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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Fünftes Heft
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Knoblauch, Adolf: Ramas Klagen: nachgedichtet aus dem Ramayana
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0083

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Bäume wachsen an seinen Ufern und schmücken ihn mit vieler-
lei Schmuck,
eine Frau ist er, schön angekleidet, mit kostbaren Juwelen.
Von Hunderten Vögelschwärmen, ihrem viel Gezwitscher hallt
er wieder.
Paare von Cakravakas machen ihn heiter mit ihren Liebes-
spielen.
Er bildet entzückende Inseln, Reiher, Sumpfvögel besuchen ihn.
Von lachendem Anblick, glänzen seine Wasser von unzähligen
Perlen.
Teppiche von blauen Lotos sind auf ihm. Er funkelt von roten
Lotos.
In der Ferne glänzt er von weißen, von göttlichen Kumuda-
büscheln.
Pariplavas ergötzen sich zu Hunderten, von den Schreien der
Pfaue und Krauncas hallt der Strom,
der voll Zauber und Anmut ist, an den Scharen von Munis
weilen.
Schau Sandelbäume und Kakubhas zu Fünfen geordnet. Ihr
Gleichmaß ist die Wirkung eines vernünftigen Willens.
Erfreuen wir uns an der entzückenden Landschaft, bereiten
wir uns eine glückliche Stätte.
Und Kishkinda ist nicht fern, die Wunderhöhle, Sugrivas herr-
liche Stadt.
Gesänge und Klänge hören wir, das sind die Affen, die an den
Tönen der Mridangas und Adambaras sich ergötzen.
Mit diesen Worten richteten sich Raghava und Lakshmana auf
dem grottenreichen Prasravana ein.
Er gedachte der Frau, die ihm geraubt war, teurer als des
Lebens Atemhauche,
sonderlich beim Anblick des Mondes, der den Gipfel schlichtete.
Schlaf kam nicht zu ihm, er verbrachte die Nächte, um zu
seufzen,
den Geist verwirrt vom stets gegenwärtigen Kummer.
Dem untröstlichen Bruder sagte Lakshmana, dessen Betrübnis
die gleiche war, zärtliche Worte:
„Genug der Klagen, Held. Man darf sich nicht also grämen.
Dem Untröstlichen gelingt nichts, du weißt es wohl.
Entfalte große Tätigkeit, habe Vertrauen in Gott, sei voll
Glauben, Tugend und Kraft.
Wenn du entkräftet bist, wirst du den Rakshasa und seinen
Anhang
gewiß nicht im Kampf besiegen können.
Die Erde selbst mit Ozeanen, Wäldern, Bergen könntest du
Umstürzen,
doch mit weit stärkrem Grund den Ravana.
Erwarte den Herbst, denn die Regenzeit ist gekommen,
dann wirst du Ravana, sein Königreich, seinen Stamm zer-
stören.
Deine eingeschlafene Tapferkeit werde ich gewiß wecken,
wie zur Stunde des Opfers das unter Asche verborgene Feuer
mit den Trankspenden erweckt wird.
Beschreibung der Regenzeit
Rama ließ sich nieder auf der Hochebene des Malyavat und
sprach zu Lakshmana:
Siehe, die Zeit ist gekommen, die Regenzeit ist da. Sieh den
Himmel mit Wolken gleich Bergen beladen.
Der Himmel trug die Leibesfrucht, während neun Monden
gebildet,
in Einwirkung der Sonnenstrahlen; mit ihrer Hilfe trank der
Himmel das Wasser der Ozeane und gebar den Lebenstrank.
Wenn wir zum Himmel stiegen auf der Treppe, deren Stufen
die Wolken sind,
würden wir die Sonne mit Blumen-Gewinden von Katajas und
Arjanas schmücken können.
Der verwundete Himmel will seine Risse mit Stofflappen aus
feuchten Wolken verbinden,

