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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Fünftes Heft
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Knoblauch, Adolf: Ramas Klagen: nachgedichtet aus dem Ramayana
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0084

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die im Spiel der Winde, im Raume hängend schweben.
Die Erde mit frischem Rasen, besät inmitten von jungen Sonnen-
käfem,
ist eine Frau, deren Glieder Tuch von schönem Papageiengrün
hüllt, mit rotem Lack getüpfelt.
Die Göttin des Schlafes vereint sich mählich mit dem Lebens-
erhalter.
Der Strom vereint sich ohne Fehl mit dem Ozean,
freudig vereint sich die Krähe mit ihrer Wolke,
die leidenschaftlich Liebende vereint sich mit dem Geliebten.
Sieh die Büsche vom Tanz der Pfaue erheitert,
sieh die Kadambas mit dicht belaubten Zweigen,
sieh inmitten der Rinder die Stiere, die ihre Liebe verteilen,
sieh die Erde, deren Ernten und Wälder Freude machen.
Sie führen sie mit sich herauf, sie schütten die Regengüsse
hinab,
sie ergötzen sich, sie funkeln, sie verzehren sich in ihren
Gedanken,
sie tanzen, atmen im Frieden: Flüsse, Wolken, vom Liebessaft
trunkne Elefanten,
Haine, die von ihrem Geliebten fernen Liebenden, Pfaue, Affen.
Freudig vom Wohlgeruch blühender Ketakis berauscht,
in den Wasserstürzen, deren Getöse sie närrisch macht,
mischen Judras der Elefanten ihr verliebtes Brüllen in den
Schrei der Pfaue.
Zerquetscht von den Wolkenbrüchen lassen die Honigbienen
üen reichen Zuckersaft der Blüten, den sie auf den Kadamba-
zweigen erbeutet haben, Tropfen für Tropfen fallen.
Die Jambus mit Früchten, die verbrannten Kohlen gleichen, die
schmackhaft und zahlreich sind,
biegen die Aeste, als seien sie mit Bienenschwärmen beladen.
Die Wolken, geziert mit Blitzen in der Art feuerroter Fahnen,
gleichen mit ihrem furchtbaren, dumpfen Grollen den schlacht-
begierigen Vanaras.
Wenn der Indra der Elefanten seinen Pfad mitten zwischen
Fels und Hain verfolgt,
hört er das Schmettern der Wolken hinter sich. Er hält an.
Dann, ungeduldig den Kampf zu beginnen, fürchtet er, daß es
kein Schrei der Herausforderung war,
und wütend kehrt er wieder um.
Bald sind die Haine von summenden Schwärmen erfüllt,
bald von blauhalsigen tanzenden Pfauen oder großen Elefanten
in Brunst.
Den Hain, reich an Kadambas, Sorjas, Arjunas, Erdlotos,
überschwemmt am Boden das Wasser in der Art von Wein,
und berauschte Pfauen schreien und tanzen, als feierten sie
ein Festmahl.
Die Wassertropfen fallen wie Perlen feucht in die Rillen der
Blätter, an denen sie hängen,
die Vögel trinken sie, fröhlich, buntgefiedert, bezaubert von
Indras Geschenken.
Das süße Summen der Bienenschwärme, das muntre Quaken
der Frösche,
mischen sich ins Wolkengrollen, das dem Rollen der Trommler
gleicht,
und in den Hainen ist alles im tönenden Einklang.
Hier treten die Pfaue zum Tanz, dort schleudern sie Schreie,
sie hocken mit hängendem Schwanz auf den Baumkronen,
in den Wäldern ordnen sie sich zusammen zu Chören.
Die Frösche erwachen vom Schmettern der Wolken aus ihrem
langen trägen Schlaf,
mannigfach an Gestalt, Wuchs, Farbe, Stimme, schreien vom
Regen gepeitscht.
Die Ströme mit den Cakravakas, die zum Raum aufschweben,
reißen ihre eingestürzten Ufer fort, stolz und glücklich über
den neuen Mantel,
eilen sie auf gradem Wege, um ihren Gatten, den Ozean, zu
finden.
Die düstren Wolken, beladen mit neuen Regengüssen, sind mit
düstren Wolken geschweißt,

