persönlichen und persönlichen Rechten zu.
Der Bau von Sanssouci, Friedrichs II. Vor-
eingenommenheit für französische Kultur,
die Errichtung der Berliner Siegesallee oder
Nikolaus Glaube an die göttliche Sendung
Rasputins sind verhängnisvollere Irrtümer
als die Tabakspfeife und das Bierglas des
kleinen Mannes. Irrtümer des Führers wären
ohne negative Folgen, wenn er im Banne
kritischer und im Kollektivsinne richtiger
Beobachtung durch die von ihm geführte
Gemeinschaft bliebe. Die traditionser-
haltende Alittelschicht hingegen hat ein
Interesse daran, zukünftige Beunruhigung
ihrer Lage möglichst auszuschalten und legt
die weitere Aktivität desjenigen, der ihre
gegenwärtige Lage herbeigeführt hat, lahm
indem sie gerade seine persönlichen
Tendenzen und Aeusserungen vergöttert.
Für ermüdete Kollektivzustände lässt sich
der, Satz aufstellen: das dem Bürger gültige
Symbol ist stets die Negation der wesent-
lichen Leistung des Führers. Der Krück-
stock und der feudale Terassenbau Friedrichs
als persönliche Extravaganzen beruhigen
den der es ablehnt, das Umwälzende an
Friedrichs Staatsidee (Dienerschaft des Be-
fehlenden) auf sich anzuwenden. Der geniale
Führer schaltet deshalb seinen persönlichen
Ausdruck, durch dessen Kultivierung allein er
beliebt werden kann, in seine funktionären
Mittel ein, um dem Verlangen der Traditions-
schicht nach Ruhe persönliche Sicherheit
zu geben. Dadurch ruht aber die Kontrolle
auf ihm selbst und je komplizierter die
Staatsmaschinerie oder die Gesamtlage für
den Betrieb von Staatsmaschinerien über-
haupt wird, umso näher liegen Irrtümer.
Um nicht an eignen Formen oder am zähen
Widerstand der Traditionsmasse zu ver-
sklaven braucht der Führer den Kontakt
mit einem gesellschaftlichen Exponenten,
der die zur Durchführung geschichtlicher
Leistungen nötige anpassende und aus-
gleichende Arbeit ausdrückt.
Der Staatsmann, Geschäftsmann oder geistige
Führer wählt seine exponierte Stellung und
das Einhalten ihrer Konsequenzen, auch
auf vererbtem Posten bleibt ihm wenigstens
die für das Ganze verhängnisvolle Freiheit,
sich den erwachsenden Verpflichtungen zu
überpersönlicher Leistung zu entziehen.
Diese Freiheit besteht nicht für den unteren
Exponenten der Gesellschaft. Die Schicht
der Arbeitenden ist zwangsläufig mit fremden
Dingen verknüpft, sie produziert die Über-
schüsse an unmittelbarer Leistung, von
denen das Ganze lebt. Der einzelne Arbeiter
kann im gegebenen System langsam auf-
rücken, durch persönliche Umgehung des
für seine Schicht bestehenden Allgemein-
zwangs zum Nutzniesser und Antreiber,
im demokratischen Kompromisstaate auch
zum Führer werden. Es könnte ihm so-
gar gelingen, als Einzelner eine Aktion
gegen ein herrschendes System zu ent-
fesseln, da er die Folgewirkung dieses
Systems in der unteren Schicht kennt und
durch seine Führerbegabung den Zündstoff
zur Explosion abgeben kann. So wartete
zur Zeit der Reformation die Masse der
Bauern und Kleinbürger auf die politische
Konsequenz Luthers, als er sich mit der
Begründung einer dynastisch gestützten
kirchlichen Demokratie begnügte. Der
emporgekommene Führer kämpft aber stets
allein gegen ein eingesessenes System und
seine alles einbegreifenden dialektischen
Vorurteile, muss sich mit Teilerfolgen be-
gnügen (Lincoln) oder wird selbst zur
Kompromisfigur (Ebert). Er kann gün-
stigstenfalls die geschichtliche Konsequenz
hinauszögern, bis die Schicht seiner Her-
kunft sich ihrer aktiven Aufgabe bewusst
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Der Bau von Sanssouci, Friedrichs II. Vor-
eingenommenheit für französische Kultur,
die Errichtung der Berliner Siegesallee oder
Nikolaus Glaube an die göttliche Sendung
Rasputins sind verhängnisvollere Irrtümer
als die Tabakspfeife und das Bierglas des
kleinen Mannes. Irrtümer des Führers wären
ohne negative Folgen, wenn er im Banne
kritischer und im Kollektivsinne richtiger
Beobachtung durch die von ihm geführte
Gemeinschaft bliebe. Die traditionser-
haltende Alittelschicht hingegen hat ein
Interesse daran, zukünftige Beunruhigung
ihrer Lage möglichst auszuschalten und legt
die weitere Aktivität desjenigen, der ihre
gegenwärtige Lage herbeigeführt hat, lahm
indem sie gerade seine persönlichen
Tendenzen und Aeusserungen vergöttert.
