotte mit reichlichen, klaren
Wassern fließen.

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