Felsen vom Waldbrand verkalkt, die am Grunde mit andren
vom Brande benagten Felsen verbunden sind.
Elefanten irren in reizenden Gebüschen, welche Pfaue mit den
Schreien der Trunkenheit füllen,
wo Rasenplätze mit Sonnenkäfern besät und mit Nipas und
Arjunas bepflanzt.
Kraftvoll küssen die Bienen die Lotos in ihren Staubfäden vom
frischen Platzregen geschlagen,
in den neuen Kadambablüten trinken die Bienen von den
ebenso feuchten Staubfäden voll Entzücken.
Indras der Elefanten sind trunken, Indras der Rinder ergötzen
sich in den Wäldern,
Indras der Wildtiere vervielfachen ihre Sprünge, die Indras der
Männer sind in ihrer Wonne.
Sie empfinden ihre Ermüdung nicht mehr, der Indra der Götter
schäkert unter den Wolken.
Die Wolken ließen Ozeane und Ströme über die Ufer treten,
sie schütteten vom Himmel ungeheure Wassermassen,
rissen Flüsse und ihre Ufer mit sich, Teiche, Seen, die ganze
Erde.
Der Regen fällt in ungestümen Strömen, Winde wehen mit
äußerster Gewalt,
Flüsse in den verwüsteten Ufern rollen ihre reißenden Wasser,
die Straßen sind unbrauchbar.
Gleich Königen, von ihren Dienern gebadet, werden die Indras
der Berge von den Wolken besprengt,
die über sie der Götter-Indra aus Krügen ausgießt, mit Hilfe
des. Windes.
Der Himmel ist von Wolken bedeckt, wir sehen nicht mehr
weder Stern noch Sonne.
Die Erde ist von Wasser der frischen Wolkenbrüche gesättigt,
wir können die hervorragenden Punkte von der Dunkelheit ein-
genommen nicht mehr erkennen.
Die hohen regengewaschenen Bergspitzen erheben sich im
lebendigen Glanz
von ihren breiten Wasserfällen, die mit langen Kreisläufen
im Fallen sich entrollen geich Perlengehängen.
Gehemmt von den Krümmungen des Fesens in ihren Sprüngen,
stürzen die großen Wasserfälle von den höchsten Bergen nieder
in die von Pfauen-Schreien erfüllten Grotten; sie glänzen wie
Halsketten, deren Perlen sich lösen.
Nachdem die reißenden, breiten Ströme die niedrigeren Wände
der Felsgipfel gebadet haben,
stürzen ihre Perlengehänge in die Abgrundstiefen
unermeßlicher Höhlen, in denen sie sich gefangen finden.
Als hätten Frauen, die den Himmel bewohnen in der Gewalt
der Liebe
ihre Perlenhalsketten zerbrochen und hätten sie von jeder Seite
auf die Länder in Regengüssen ohne Gleichen herabfallen lassen.
Wenn die Vögel sich verbergen, Lotos sich schließen, aber der
Jasmin aufblüht,
an diesem Zeichen erkennen wir, daß die Sonne hinter dem
Westberg zurückgetreten ist, um schlafen zu gehen,
Könige unterbrechen ihre kriegerischen Unternehmungen,
selbst das Heer auf dem Marsch hält an, die Feindseligkeiten
hören auf,
denn die Straßen verschwinden unterm Wasser.
Das ist Praushthapada-Mond, den die Brahmanen, Sänger der
Vedischen Lieder,
die sich den Veda zu rezitieren vorsetzen, zum Studium wählen.
Wo sie in gefüllten Ufern strömt ist der Lauf der Saraya ge-
waltig vermehrt
als bräche aus ihrem Getöse das Beifallsgeschrei hervor,
mit dem Ayodhya meine Heimkehr begrüßen würde.
Von meiner Frau getrennt, aus meinem unermeßlichen Reich
verjagt,
aber bin ich das von der Strömung fortgerissene
Ufer des Flusses, das in den Abgrund stürzte.


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