Für ermüdete Kollektivzustände lässt sich
der, Satz aufstellen: das dem Bürger gültige
Symbol ist stets die Negation der wesent-
lichen Leistung des Führers. Der Krück-
stock und der feudale Terassenbau Friedrichs
als persönliche Extravaganzen beruhigen
den der es ablehnt, das Umwälzende an
Friedrichs Staatsidee (Dienerschaft des Be-
fehlenden) auf sich anzuwenden. Der geniale
Führer schaltet deshalb seinen persönlichen
Ausdruck, durch dessen Kultivierung allein er
beliebt werden kann, in seine funktionären
Mittel ein, um dem Verlangen der Traditions-
schicht nach Ruhe persönliche Sicherheit
zu geben. Dadurch ruht aber die Kontrolle
auf ihm selbst und je komplizierter die
Staatsmaschinerie oder die Gesamtlage für
den Betrieb von Staatsmaschinerien über-
haupt wird, umso näher liegen Irrtümer.
Um nicht an eignen Formen oder am zähen
Widerstand der Traditionsmasse zu ver-
sklaven braucht der Führer den Kontakt
mit einem gesellschaftlichen Exponenten,
der die zur Durchführung geschichtlicher
Leistungen nötige anpassende und aus-
gleichende Arbeit ausdrückt.
Der Staatsmann, Geschäftsmann oder geistige
Führer wählt seine exponierte Stellung und
das Einhalten ihrer Konsequenzen, auch
auf vererbtem Posten bleibt ihm wenigstens
die für das Ganze verhängnisvolle Freiheit,
sich den erwachsenden Verpflichtungen zu
überpersönlicher Leistung zu entziehen.
Diese Freiheit besteht nicht für den unteren
Exponenten der Gesellschaft. Die Schicht
der Arbeitenden ist zwangsläufig mit fremden
Dingen verknüpft, sie produziert die Über-
schüsse an unmittelbarer Leistung, von
denen das Ganze lebt. Der einzelne Arbeiter
kann im gegebenen System langsam auf-
rücken, durch persönliche Umgehung des
für seine Schicht bestehenden Allgemein-
zwangs zum Nutzniesser und Antreiber,
im demokratischen Kompromisstaate auch
zum Führer werden. Es könnte ihm so-
gar gelingen, als Einzelner eine Aktion
gegen ein herrschendes System zu ent-
fesseln, da er die Folgewirkung dieses
Systems in der unteren Schicht kennt und
durch seine Führerbegabung den Zündstoff
zur Explosion abgeben kann. So wartete
zur Zeit der Reformation die Masse der
Bauern und Kleinbürger auf die politische
Konsequenz Luthers, als er sich mit der
Begründung einer dynastisch gestützten
kirchlichen Demokratie begnügte. Der
emporgekommene Führer kämpft aber stets
allein gegen ein eingesessenes System und
seine alles einbegreifenden dialektischen
Vorurteile, muss sich mit Teilerfolgen be-
gnügen (Lincoln) oder wird selbst zur
Kompromisfigur (Ebert). Er kann gün-
stigstenfalls die geschichtliche Konsequenz
hinauszögern, bis die Schicht seiner Her-
kunft sich ihrer aktiven Aufgabe bewusst
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