die von glühenden Farbhauchen der Dämmerung scheinen,,
kupfrig, an den Rändern weiß.
Mit seinem süßen Atemlüftchen, das er dem linden Winde
leiht,
mit seiner Safranfarbe von Dämmerung und weißen Wolken,
ist der Himmel krank vor Liebe.
Von Sommergluten gequält, vom frischen Regen benetzt,
läßt die Erde gleich Sita von Traurigkeit überwältigt, ihre
Tränen herabrinnen.
Die Atemhauche, vom Busen der Wolken entsprungen,
frisch wie Blätter des Kampferbaums, duftend wie Ketaka,
können wir aus der Höhlung beider Hände trinken.
Der Berg mit aufgeblühten Arjunas, bepflanzt mit Ketaka
gleicht Sugriva, nachdem er die Feinde besänftigte,
er empfängt die Salbung in Gestalt von Platzregen.
Die Berge, mit Antilopenfellen in Gestalt schwarzer Wolken
bekleidet,
tragen die Opferschnur in Gestalt von Regentropfen,
mit den winderfüllten, stimmbegabten Höhlen gleichen sie
Gelehrten.
Von Blitzen zerrissen wie mit Goldriemen, stößt der Himmel
laute Schmerzschreie hervor.
Der Blitz, zuckend im Busen der düstren Wolke erregt, ist
meinen Augen
das Bild der verehrungswürdigen Vaidehi, die sich zwischen
Ravanos Armen sträubt.
Die glückseligen Orte der Liebenden sind unzugänglich ge-
worden
und gleichen nebeligen und sternlosen Nächten.
Die, welche seufzten nach dem Regen, sind vor Tränen ertränkt.
Schau die Kutajas in voller Blüte auf den Bergkanten, Saumitri,
sie entfachten wieder die Liebe inmitten der Pein, die mich
überwältigt.
Der Staub ist niedergesunken, es weht kalter Wind, die sommer-
lichen Gluten sind erloschen,
eingestellt sind die Kriegszüge der Herrscher, die Reisenden
kehren in ihre Länder heim.
Cakrovakas, die sich beeilen, den Manasa-See wieder zu er-
reichen, sind mit den zärtlichen Gefährten fortgezogen.
Die Wjagen begeben sich nicht mehr in Gefahr inmitten der
durch übermäßige Regenfälle bodenlosen Straßen.
Der Himmel bald hell, bald dunkel ist mit Wolken besät, die
oft von Bergen gehemmt werden,
er gewinnt dann das Aussehen eines ruhigen Meeres.
Das frisch gefallene Wasser, in dem Blumen der Sarjas und
Kadambas schwimmen,
gelb gefärbt von metallhaltigen Felsen,
reißen die wilden Bergbäche rasend mit sich fort, während
die Pfauen schreien.
Schmackhaft, golden wie die Biene essen wir die Tambenfrucht
mit Lust.
Vielfarbig überhaucht, vom Wind geschüttelt, fällt die Amra-
frucht reif zur Erde.
Mit Blitzen als Fahnen und Zügen von Balakavögeln als Blumen-
gehängen
senden die Wolken, getürmt zu hohen Bergen, schallendes
Getöse aus,
gleich Indras von Elefanten, vom Liebessaft trunken und
gerüstet zu kämpfen.
Sieh die Haine, deren Rasenplätze Ueberschwemmung bedeckt,
mit den heiteren Tänzen der Pfaue, wenn der Regen nicht mehr
fällt,
wenn Mitternacht kommt, glänzen sie von lebendiger Helligkeit.
Mit ihrem Gewicht von ungeheurem Wasser stoßen die von
Reihern besuchten Wolken Schreie hervor
und fahren dahin, indem sie häufig auf hohen Bergspitzen aus-
ruhen.
Die Scharen von Reihern sind Liebende der Wolken, in ihren
kreisenden, munteren Flügen
gleichen sie einem wunderbaren, schimmernden Blumengehänge
von Himmels-Bayaderen,

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